Öffentliches Versagen der neoliberalen EU

„Richtig oder falsch, der Kunde hat immer recht“. Dieses Zitat, das dem amerikanischen Unternehmer Marshall Field zugeschrieben wird und zu einer Art Bibelspruch für die Managerklasse wurde, scheint den multinationalen Pharmakonzern AstraZeneca und seinen heutigen französischen Patriarchen, Pascal Claude Roland Soriot, nicht beeinflusst zu haben.

Ich sage das, weil ein Streit mit einer vermeintlichen Kundin wie der EU, von der Größe eines Kontinentes, auf die jedes Unternehmen in Europa neidisch wäre, auf den ersten Blick nicht die beste Idee zu sein scheint. Aber natürlich ändert sich die Perspektive, wenn man ein Monopol hat. Die EU-Regierungen, die den Söldner- und Verbrecherkonzern FRONTEX[1]Die illegalen Migrant:innen-Pushbacks und die Lügen von FRONTEX-Direktor, Fabrice Leggeri, im EU-Parlament sind nur die Spitze des Eisbergs. in ihrem schmutzigen und heimlichen Krieg gegen die Migrant:innen mit Milliarden Euro überschütten[2]Die tatsächliche Finanzierung von FRONTEX ist sehr undurchsichtig, aber die EU-Kommision selbst hatte für die Periode 2021-2027 vorgeschlagen, das Budget von FRONTEX bis zu 12.000 Milliarden Euro zu finanzieren. https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2018/625148/EPRS_IDA(2018)625148_DE.pdf, können die versprochenen Impfstoffe nicht liefern. Dies geschieht dank einem dunklen und geheimen Vertrag[3]Nach dem Skandal drohte die EU am 27.01.21 damit, den Vertrag öffentlich zu machen. https://ec.europa.eu/germany/news/20200827-vertrag-astrazeneca_de, der sehr saftig für diesen Konzern ist und den EU-Staaten seine Bedingungen auferlegt und nun müssen die Regierungen sich, ob sie wollen oder nicht, daran halten. AstraZeneca ist nicht der einzige Konzern, der solche Verträge unterschrieben hat.

Im Grunde ist es nichts Neues. Die EU ist ein bürokratisches Konstrukt, das zu größerem Ruhm der europäischen Konzerne beiträgt. Es sind Konzerne, die die EU durch Ausbeutung und Spekulation aufgebaut haben, sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU, vor allem außerhalb der EU. In den letzten Jahrzehnten haben sie sich darauf konzentriert, die letzten Bollwerke der alten Arbeiter:innenklasse zu verdrängen. Diese Zwangsabtretungen vor allem von Gesundheitsdiensten, sozialen Diensten, in der Bildung, bei den Renten oder Arbeitslosenunterstützungen wurden überall in der Europäischen Union systematisch angegriffen. Der theatralische Rücktritt der holländischen Regierung aufgrund des Verrates von ca. 20.000-26.000 Familien[4]Die sogenannte Beihilfe-Affäre deckte auf, dass die Steuerbehörden jahrelang Eltern, viele nach „ethnischem Profiling“, zu Unrecht Betrug bei Kinderbeihilfen vorgeworfen hat. Als Konsequenz verloren einige Eltern ihre Jobs und / oder Wohnungen. von dem, was ihnen gehörte, ist nur eine seltene Ausnahme in einer klaren und konstanten aggressiven Strategie, gebadet in totaler Straflosigkeit.

Auch diese korporatistische Sabotage der alten vom Staat angeeigneten Errungenschaften ist nicht neu. Eines seiner deutlichsten Beispiele ist die Demontage des Gesundheitssystems, ergänzt durch die Verwöhnung der repressiven öffentlichen und privaten Organe des Konzernstaates. Deshalb bröckelt die politische Fassade in den meisten Teilen Europas allmählich ab. Mittlerweile brauchen die Konzerne immer weniger Legitimation durch ihre parlamentarischen Tochtergesellschaften. Sie sind in der Lage, ihre Politik einfach durch Think Tanks, Journalist:innen, Polizist:innen, Soldat:innen und Söldner:innen zu etablieren. Die politische Partei als extraktives Unternehmen der sozialen Legitimation kann jedes mal weniger Mehrwert anbieten.

