Die eiserne Lady, die zuerst Bekanntheit erlangte, als sie als Sozialministerin den Kindern die kostenlose Schulmilch nahm, ist also tot, und alle tanzen auf den Straßen. Endlich ist sie besiegt, die Bezwingerin der Gewerkschaften in Großbritannien. Doch ist es eigentlich ein Armutszeugnis, wenn sich die VerliererInnen darüber freuen, dass die Gewinnerin im bereits dementen Alter verstirbt. Was hat diese Frau gemacht, dass sie die BritInnen immer noch so spaltet?
Die Situation in Großbritannien der frühen 70er Jahre sah wie folgt aus: Die großen Industrien, wie Stahl und Kohle, waren verstaatlicht. Selbst die Tories, die Konservativen Englands, wagten nicht, daran zu rütteln. Es herrschte ein gewisser Konsens. Die Gewerkschaften waren stark. In vielen Betrieben galt das „Closed Shop“-Prinzip, nach dem MitarbeiterInnen Mitglieder der Gewerkschaft zu sein hatten. Die stärkste Gewerkschaft war die Minenarbeiter-Gewerkschaft NUM (National Union of Mineworkers) mit Arthur Scargill an der Spitze. Er war kampferprobt und hatte die NUM zu ihrer Stärke gebracht. 1972 hatte er sogar durch einen Streikabschluss die Regierung zu Fall gebracht. Diese Stärke schien Scargill zu verführen. In der Gewerkschaft reihte er Gefolgsleute um sich und wurde überheblich. Der Marxist/Leninist liebäugelte offen mit der Sowjetunion, blieb aber stets parteiisch auf der Seite der ArbeiterInnenschaft. Sein nicht ganz demokratisches Verhalten und seine Überheblichkeit sollten der NUM jedoch noch zum Verhängnis werden.
Die Konfrontation mit den Gewerkschaften wurde von der Regierung lange geplant. Bereits 1981 – zwei Jahre nach der Amtsübernahme Thatchers und drei Jahre vor Streikausbruch – wurde angefangen, Kohle-Vorräte aufzuhäufen, um längere Lieferausfälle sicherzustellen. Zusätzlich wurde vermehrt auf Atomkraft gesetzt, um unabhängiger von Kohle zu sein. Nach und nach wurde das Streikrecht eingeschränkt, so dass Solidaritätsstreiks für Ausfälle verklagt werden konnten und die so genannten flying pickets verboten wurden. Streiks mussten nun durch eine Urabstimmung beschlossen werden. Nach dieser Vorbereitung wurde schließlich angekündigt, einen Großteil der Kohlebergwerke zu schließen und den Rest zu privatisieren.
Als der Streik am 5. März 1984 in Yorkshire begann, wo die erste von vielen Zechen geschlossen werden sollte, wurde dieser erst nachträglich genehmigt. Die Regierung hatte dadurch bereits ein Argument gegen die Rechtmäßigkeit des Streiks in der Hand und konnte die Medien und eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich bringen. Scargill war zu stolz, um gleich die Unterstützungsangebote der Stahlarbeiter-Gewerkschaft anzunehmen. Stattdessen setzte er auf einen brutalen Arbeitskampf, der die Gewerkschaft weiter im Ansehen sinken ließ. Als er schließlich nach Solidarität bei den anderen Gewerkschaften fragte, war es zu spät. Thatcher hatte es geschafft, die Gewerkschaftsmacht zu brechen, die ihrer Meinung nach die Wirtschaft in Großbritannien gelähmt hat.
Thatcher hat das Land gespalten und Millionen Menschen in Armut gebracht, insbesondere durch die radikale Streichung von Sozialleistungen. Es ist also nicht verwunderlich, dass sich viele Leute so sehr über ihren Tod freuten und am liebsten in ihr Grab spucken würden.