§§§-Dschungel

paragraphen.gifKündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen erheben!

Wollen Beschäftigte gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vorgehen, müssen sie innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben. Nur wenn sie unverschuldet verhindert waren, die Klage rechtzeitig zu erheben, können sie unter bestimmten Bedingungen die nachträgliche Zulassung der Klage nach § 233 Zivilprozessordnung beantragen. Haben Betroffene die Klage verschuldet zu spät erhoben, gilt die Kündigung von Anfang an als rechtswirksam. Auch wenn Prozessbevollmächtigte das Fristversäumnis verschuldet haben, ist dieses Verschulden dem Arbeitnehmer zuzurechnen. (BAG vom 11. Dezember 2008 – 2 AZR 472/08)

Wichtig für ArbeitnehmerInnen:

  1. Unbedingt und in jedem Fall innerhalb von drei Wochen auf eine Kündigung mit einer sogenannten Kündigungsschutzklage reagieren. Kein Spiel mit Argumenten à la „ich war ja in Urlaub“, „habe die Kündigung nicht erhalten“, „der Betriebsrat wurde ja nicht angehört“ usw.
  2. Nicht auf Rechtsanwälte und Gewerkschaftsvertreterinnen vertrauen. Auch die können Fehler machen! Immer kontrollieren, z.B. durch Nachfragen oder schriftliche Zwischeninformation, ob eine Klage eingereicht wurde.

 

Kündigung per SMS?

Eine SMS wahrt die für eine Kündigung vorgeschriebene Schriftform des § 623 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht. Entsprechendes gilt für eine Auflösungsvereinbarung. (LAG Hamm, 10 Sa 512/07)

Anmerkung: Kündigungsversuche per SMS sind unzulässig. Generell dürfen Kündigungen nicht auf elektronischem Weg ausgesprochen werden. Das gilt auch für Medien wie E-Mail und Fax. Trotzdem in solch einem Fall immer erst einmal Kündigungsschutzklage einreichen! Ob etwas an einer Kündigung unwirksam war oder nicht, kann nur ein Gericht feststellen.

 

Kündigung wegen „Stromdiebstahls“ im Wert von unter 1 Cent

Weil er den Akku seines privaten Mobiltelefons im Betrieb aufgeladen hat, ist einem Arbeitnehmer nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt worden. Der Schaden soll sich auf 0,014 Cent (= 0,00014 Euro) belaufen.

Der Arbeitgeber hat neben der fristlosen Kündigung gleich auch noch ein Hausverbot ausgesprochen. Er hielt den „Stromdiebstahl“ für eine Straftat, anscheinend nach § 248c StGB. Diebstahl nach § 242 StGB wäre vermutlich daran gescheitert, dass Strom keine Sache ist. Ein Kammertermin war auf den 29.10.2009 anberaumt (4 Ca 1228/09). Der Prozess wurde inzwischen eingestellt, da der Chef einen Rückzieher machte.

Wichtig für uns:

Nach wie vor entscheiden die Gerichte bei Diebstahl auch geringwertiger Güter gegen die Beschäftigten. Auch ohne vorherige Abmahnung wird eine Kündigung für rechtens erklärt. Hier hilft nur der im Moment immer stärker werdende Druck der öffentlichen Meinung, solche Kündigungen ohne vorherige Abmahnung als völlig überzogen abzulehnen. Öffentlicher Widerstand ist daher auch außerhalb des Rechtsweges unbedingt angesagt und führt gelegentlich zum Erfolg. So auch der am 11.10.09 im Fernsehen diskutierte „Frikadellenfall“ (Verzehr einer Frikadelle, die für eine Konferenz bestimmt war), bei dem die Kündigung kurz vor der Sendung zurückgenommen wurde.

 

Altersdiskriminierung bei Kündigung?

Im § 622 Abs. 2 BGB steht nach wie vor folgender Satz: „Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.“ Dazu zwei aktuelle Urteile:

§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB verstößt gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung (Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000). Die Vorschrift darf nicht mehr angewandt werden. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ist nicht erforderlich. (LAG Schleswig-Holstein, 28.05.2008, Az: 3 Sa 31/08)

Die Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ist altersdiskriminierend. Sie verstößt gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung (Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000). Daher ist diese Vorschrift bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht anzuwenden. (LAG Berlin, 24.07.2007, Az: 7 Sa 561/07)

 

Rauchverbot – Verstoß rechtfertigt Kündigung!

Verstoßen ArbeitnehmerInnen mehrfach und trotz Abmahnung gegen ein betriebliches Rauchverbot, kann dies eine ordentliche Kündigung nach sich ziehen. (LAG Köln vom 1. August 2008, Az: – 4 Sa 590/08)

 

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