„Für uns bleibt nichts anderes übrig als auf die Straße zu gehen und zu kämpfen“ erklärte Thomas Langenbach im Anschluss auf die knapp zweistündige Verhandlung vor dem Bremer Landesarbeitsgericht am 09. März. Von zwei weiteren Sprechern der Kläger hieß es, dem Gericht ginge es nicht um die Sache, sondern lediglich um formale Gründe und man hoffe auf die Fortsetzung des Kampfes – auch auf juristischer Ebene. Thomas Langenbach und seine beiden Kollegen sind Sprecher von 16 Daimler-Beschäftigten, die vor Gericht für das politische Streikrecht kämpfen wollen.
Doch nochmal ganz von vorne: In der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 2014 legten über 1.000 ArbeiterInnen der Nachtschicht des Mercedes Werks in Bremen-Sebaldsbrück für mehrere Stunden spontan die Arbeit nieder um gegen die zunehmende Vergabe von Aufträgen an Fremdfirmen und den Einsatz von Leiharbeit zu protestieren. Ein Protestzug formierte sich und zog vor eines der Werkstore, im Anschluss ging ein Großteil der Protestierenden nach Hause. Angeheizt wurde die Stimmung unter den Beschäftigten durch eine Ankündigung der Werksleitung 143 Arbeitsplätze in der Logistik an eine Fremdfirma zu vergeben (Spiegel Nr. 24, 6. Juni 2015).
Im Nachgang des „Wilden Streiks“ schlug die Leitung des Bremer Mercedes Werks mit Repressalien zurück. Gegen 761 Beschäftigte wurden Abmahnungen ausgesprochen. Gegen den IG-Metall Vertrauensmann Thomas Langenbach sprach die Werksleitung eine zusätzliche Abmahnung aus, eine laut der Klägergruppe politisch motivierte Abmahnung.
Ein Teil der betroffenen Beschäftigten legte darauf juristisch Einspruch gegen die Abmahnungen ein. Anfang Mai 2015 erklärten die Anwälte der Klagenden, dass es ihnen dabei nicht nur um deren Rücknahme ginge, sondern um das deutsche Streikrecht an sich. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern ist das Streikrecht in Deutschland sehr restriktiv und beschränkt sich im weitesten auf Tarifauseinandersetzungen. So genannte „Wilde Streiks“ und politische Streiks sind verboten – ganz zu schweigen vom Generalstreik. Damit fällt Deutschland hinter europäische Standards zurück und fing sich bereits eine Rüge der EU-Kommission ein. Notfalls wollten sich die Abgemahnten deshalb durch alle Instanzen bis zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kämpfen. Das Ganze im übrigen ohne Unterstützung ihrer Gewerkschaft der IG Metall. Sie weigert sich bisher den Klägern Hilfe zu leisten.
Vor knapp einem Jahr, am 1. April 2016, nach einer gescheiterten Güteverhandlung und einer erstinstanzlichen Abweisung der Kläger, ließ die Werksleitung überraschend alle Abmahnungen aus den Personalakten der Betroffenen streichen. Außerdem erklärte das Arbeitsgericht die separate Abmahnung von Thomas Langenbach für nichtig.
Diesen Umstand nahm das Bremer Landesarbeitsgericht zum Anlass die klagenden ArbeiterInnen auch in zweiter Instanz abzuweisen. Durch die Rücknahme der Abmahnungen sei der Gegenstand des Verfahrens nicht mehr vorhanden gewesen. Das Anliegen der KlägerInnen nicht nur gegen die konkreten Abmahnungen vorzugehen, sondern das Vorgehen der Werksleitung durch das Gericht allgemein für unzulässig erklären zu lassen ignorierte der Richter. Er sah sich nicht in der Lage eine inhaltliche Klärung der Rechtsfrage herbeizuführen.
Doch auch wenn ihre Klage vom Bremer Landesarbeits abgewiesen wurde, wollen die Beschäftigten dran bleiben. Es geht ihnen um nicht weniger als das politische Streikrecht.
Letztendlich entscheidet natürlich nicht nur die bloße Rechtssprechung, sondern die Stärke und der Wille der Beschäftigten (und ihrer Gewerkschaft) über den Erfolg eines Arbeitskampfes, denn Rechte müssen erkämpft werden. Die KollegInnen aus Bremen haben damit aber schonmal angefangen.