AfD-Wahlkampfvehikel Gewerkschaft

Stolz meldete die AfD ihren Erfolg am 1.Mai 2017: 1200 Menschen folgten dem Aufruf des völkischen Höcke-Flügels zur Demonstration in Erfurt unter dem Motto „Sozial ohne Rot zu werden“. Auf der DGB Kundgebung waren es wesentlich weniger TeilnehmerInnen. Ist die AfD tatsächlich eine soziale Kraft?

Eine neue Gewerkschaft?

Die ostdeutsche AfD überraschte an diesem Tag noch mit einer anderen Mitteilung: Sie rief zum Beitritt in den „Alternativen Arbeitnehmerverband Mitteldeutschlands“, kurz „ALARM!“, auf. Zwar gibt es in der AfD bereits die „Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer“ (AVA e.V.) und den Verein „Arbeitnehmer in der AfD“ (AidA). Der neue Verband soll aber mehr sein als eine Interessenvertretung innerhalb der Partei.

Ver.di und Co hätten die Interessen der ArbeitnehmerInnen verraten und stellten sich gegen die AfD. Sie seien keine Gewerkschaften mehr und „deswegen brauchen wir eine neue und das wird Alarm! sein.“, so Jürgen Pohl, der Initiator des Ganzen. Pohl ist Anwalt, steht auf Platz zwei der Thüringer Landesliste für den Bundestag und ist als Höckes Büroleiter Teil des neofaschistischen Flügel der AfD.

Mit der Volksgemeinschaft den Klassenkonflikt überdecken

Plakat: Nie wieder. Keine Bühne der AfD!
Das Bündnis “Aufstehen gegen Rassismus” protestierte gegen die Maikundgebung der AfD.

Die Demonstration trägt an diesem 1. Mai Höckes Konterfei stolz auf dem Fronttransparent vorneweg. Dass man den „Tag der Arbeit“ den Gewerkschaften entreißen wolle, hatte bereits Jürgen Pohl klar gemacht. Höckes Rede lässt erahnen, wie er sich das vorstellt. Es geht ihm um eine Umdeutung des 1. Mai, wie sie auch 1933 stattfand, von einem Kampftag zu einem Tag der Anerkennung. Den ArbeiterInnen sollte ihr moralischer und gesellschaftlicher Wert gedankt werden, um sie in die Volksgemeinschaft zu integrieren. Als Teil der Volksgemeinschaft konnte von ihnen Opferbereitschaft und materieller Verzicht verlangt werden.

Der Star des völkischen Flügels zeichnet hierfür ein Idealbild eines deutschen Arbeitnehmers, der „nicht nur Inhaber einer Ausbildung“, sondern auch eines „Arbeitsethos“ sei und die „preußischen Tugenden“ lebe. Er, und es ist bei Höcke immer ein „er“, könne stolz auf seine Produkte sein, die das Label „Made in Germany“ verdienten. Für die ArbeiterInnen hat „Alarm!“ also einen Leistungsethos und Stolz zu bieten, anstatt materieller Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen.

Die Bösen sind für Höcke „amerikanische Heuschrecken“. Die deutschen Unternehmer werden jedoch verbal mit allen Lohnabhängigen in eine Reihe gestellt. Er dankt beiden Klassen dafür, dass sie „jeden morgen aufstehen, die Ärmel hochkrempeln und unverzagt ihre Pflicht tun.“ Höcke sieht in der täglichen Maloche nicht einen Zwang, der alle Menschen packt, die ohne Zugang zu Produktionsmitteln im Kapitalismus überleben wollen. Er sieht darin einen Dienst für Deutschlands wirtschaftliche Stärke. Darum ist ihm auch der soziale Friede die wichtigste Säule der Gesellschaft, darum kämpft er am 1.Mai gegen die „Entsolidarisierung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern“.

Kampffeld Parlament

Darauf, dass bei „Alarm!“ über Konflikte und Kämpfe im Betrieb geredet, dass widerliche Ausbeutungsmethoden der Bosse angeprangert und zum organisierten Kampf für die Verbesserungen der eigenen Arbeitsbedingungen gegen die Profitinteressen der Kapitalisten aufgerufen würde, wartet man vergeblich. Man wolle eine „vernünftige Arbeitnehmervertretung“ sein, „weg von überholten Klischees irgendwelcher Klassenkampffantasien“, so der brandenburgische AfD Landesvorstand Andreas Kalbitz auf der Maikundgebung. Stattdessen wird immer nur ein Heilmittel angepriesen: die Wahl der Mutterpartei AfD.

Das problematische an den DGB Gewerkschaften sei dann vor allem auch die Verzahnung mit den „Altparteien“ allen voran der SPD. Die Redner halten den SozialdemokratInnen die Folgen ihrer arbeiterInnenfeindlichen Politik zwar immer wieder vor, kommen über vage Forderungen à la „Wohlstandslohn statt Mindestlohn“ als Lösungsansätze aber nicht hinaus. Wie man diesen „Wohlstandslohn“ gegen die Interessen der Bosse durchsetzen wolle, wird an keiner Stelle problematisiert.

Sozialpolitisch ist man aber um konkrete Forderungen nicht Verlegen. In den Reden, aber auch auf der eigenen Facebookseite, schließt sich “Alarm!” der rassistischen Argumentationstradition an, die der AfD gerade im Osten viele Stimmen beschert. Durch Zuwanderung würden die deutschen Sozialsysteme überlastet und die Abschiebung der als „Wirtschaftsflüchtlinge“ Diffamierten wäre dann die Lösung.

„Alarm!“ ist kein ernst gemeinter Schritt, um die Lebensbedingungen der ArbeiterInnenklasse zu verbessern. Es ist ein Versuch, die Wut über die tatsächlich bestehenden sozialen Probleme zu kanalisieren und als Unterstützung für die AfD an die Wahlurnen zu lenken. Verbesserungen am Arbeitsplatz können nur unabhängige Gewerkschaften erkämpfen, die im Klassenkampf eindeutig auf der Seite Lohnabhängigen steht.