Nachruf auf Igor Hergenröther

Igor wurde als Igor Alexejewitsch Gergenreder in der russischen Stadt Buguruslan – in den südlichen Ausläufern des Urals – als Sohn deportierter Wolgadeutschen geboren. Früh erkrankte er an Kinderlähmung, die seine Gesundheit ein Leben lang beeinträchtigen sollte. Trotz der Brandmarkung der Familie als Angehörige einer „problematischen“ Minderheit – erschwerend kam hinzu,

Kurt Gustav Wilckens: 100 Jahre nach dem Racheakt

Für einen Mann braucht es keine zwei. Ende der 1980er-Jahre konnte Emilio Uriondo nur mühsam gehen und das Atmen fiel ihm schwer. Das Erscheinungsbild dieses Alten mit dem des anarchistischen Aktivisten zusammenzubringen, der 1928 nach der Hinrichtung von Sacco und Vanzetti das Attentat gegen die US-Botschaft in Montevideo verübt hatte,

In unseren Kämpfen bleibt Willi Hajek lebendig

„Hommage an unseren Freund und Kollegen Willi Hajek“. Mit diesen Worten war der Nachruf überschrieben, mit dem die linke Basisgewerkschaft Sud ihren langjährigen Aktivisten Willi Hajek würdigte. Geboren in Baden-Württemberg, wurde er geprägt von seinen Erfahrungen, die er in im roten Jahrzehnt gesammelt hatte, wie in Frankreich die Jahre nach dem

Erinnerung an einen linken Aufbruch in Spanien

„Amnestia, Amnestia“ , rufen die Menschen in Sprechchören. Nach dem Tod des faschistischen Langzeitdiktators Franco gingen die Menschen auf die Straße und forderten die Freilassung der vielen politischen Gefangenen. Mit dieser Szene beginnt der Dokumentarfilm El Entusiasmo, der den kurzen Aufschwung der anarchosyndikalistischen Bewegung nach dem Ende des Franco-Faschismus zum

Das CNT-Fotoalbum der Transition in Spanien

Das Bild ist unscharf, aber durch den Nebel hindurch ist ein Mann zu erkennen, der in der rechten Hand eine Pistole hält. Das Foto wurde am 1. Mai 1979 in Madrid aufgenommen, und das Ziel des Bewaffneten war die von der anarchistischen Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT) einberufene Demonstration

Gerd Thomas Gabler – Situationist und Erwerbslosenaktivist

Ca. 30 Menschen trotzten auf den Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin dem kräftigen Landregen. Nachdem sie Nelken auf die Urne gelegt hatten, gedachten sie schweigend dem Verstorbenen. „Gerd Thomas Gabler 1951- 2021“ stand auf der Tafel an der Urne. „Dauerregen bei seiner Beerdigung, wie 1936 bei der Bestattung des spanischen Anarchisten

Der 1. Mai – eine anarchistische Annäherung

In vielen Ländern der Welt wird der 1. Mai eher unpolitisch begangen: Kinderfeste, Fahrradtouren und frühlings-seliger Alkoholkonsum bestimmen das Bild. Nur Wenige nehmen an den ritualisierten Demonstrationen der etablierten Gewerkschaften teil. Noch weniger Menschen wissen überhaupt, warum sie gerade am 1. Mai den Tag der Arbeit begehen. Die Situation der Arbeiter:innen

Hasta siempre, Lucio!

Anarchist, Bankräuber, Fälscher, aber vor allem ... Maurer. Dieser ungewöhnliche Filmtitel, auf den ich im Internet stieß, machte neugierig. Was wir dann in dem Dokumentarfilm[ref]Den Film gibt es mit deutschen Untertiteln auf YouTube[/ref] der baskischen Filmemacher Aitor Arregi und Jose Mari Goenaga von 2007 sahen, konnten wir kaum glauben. So

100 Jahre FAUD

Siehst du heute Potential für die FAU, an Zeiten vor 1933 anzuknüpfen, oder sollte sie sich deiner Einschätzung nach auf andere Branchen oder Regionen konzentrieren? Schon in den 1920/30er Jahren hatten syndikalistische Organisationen massive Probleme, den fortschreitenden wirtschaftlichen Rationalisierungen entgegenzutreten. Die Kapitalisten entließen massenweise revolutionäre Arbeiter. In den Großbetrieben blieben somit

Vom Lokalismus zum Anarchosyndikalismus

Delegierte auf dem FAUD Kongress 1922

In einem Schreiben an den Historiker Max Nettlau im Jahr 1932 bemerkt Rudolf Rocker zur Situation der anarchosyndikalistischen Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD): „Wenn man bedenkt, dass hier in Deutschland dreiviertel der gesamten Bewegung arbeitslos sind und unter schwersten physischen und seelischen Depressionen zu leiden haben, so ist es geradezu ein