Die zunehmend offenkundige Oberflächlichkeit dieser politischen Filialen entlarvt jedoch ihre eigene Nutzlosigkeit gegenüber den Wähler:innen in einer Weise, wie es sie noch nie gegeben hat. Und diese Pandemie beschleunigt diesen Prozess auf eine schwindelerregende Weise. Wenn der „Fassadenstaat“ und seine politische Legitimation, inmitten einer noch nie dagewesenen globalen Situation, nicht in der Lage ist, seine Bevölkerung auf vielen Ebenen gesundheitlich zu versorgen, und nicht in der Lage ist, ganze Wirtschaftssektoren über Wasser zu halten, wozu ist er dann gut?

In Zeiten der Krise passt sich der Kapitalismus an. Die Tendenz der letzten Jahre lässt für die Zukunft eine autoritärere Version davon voraussehen, in der der Staat an Gewicht verliert und sein Platz vordergründig von Konzernen in einer Art Kartell- oder Feudalkapitalismus eingenommen wird. Die Fassade Staat wird vor den Augen aller ausschließlich auf seine ursprüngliche Idee reduziert: Bevölkerungskontrolle. Eine Art korrupter Schiedsrichter der Ausbeutung. In diesem Sinne erscheinen Initiativen wie ZeroCovid[5]Kampagne: https://zero-covid.org/ nicht nur unzureichend, sondern zeigen auch ein übertriebenes Vertrauen in den Staat als Akteur, um dieser Tendenz entgegenzuwirken, und unterschätzen dessen Repressionsfähigkeit durch Angst, Propaganda und Gewalt erheblich.

Wenn der „Fassadenstaat“ nur Legitimation und öffentliche Meinung ist, ist es klar, dass er nur als Vorhang dient, um uns daran zu hindern, zu sehen, was dahinter steckt: Zerstörung vergangener Errungenschaften; systematische Monopolisierung von Waren und Dienstleistungen; Zerstörung kleiner und mittlerer Unternehmen, um die Konzentrationsprozesse zu beschleunigen; neue Disziplinierung der Menschen am Arbeitsplatz; Vertreibung der Frauen aus den Arbeitsplätzen und soziale Schichtung auf der Grundlage von Rassismus. Ein paradigmatisches Beispiel für diese Gesundheitskrise ist der starke Konzentrationsprozess der Krankenkassen, deren Zahl von 1.815 im Jahr 1970 auf nur noch 103 im Jahr 2021 gesunken ist. Dieser Prozess setzte sich auch im Jahr 2020 fort, als die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen dieser Entwicklung hätte entgegenwirken müssen. [6] https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/kv_grundprinzipien/alle_gesetzlichen_krankenkassen/alle_gesetzlichen_krankenkassen.jsp

Was bringt es, wenn die „EU-Fassadenstaaten“ saftige Geheimverträge mit Pharmamonopolen abschließen müssen und die Monopole diese nach Belieben brechen? Wenn der „Fassadenstaat“ nicht entscheiden kann, wann, wie und was in einem Gesundheitsnotfall zu tun ist, wozu ist er dann gut? Wenn er nicht einmal als Vorhang lohnt. Wozu ist er dann gut? Zu Nichts. Gegen einen feudalen Konzernstaat nützt uns ebenfalls die EU nichts, sondern einzig und allein mehr Gegenmacht. Was wir brauchen, sind Strategien für Selbstorganisation und -verwaltung, basierend auf den Prinzipien gegenseitiger Hilfe und Solidarität unter den Betroffenen.

Beitragsbild: https://www.capital.de/wirtschaft-politik/so-will-die-eu-die-wirtschaft-nach-corona-wieder-aufbauen

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