Come in and burn out

Seien es hunderte von Beiträgen im “Forum der Ausgebeuteten” oder die klaren Worte Günter Wallraffs im WDR-Interview: “Hier werden nicht nur Kunden, sondern auch Mitarbeiter betrogen” – Tectum ist in den letzten Monaten mehr als einmal negativ in der Öffentlichkeit aufgefallen. Nachdem auch die Beiträge bei Wikipedia der Geschäftsführung zu kritisch wurden, schickte man umgehend die eigenen Zensoren los, um die Diskussion zu stören. Gleichzeitig präsentiert man sich auf der Internetplattform Myspace mit hipper Technomusik und inszeniert sich selbst mit dem Motto: “Schluss mit den Vorurteilen”. Zielgruppe sind StudentInnen wie auch andere junge Leute. Coole Events, jede Menge Infos und ein gezielter Tritt gegen alle Schienbeine, die Vorurteile tragen. So präsentiert sich Tectum.

Dass es den Tritt besonders für diejenigen gibt, die den Werbeoffensiven zum Opfer fallen, wird leider erst spürbar, wenn man sich schon mitten in der Tretmühle von Tectum befindet. Mobbing, undurchsichtige Provisionsmodelle und unzählige Prozesse vor dem Arbeitsgericht, die zum größten Teil von Tectum verloren wurden, bezeichnen nur ansatzweise, was sich hinter der Fassade abspielt. So konnte nur durch Druck von ver.di am Standort Gelsenkirchen ein Betriebsrat installiert werden. In Dortmund existiert dieser bereits, gilt aber als durch die Geschäftsführung gesteuert.

Der Jobmotor stottert

Im Jahr 2007 wollte Tectum in Oberhausen einen neuen Callcenter-Standort eröffnen. Dies wurde aber durch Linkspartei und DGB verhindert: Man wolle hier kein neues Tectum- Arbeitslager mit öffentlichen Mitteln fördern. Fluktuation und Krankenquote der Tectum Group geben der gern gesehenen Bezeichnung “Jobmotor des Ruhrgebiets” eine ganz neue Bedeutung. Nur werden hier anstelle von Kraftstoff Menschen verheizt. Zahlreiche LeiharbeiterInnen werden rekrutiert und ohne hinreichende projektbezogene und ganz ohne datenschutzrechtliche Schulungen an den Computer gesetzt und auf die Kunden losgelassen. Der Betrug mit den Zahlen trifft nicht nur die MitarbeiterInnen, sondern auch die Auftraggeber von Tectum. Gegen Monatsende werden die Datensätze z.T. regelrecht „verballert“ statt ordnungsgemäß abtelefoniert, um die vertraglich geregelte Anzahl zu erfüllen. Den jeweiligen MitarbeiterInnen wirft man dann vor, die persönliche Quote sei so schlecht, dass man sich trennen müsse.

Wie man bei Tectum Missstände ändern kann, zeigen verschiedene Aktionen von Organisierten vor Ort. So wurde am Standort Gelsenkirchen zu Beginn des Jahres öffentlich Druck auf die Geschäftsführung aufgebaut. Dies macht wieder deutlich, dass der Inhaber von Tectum, Hubertus Küpper, nur handelt, wenn er befürchtet, sein Image oder das der Firma könne beschädigt werden. Die Fassade des wohlwollenden und sozial engagierten Unternehmers hat er sich kostspielig mit Charityveranstaltungen aufgebaut. Aus welchem Topf werden solche Gelder finanziert?

Provision und Subvention statt ordentlichem Lohn

In Gelsenkirchen gab es bis Anfang 2008 einen sog. Sockelbetrag von ca. 230 Euro, den jedeR Beschäftigte erwirtschaften und an die Firma abtreten musste. Erst nach Erreichen dieser Provisionssumme begann für die ArbeiterInnen das eigentliche Geldverdienen. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 1500 Menschen bei Tectum beschäf tigt, was eine Abtretung von 345.000 € pro Monat ergibt. Unklar ist, wo für diese Gelder tatsächlich genutzt werden. Die Geschäftsführung gab an, damit eine Provisionsfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall zu gewährleisten. Des Weiteren finanziere sie laut eigener Aussage mit dieser Summe den sog. „Anwesenheitseuro“. Diesen erhalten Beschäftigte pro Stunde, in der sie anwesend sind, zusätzlich. Also ein „Bonus“, den die ArbeiterInnen vorher sauer verdienen müssen. Arbeit bei Tectum bedeutet unter diesen Bedingungen praktisch unbezahlte Überstunden, wenig Freizeit und Armutslöhne. Von der Einhaltung der Bildschirmpausen kann keine Rede sein. Die ArbeiterInnen erhalten keine Einsicht in die Stornoqoute, obwohl bis zu 30% des Lohn für Stornos einbehalten werden. Zudem müssen äußerst kurzfristige Schichtwechsel hingenommen werden. Auch über Mobbing berichten Beschäftigte immer wieder.

Der Autor möchte anonym bleiben. Er war Mitarbeiter bei Tectum und ruft zur öffentlichen Unterstützung für die ArbeiterInnen auf:

  • Macht der Verschwendung von öffentlichen Geldern ein Ende, schreibt an die ARGEn der Standorte.
  • Warnt FreundInnen davor, in dieser Abzockerbude ihre Zeit zu verschenken!
  • Schreibt an den Inhaber der Firma: Hubertus.Kuepper@tectumgroup.net

Schreibe einen Kommentar