Sechs serbischen GenossInnen drohen langjährige Haftstrafen
Anfang September 2009 nahm die serbische Polizei insgesamt sechs AktivistInnen aus der libertären Bewegung der serbischen Hauptstadt Belgrad fest. Seit dieser Zeit befinden sich alle in Untersuchungshaft (siehe auch Direkte Aktion, Nr. 196: Ein mieses Spiel).
Was wir zuletzt als Befürchtung in den Raum gestellt hatten, ist zwischenzeitlich eingetroffen. Am 7. Dezember wurden Tadej Kurepa, Ivan Vulović, Sanja Dojkić, Ratibor Trivunac, Nikola Mitrovic und Ivan Savic vor einem Belgrader Gericht formell des Deliktes des „Internationalen Terrorismus“ angeklagt. Das Gericht verfügte weiterhin, dass alle Beschuldigten bis zum Beginn des Prozesses in Untersuchungshaft zu bleiben hätten. Mit diesem Prozess wird nicht vor Frühjahr 2010 gerechnet.
Der Straftatbestand des „Internationalen Terrorismus“ ist die serbische Variante einer Gesetzgebung, mit der sich diverse Regierungen weltweit das Phänomen des islamistischen Terrors in der Folge des 11. September 2001 zu Nutze gemacht haben. Bereits mehrfach war davor gewarnt worden, dass sich staatliche Repressionsorgane dieser Gesetze auch – wenn nicht gar in erster Linie – im Kampf gegen missliebige soziale Bewegungen bedienen werden. Bei den Anklagen gegen die „Belgrad 6“ scheint es sich um genau solch einen Fall zu handeln. Das Delikt, das ihnen vorgeworfen wird – und für das ihnen im Verurteilungsfall 10 bis 15 Jahre Haft drohen – ist nicht etwa ein Massenmord, sondern eine Brandflasche, die an der Außenmauer der griechischen Botschaft in Belgrad geringfügige Schmauchspuren hinterlassen hatte. Was anderswo im Falle einer Verurteilung vielleicht mit einigen Monaten auf Bewährung geahndet würde, entwickelt in Belgrad hingegen ganz andere – weil politische – Dimensionen. Schließlich will das Land mit Macht in die EU und sieht dabei in der griechischen Regierung einen ihrer größten Fürsprecher. Was liegt da näher, als gegenüber der griechischen Regierung Handlungsbereitschaft zu signalisieren und dabei gleich noch lästige anarcho-syndikalistische KritikerInnen zu schwächen?
Gegen die Konstruktionen der Staatsanwaltschaft und gegen die Haftbedingungen – darunter eine vollständige Kontaktsperre mit Ausnahme der Anwälte und des engsten Familienkreises – regt sich derweil weiterer Widerstand. In den Reihen der IAA und darüber hinaus sind über die bereits laufenden Proteste hinaus weitere Initiativen in Planung. Sollte der Prozess wie geplant stattfinden, ist mit einer internationalen Beobachterkommission zu rechnen, die einen sehr genauen Blick auf den Prozessverlauf werfen wird. Wir hoffen jedoch, dass die Verfahren, bevor es so weit kommt, eingestellt und die Inhaftierten unverzüglich freigelassen werden.
Unsere Leser und Leserinnen fordern wir an dieser Stelle noch einmal auf, sich an den derzeit laufenden Protestmöglichkeiten (siehe unten) und an den anstehenden Aktionen zu beteiligen. Aktuelle Informationen finden sich wie immer auf www.fau.org.
Es wird dringend Geld benötigt, um die Anwaltskosten und die Solidaritätskampagne finanzieren zu können.
Spendet bitte an:
Freie ArbeiterInnen-Union
Kontonr.: 961 522 01
Postbank Hamburg (BLZ 200 100 20)
Stichwort: BELGRAD 6
Vorlage für einen englischen Protestbrief auf der Seite der polnischen ZSP-IAA
http://asi.zsp.net.pl/free-the-anarchists/emailpage/
Artikel zum Thema in „Direkte Aktion“, Nr. 196: Ein mieses Spiel.
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