Wer in einem Kunstmuseum in Deutschland die Museumsbuchhandlung aufsucht, hat gute Chancen, eine Filiale von Walther König zu betreten. An weit über 40 Standorten, meist in Museen, betreibt der Kölner Buchhändler seine Läden, das Filialnetz spannt sich sogar bis in einige europäische Städte. Das Renommee der Kette ist beachtlich. Der zum Unternehmen gehörige Verlag genießt einen guten Ruf. Umso erstaunlicher sind die Geschäftspraktiken, die der Firmenerbe Franz König und sein Geschäftsführer Udo Milz an den Tag legen. Das Buch Arbeitsgesetze, eigentlich für schmale 11,90 Euro zu erwerben, ist bei Walther König offenbar seit Jahren nicht mehr vorrätig.
Die Kunst der Entrechtung
Getragen wird die Arbeitslast in den Buchhandlungen vor allem von studentischen Beschäftigten, in München waren es zuletzt elf, festangestellte Personen hingegen nur drei. Um aus diesem Modell möglichst viel Profit zu schlagen, werden den studentischen Kräften grundlegende Arbeitsrechte verwehrt. So gibt es keinen bezahlten Urlaub und in der Regel auch keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Selbstredend sind Zuschläge für Sonntage, Feiertage oder Nachtarbeit ebenfalls Fremdwörter. Das Ganze für einen Lohn, der mit 9,85 Euro schon fast an der Mindestlohngrenze kratzt. Als im Frühjahr 2020 im Rahmen der Corona-Krise die Läden dicht gemacht wurden, kam es aber noch dicker. Da für studentische Beschäftigte mangels Arbeitslosenversicherungsbeitrag kein Kurzarbeitergeld beantragt werden kann, war der Arbeitgeber im Rahmen des sogenannten Annahmeverzugs eigentlich zur Zahlung des vollen Gehalts verpflichtet. Eigentlich.
Der Minusstundenkreativbaukasten
Walther König entschied sich lieber erneut für den illegalen Weg. Den studentischen Beschäftigten wurde 2/3 des Lohns gezahlt, 1/3 wurde aber als Minusstunden verrechnet. Im zweiten Lockdown galt dies sogar für den gesamten Lohn. Das Ergebnis: Die Beschäftigten standen mit einem Berg an Minusstunden da, den sie, nach dem Willen Königs, neben ihrem Studium abarbeiten sollten. Den studentischen Arbeitskräften in München reichte es an diesem Punkt endgültig. Sie formulierten mit der FAU einen Forderungskatalog an Walther König aus, um die Arbeitsbedingungen im Konzern grundlegend zu verbessern.
Kein Gespräch, kein Geld, kein Job
Der Buchhändler ignorierte jedoch das Verhandlungsangebot der Gewerkschaft und setzte der Liste seiner Rechtsbrüche lieber noch die Krone auf. Als Reaktion auf die Forderungen verweigerte er zunächst die Gehaltszahlung für Februar 2021 komplett. Als die Gewerkschaft den Geschäftsführer auf den Lohnverzug aufmerksam machte, hatten sämtliche betroffenen Beschäftigten innerhalb eines Tages die Kündigung im Briefkasten. Mit, wie sollte es anders sein, einer widerrechtlichen Begründung.
Gegen all diese Angriffe auf die wehrhafte Belegschaft wehrt sich die FAU nun vor dem Arbeitsgericht. Die Forderungen, die über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgehen, also nach einer allgemeinen Verbesserung der Arbeitsbedingungen in sämtlichen Filialen, bleiben aber bestehen. Daher gibt es weiterhin regelmäßig Kundgebungen und Flugblattaktionen vor den betreffenden Museen, bis die Kündigungen zurückgenommen und Verhandlungen mit der Gewerkschaft aufgenommen werden. Und Walther König sollte sich nicht in Sicherheit wägen, dass die Proteste auf München beschränkt bleiben.
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Foto: FAU München (CC BY-SA 3.0)