Transnational streiken

Transnational streiken

Ende März traten erneut Beschäftigte in mehreren deutschen
Amazon-Standorten in den Ausstand. Hauptforderung ist die Bezahlung nach dem Flächentarif
für den Einzelhandel. Doch der Amazon-Konzern bleibt bei seiner bekannten Linie
und lehnt die Forderungen ab. Für das Management ist es eine Machtfrage, die
Forderungen der Beschäftigten abzuwehren. In der Dienstleistungsgewerkschaft
gab es bereits im letzten Jahr Überlegungen, den Kampf bei Amazon auslaufen zu
lassen. Doch längst ist der Kampf bei Amazon über eine Auseinandersetzung
zwischen Konzern und Verdi hinausgewachsen.

Solidarität an der Basis

Beschäftigte, die sich in den Streikauseinandersetzungen
politisiert haben, sind in den Standorten ein wichtiger Faktor an der
Basis. Seit mehr als zwei Jahren hat sich zudem eine außerbetriebliche
Amazon-Streiksolidarität gegründet, die mit den Beschäftigten kooperiert. Ein
weiterer zentraler Pluspunkt des Amazon-Streiks ist die transnationale
Dimension. Seit mehr als einem Jahr sind im Amazon-Logistikzentrum Poznan Kolleg_innen
in der anarchosyndikalistischen Workers Initiative (IP) organisiert. Gemeinsam
mit den Beschäftigten organisierte sie in den letzten Monaten zwei Solidaritätsaktionen
mit den Streikenden in Deutschland. Vom Verdi-Apparat gab es dabei keinerlei
Unterstützung, schließlich ist die polnische Partnergewerkschaft von Verdi im
Amazon-Werk in Poznan kaum vertreten. Trotzdem ist eine Kooperation der
Kolleg_innen aus Deutschland und Polen gelungen. Mit Unterstützung des
Solidaritätskomitees wurden die Kontakte angebahnt. „Als  wir uns das
erste Mal getroffen haben, merkten wir schnell, es ist die gleiche
Arbeitshetze, die gleichen Methoden der Ausbeutung“, beschreibt ein
Amazon-Kollege aus Bad Hersfeld die schnelle Verständigung unter den
Kolleg_innen. „Als wir uns mit dem Arbeitskampf der Kolleg_innen in Deutschland
solidarisieren, spielte die Frage der Gewerkschaft überhaupt keine Rolle. Wir
unterstützen die streikenden Kolleg_innen“, erklärte auch eine
Amazon-Beschäftige aus Poznan. Mittlerweile hat es mehrere Treffen gegeben, bei
denen aktive Kolleg_innen aus beiden Ländern sich austauschten und auch
überlegten, den Arbeitskampf über die Landesgrenzen auszuweiten.

Probleme benennen

Die IP hat dabei in einer Erklärung einige Aspekte, die für
die Ausweitung des Arbeitskampfes von Bedeutung sind, benannt und dabei die
Probleme nicht verschwiegen. So wird das Amazon-Modell des Heuern und Feuern
als hinderlich für eine Organisierung benannt.

Die Spaltung in Fest- und Zeitarbeit schwächt die
Arbeiter_innen deutlich. Sie erhöht den Druck auf alle, auch auf die
Festangestellten, und beschränkt die Möglichkeiten zur Selbstorganisierung.
Amazon stellt zu besonderen Stoßzeiten, beispielsweise vor den Weihnachts- oder
Osterfeiertagen, viele Mitarbeiter_innen ein, die danach entlassen werden. Die
Arbeiter_innen leben in täglicher Angst, ihre Einkommensquelle zu verlieren
oder sogar abgeschoben zu werden. Die IP hat eine Kampagne gegen die Leiharbeit
gestartet, um auch die Kurzzeitbeschäftigten mit einzubeziehen. Am 1. März 2016
hat sie anlässlich des europäischen Aktionstages gegen Grenzregime und prekäre
Arbeit vor mehreren Zeitarbeitsfirmen in Polen Kundgebungen organisiert. Wie in
den Wochen zuvor, nahmen an den Protesten neben Beschäftigten
Unterstützer_innengruppen teil. Die IP hat in ihrer Erklärung alles Nötige
gesagt: „Wir sollten von dem ausgehen, was uns verbindet, und so lernen, wie
wir uns gemeinsam organisieren und für höhere Löhne und angemessene
Arbeitsbedingungen ohne prekäre Verträge kämpfen können. Nur wenn wir
zusammenhalten, können wir bekommen, was wir alle wollen: den ganzen Kuchen
statt ein paar Krümel vom Tisch unserer Herren.“

Der Autor ist freier Journalist (peter-nowak-journalist.de)
und Herausgeber des Buches „Ein Streik steht, wenn mensch ihn selber
macht“

 

Link zur Streik-Solidarität Leipzig: streiksoli.blogsport.de

Link
zur Streik-Solidarität Berlin: www.facebook.com/SolidaritaetMitDenAmazonStreiks

 

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