Vergangenen Sonntag fand in Chemnitz eine feministische Demonstration mit etwa 250 Teilnehmenden statt. Aufgerufen hatte die Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), sowie Basisgewerkschaften der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiterunion (FAU), sowie feministische Gruppen. Die Veranstaltung war eingebettet in eine Aktionswoche rund um den Frauenkampftag am 8. März und sollte ein Schlaglicht auf die besonders prekären Bedingungen weiblicher Gefangener werfen. Die Polizei war mit 180 Beamt*innen vor Ort.
Die Demonstration startete vor der Technischen Universität und zog zur JVA Chemnitz, bei der es an zwei Stellen Kundgebungen gab, bevor sie zum Ausgangspunkt zurück lief. Währenddessen skandierten die Teilnehmenden lautstarke Parolen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Ausführlicher wurde bei den Kundgebungen ausgeführt, was die GG/BO fordert: Volle Gewerkschaftsfreiheit und Sozialversicherung (Kranken- und Rentenversicherung), sowie Umsetzung des gesetzlichen Mindestlohns auch hinter Gittern.
Während der gesamten Dauer der Kundgebungen standen Gefangene an ihren Fenstern und die Menschen vor und hinter den Gittern grüßten sich. Augenscheinlich besonders emotional für alle Anwesenden war das Grußwort einer Gefangenen aus Köln, die zur Solidarität unter den Gefangenen aufrief, um den Widrigkeiten des Strafvollzugs etwas entgegen setzen zu können. So ist die JVA Chemnitz überbelegt und leidet unter Personalmangel. Deshalb werden die Aufschlusszeiten verkürzt und Freizeitangebote gestrichen. In den meisten Bundesländern besteht zudem eine Arbeitspflicht. Die Gefangenen erhalten eine Entschädigung von 1,20 Euro bis 2,10 Euro pro Stunde, von denen zu erhöhten Preisen Waren in den Gefängniskiosken gekauft werden können.
Die Demonstration verlief bis zu ihrer Auflösung ohne Zwischenfälle. Nach Angaben der Polizei kam es nach dem Ende während einer Personenkontrolle zu einem Angriff. Dabei seien zwei Beamt*innen verletzt worden. Allerdings schweigt sich die Erklärung über Ursache und Umfang der Verletzung aus. Der Darstellung der Polizei widersprach zum Beispiel die FAU Dresden:
Die Kontrolle eines Fahrzeugs sei wegen des Verdachts auf zünden von so genannten Rauchtöpfen (ungefährliche, pyrotechnische Erzeugnisse) durchgeführt worden. Ca. 40 Personen sollen als Zeugen der Maßnahme beigewohnt haben, jedoch dann von der Polizei aufgefordert worden sein, weiter zu gehen. Die Anzeige einer spontanen Kundgebung sei von den Beamt*innen ignoriert und mit Schlägen auf die Köpfe der Teilnehmenden beantwortet worden. Sowohl die FAU Dresden als auch die Anmelderin Juliane Nagel der Linkspartei Sachsen berichten von einem Angriff der Polizei auf eine minderjährige und eine weitere fast vollständig blinde Person. Die Polizeibeamt*innen hätten sich von dem Blindenstock angegriffen gefühlt.
Bereits letztes Jahr eskalierte eine ähnliche Veranstaltung am Ende, mutmaßlich durch Maßnahmen der Polizei. Sie kündigte im Vorfeld der Demonstration auch dieses Jahr wieder ein hartes Vorgehen an, sollte es zu Verstößen gegen Auflagen kommen. Die GG/BO-Soligruppe Jena sammelt Spenden für die Betroffenen der Repressionsmaßnahmen rund um den 11.03.2018.
Das Vorgehen der Polizei ist wirklich eine riesengroße Schweinerei. Auch kleinere Demonstrationen werden durch die Willkür der Repressionsorgane angegangen, was zu viel Frust bei Demonstrierenden führen kann. Es ist wichtig, sich davon nicht klein machen zu lassen und weiterhin seinen Protest auf die Straße zu bringen – trotz gängelnder Bullen!