Für Menschen, die sich an libertären Idealen orientieren,
sieht die politische Lage in Europa momentan unzweifelhaft unschön aus. Allerorts
ist ein rechter Populismus auf dem Vormarsch, dessen Irrationalität seinem
Erfolg nicht im Wege zu stehen scheint. Im Osten Deutschlands beispielsweise
wird das christliche Abendland gegen „Ausländer“ verteidigt, die es kaum gibt.
Christen sind vor Ort nur eine Minderheit neben anderen, nicht einmal darin,
was dieses ominöse Abendland sein soll, ist man sich einig. Die vielgewählte
Alternative für Deutschland (AfD) vertritt eine stramm national-liberale
Politik, welche direkt nach den sogenannten „Ausländern“ einem Großteil der
eigenen WählerInnen aus der Arbeiterklasse auf die Füße fallen wird.
Als SyndikalistInnen sind wir bislang jedoch kaum in der
Lage, diesem nationalen Wahnsinn eine wahrnehmbare internationalistische
Perspektive entgegen zu stellen. Klar, unsere Bewegung ist noch immer recht
klein, unsere Möglichkeiten sind somit begrenzt. Es mangelt aber auch an einer
klaren Strategie, die über die punktuelle Unterstützung von gewerkschaftlichen
Kampagnen der Schwestergewerkschaften hinaus weist. Es fehlt ein gemeinsames
Projekt, über das Dynamiken in Gang gesetzt werden können. Eine Handlungsoption
für die syndikalistische Basisbewegung ist eine länderübergreifende
Organisation auf betrieblicher Ebene. Wenn es gelingt, parallel in verschiedenen
Staatsgebieten die Möglichkeit einer effektiven Selbstorganisation in einem
Konzern aufzuzeigen, dann entsteht damit auch eine politische Perspektive
jenseits des neoliberalen und rechtspopulistischen Irrationalismus.
Der Arbeitskampf der
CNT
Seit März 2015 steht die spanische Schwestergewerkschaft der
FAU, die Confederación Nacional del Trabajo (CNT), in einem Arbeitskampf mit
dem in Bonn ansässigen Telekommunikations- und Logistikkonzern „Deutsche Post
DHL Group“, beziehungsweise dessen Tochterunternehmen „DHL Freight“ in
Barcelona. DHL ist weltweit dafür bekannt, dem Menschenrecht der
Gewerkschaftsfreiheit nicht sonderlich viel Achtung entgegenzubringen. In
zahlreichen Fällen wurden Gewerkschaftsmitglieder aus dem Konzern gedrängt.
Zuletzt erhob die Internationale Transportarbeiterföderation (ITF) im März
schwere Vorwürfe gegen DHL in Lateinamerika. Streikende Gewerkschaftsmitglieder
seien in Chile bespitzelt und schließlich gefeuert worden, ließ die ITF
verlautbaren.
Auch in Barcelona wurden die Mitglieder einer
CNT-Betriebsgruppe letztes Jahr kurzerhand vor die Tür gesetzt, als sie sich
für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzten. Die CNT tritt dem mit
juristischen und gewerkschaftlichen Maßnahmen entgegen. Im Juni dieses Jahres
wird der Fall vor dem Arbeitsgericht in Barcelona verhandelt. Die Chancen
stehen gut, dass die Kündigungen für illegal erklärt werden. In der
Zwischenzeit hat die CNT den Kontakt zu den KollegInnen im Betrieb ausgebaut
und die Öffentlichkeit informiert. Die FAU unterstützt den Arbeitskampf ihrer
spanischen Schwestergewerkschaft, indem sie KollegInnen von DHL auf den
Arbeitskampf in Barcelona anspricht und für eine gemeinsame Organisierung in
Deutschland und Spanien wirbt. Bis zu einem weltweiten Streik bei DHL oder in
einem anderen Konzern ist es zweifelsohne noch ein weiter Weg. Aber er wird
beschritten und kleinere Erfolge können auch kurzfristig erreicht werden, sei
es die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, sei es das eine internationale
Zusammenarbeit auf einer betrieblichen Ebene denkbar wird.
Florian
Wegner (Internationales Komitee der FAU)