Die Corona-Pandemie geht ins dritte Jahr und ein Ende ist nicht abzusehen. In dieser Zeit gab es Eingriffe, die vorher kaum jemand für möglich gehalten hätte, wie Ausgangssperren oder die Aussetzung der Lohnfortzahlung im Quarantänefall. Gleichzeitig haben wir die Erfahrung gemacht, was ausnahmsweise ohne weiteres möglich ist, als es einen Anspruch auf Homeoffice gab oder Betriebe pandemiebedingt stillstanden.
Nun greift russisches Militär in der Ukraine an. Beschlüsse werden gekippt, alles wird verschoben. Was noch bei früheren Fluchtbewegungen undenkbar schien: Ukrainer*innen dürfen einreisen, erhalten pauschal einen Schutzstatus, eine Arbeitserlaubnis und Sozialleistungen. Fluchthilfe wird von der Bevölkerung geleistet, auch FAU-Syndikate beteiligen sich (S. 2). Die Geflüchteten treffen auf einen Arbeitsmarkt, der Arbeitskräfte dringend benötigt und ihre schwierige Position gnadenlos ausnutzen wird. Dem gilt es solidarisch entgegenzutreten. Der Bundeswehr wird ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bereitgestellt, die militärische Aufrüstung ist in vollem Gange. Das kann nicht die Antwort sein. Wir unterstützen alle Deserteur:innen. Eine Perspektive über die Sachzwänge des Krieges hinaus ist für uns die anarchosyndikalistische Organisierung und der Generalstreik.
Währenddessen rollt der Klimawandel heran. Viele sind bereits unmittelbar betroffen, zuerst und am härtesten trifft es wie immer arme Menschen. Aber auch für alle anderen ist es nur eine Frage der Zeit, bis weitere Kipppunkte erreicht werden und die katastrophalen Auswirkungen für alle spürbar werden. Trotzdem wird jedes Jahr mehr CO2 als je zuvor ausgestoßen. Die herrschende Klasse hat immer wieder gezeigt, dass sie den Fortbestand der Menschheit für ihre kurzfristigen Profite riskieren wird. Aktivist:innen blockieren und rufen zum Klimastreik auf. Generalstreik scheint auch hier das Mittel der Wahl.
Nichts ist mehr und nichts bleibt wie es war? Ausnahmezustände werden geschaffen, ausgerufen und gelebt. Mit einem nationalen „Wir“ aufgeladen verwischen sie die soziale Ungleichheit und kommen im Gewand des moralisch Guten gegen den äußeren Feind daher. Nur als Klasse können wir Ausnahmezustände nutzen und für eine besser Zukunft eintreten.
Während die Welt von einem Ausnahmezustand in den nächsten taumelt, geht das Leben für die meisten ziemlich normal weiter und ist geprägt von Lohnarbeit, Carearbeit und dem Wunsch, trotz allem ein gutes Leben zu führen. Lokale Syndikate bringen sich ein in Kämpfe für bessere Tarifverträge wie im Sozial- und Erziehungsdienst in der Region Süd oder für selbstbestimmtere Arbeitsbedingungen wie in einem Kurierkollektiv in Halle. Bei Gorillas in Berlin und bei Dominos in Leipzig und Magdeburg kämpfen Betriebsgruppen mit direkten Aktionen gegen Ausbeutung und Verschleiß als billige Arbeitskräfte. Diese Kämpfe bringen konkrete Verbesserungen, sind aber auch Teil eines internationalen, anarcho-syndikalistischen Kampfs für eine klassenlose Gesellschaft ohne Chef:innen und ohne Staaten. Hier knüpft zum Beispiel die Kampagne der Solidarität mit Gewerkschafter:innen in Myanmar an. Doch die FAU ist mehr als nur Gewerkschaft. Das zeigt die Erwerblosenvernetzung und auch die Rezension und Gedichte weisen über Lohnarbeitskämpfe hinaus. Wir bauen weiter solidarische Strukturen auf, neue Syndikate werden gegründet und alte Syndikate wachsen weiter.
Wir organisieren uns im Ausnahmezustand – weltweit, basisdemokratisch, verbindlich – und bereiten eine neue Ordnung in der Hülle der alten Gesellschaft vor. Ein Generalstreik liegt noch in weiter Ferne. Der Weg ist weit und unvorhersehbar, aber wir bleiben nicht stehen. Wir warten nicht auf eine Revolution, sondern erreichen im Hier und Jetzt Verbesserungen und organisieren solidarische Hilfe. Sucht den Kontakt zu eurer lokalen FAU. Es gibt Syndikate in über 30 Städten. Weitere Infos findet ihr unter www.fau.org.
Interview mit Torsten Bewernitz und Gabriel Kuhn.
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