Auch mit Startschwierigkeiten hat sich ein beschauliches Syndikat – formerly known as Basisgewerkschaft Heidelberg – nun endlich in die Reihen der anerkannten FAU-Gewerkschaft gearbeitet. Der Gründungsprozess und die Aufnahme unserer Sektion war mit viel Aufwand verbunden und von erschwerenden Umständen gezeichnet.
Warum wir es dann doch durchgehalten haben, lag auf der Hand: In einem Milieu besiedelt von Hochschulgruppen, fehlte es uns deutlich an Sichtbarkeit derer, die die schön verputzten Altstadtwohnungen alltagstauglich machen. Wer serviert Professor:innen den Kaffee, putzt den Bänker:innen den Boden und bringt bei Pandemie-Notstand das Essen vor die Tür? Ganze Stadtteile wurden in den letzten Jahren in den Himmel gezogen, auf deren Baustellen, in deren neuen, wie alten Retail- und Gastro-sektoren wir uns wiederfanden. Aus unseren Arbeitserfahrungen kennen wir die Parkanlagen, Pflege- und Bildungseinrichtungen, die allesamt mit Lohnarbeiter:innen gefüllt werden wollen. Um das leidige Thema Studi-Image nicht auszuklammern, muss angemerkt werden, nicht alle Studierenden kommen aus wohlhabendem Hause und sowohl prekäre Anstellungen in Werks- und Tagesverträgen, Minijob oder in universitären Positionen sind uns nicht fremd. Das ist das Heidelberg, in dem wir aktiv werden wollten.
Gründungsprozess mit Stolpersteinen
Schon in unserer Anfangszeit, in der wir uns sowohl bemühten in der Region Fuß zu fassen, als auch darum ein Gefühl dafür zu bekommen, wo die dringendsten Missstände in unserer Umgebung liegen, war die Motivation groß, sich mit unserer durchmischten Gruppe der FAU anzugliedern. Ein Auftakt-Seminar zum Arbeitsrecht im Mini-Job und eine Rundmail später, fanden wir uns dann auch schon im Fokus der Aufmerksamkeit wieder. Als saisonales Dorfgespräch der Regio-Süd hätten wir ganz klar einige Dinge besser angehen können, hätten wir denn darum gewusst. Stattdessen traten wir entschlossenen Schrittes ins Fettnäpfchen einer schon lange tobenden Debatte über Aufnahmekriterien, Formalia und „politische Freundeskreise“. Unsere Verfehlung, nicht von Anfang an bei den Nachbar:innen geklingelt zu haben und die offiziellen Wege gegangen zu sein, konnten wir uns schnell eingestehen. Aber hey, offizielle Wege hin oder her, als syndikalistische Gewerkschaft werden wir wohl nicht das letzte Mal gegen eingessene Institutionen angerannt sein.
Mit Gegenwind begann unser Kollektiv sich trotzdem in die Herausforderung hineinzuwerfen. Es ging ganz und gar nicht heroisch bei uns zu. Der Prozess ging so manchen an die Substanz, und mehrmals hätten wir dabei auch beinahe unsere Zusammenarbeit mit der FAU aufgegeben. Wären nicht vereinzelte Stimmen in den Foren und Mail-Verteilern für uns in den Bresche gesprungen, wäre das vermutlich auch passiert. Stattdessen ging es daran eine gemeinsame Satzung, formelle Strukturen, Bankkonten, Online-Präsenz und vieles mehr aus dem Boden zu stampfen. In all dem Getümmel fiel es umso schwerer, die Projekte, die uns schon unter den Nägeln brannten, weiterzuverfolgen. Von Telefonberatung, Vernetzung mit Arbeitslosenverbünden bis hin zu unserer fortlaufenden Bemühung die Lieferfahrer:innen im Kreis für gemeinsame Aktionen zusammenzubringen, konnten wir alle unsere angestrebten Felder weiterhin am Leben halten.
Solidarität mit dem Dachverband
Natürlich sind im Zuge dessen auch Schwierigkeiten aufgetaucht. Unsere Reaktionszeit und Ressourcen hatten uns nur spärlich erlaubt mit angemessener Unterstützung auf einen unorganisierten Spontanstreik von Erntehelfer:innen zu reagieren. Viele Erfahrungen, die wir in diesen Jahren sammeln konnten, zeigen uns klar auf, dass es auch weiterhin unerlässlich bleibt, an unseren Mitteln und Kompetenzen zu arbeiten. Hier sind wir unbeschreiblich dankbar für die Unterstützung, die uns von den erwähnten Einzelstimmen so aufrichtig entgegengebracht wurde und uns auch interne Bildung ermöglichten. Trotz vieler Turbulenzen war es uns das Wichtigste, dass wir unseren Umgang untereinander so beibehalten konnten wie wir zu Beginn zusammengekommen sind.
Ja, gewerkschaftliche Arbeit ist keine Freizeit, aber von Funktionärstum und Leistungsgesellschaft wollten wir uns strikt fernhalten. Wir klopfen uns dafür selbst auf die Schultern! Denn die wohl bezeichnendste Leistung ist nicht, unser Syndikat innerhalb eines verstörend ereignisreichen Jahres wetterfest und beitrittssicher gebürstet zu haben, sondern miteinander keinen Schritt des Weges so zwecksrationalisiert umgegangen zu sein, wie es uns von der Gesellschaft und ihrem Gelaber von Effizienz oft als alternativlos vorgegaukelt wird. Ohne unseren Zusammenhalt und gegenseitige, interne Bestärkung hätten wir es nicht in die Reihen der FAU geschafft. Kleinere Gruppen, interessierte aber noch ungeschliffene Zusammenschlüsse, wären vielleicht an dieser Hürde gescheitert. Jetzt, da wir dabei sind, gibt es kein Innen und Außen mehr. Das heißt für uns vor allem eines: Die Solidarität, Unterstützung und Hingabe zueinander auch in den Dachverband zu tragen.
Für alle, die in Zukunft mit Interesse an die FAU herantreten, die vielleicht auch nicht versiert mit internen Protokollen oder dem Savoir-Faire der syndikalistischen Société vertraut sind, wünschen wir uns pro-aktive, gemeinschaftliche und solidarische Grundlagen, nicht nur Rückendeckung durch Einzelpersonen. Wir sind überzeugt, dass die FAU als weitgespannte Organisation viele Vorteile und das Potenzial zu entschiedenem, kollektivem Handeln bietet. Damit dieser Wunsch nicht nur Wunsch bleibt, braucht es Arbeit. Lasst es uns anpacken, diesmal nicht gegeneinander, sondern zusammen!