Die Umstrukturierung der Prüfungsberatung des StuRa der Uni Jena

Verletzung von Arbeitsrechten, Outsourcing tariflich Beschäftigter, Einschränkung sozialer Unterstützungsangebote – all diese Dinge, mit denen neoliberale Politik uns Arbeiter*innen konkret weh tut – zeigen sich im Hochschulbereich auf allen Ebenen. Das Beispiel der Umstrukturierung der studentischen Prüfungsberatung, die vom Studierendenrat (StuRa) der Uni Jena angeboten wird, macht deutlich, wie sich diese Logik bis in die kleinsten Bereiche durchsetzt und wie derartige Umstrukturierungsprozesse immer wieder undemokratische und arbeiter*innenfeindliche Maßnahmen beinhalten.

Zu Beginn: Ein ernüchterndes Fazit

Am 14. Mai 2019 hat der StuRa der FSU Jena einen Kooperationsvertrag mit dem Studierendenwerk (StuWe) geschlossen. Die Prüfungsberatung wird künftig nicht mehr von zwei Tarifbeschäftigten des StuRa, sondern von einem Honoraranwalt des StuWe durchgeführt – freilich bei Einschränkung des zeitlichen Umfangs und des Inhalts der Beratung. Dies stellt eine Verschlechterung sowohl aus Arbeiter*innen- als auch aus Studierendenperspektive dar. Die Bildungssektion der FAU Jena hatte zuvor öffentlich dagegen protestiert, Treffen mit StuRa-Vertreter*innen organisiert und zu Sitzungen des Gremiums mobilisiert, leider erfolglos.

Einschränkung des Beratungsumfangs

Die bestehende Prüfungsberatungsstelle für die Studierenden in Bachelor–/Mas­ter–/Diplom– und Magisterstudiengängen und jene für Staatsexamen sind für die FSU mit einem Budget von 13 Wochenstunden ausgestattet, wovon sieben Stunden die Sprechzeit ausmachen. Mit dem beschlossenen Kooperationsvertrag wird das Stundenbudget auf sieben anwaltliche Beratungsstunden in der Woche reduziert. Weitere Stunden zur Vor- und Nachbearbeitung und zur weiteren Unterstützung oder gar das Verfassen von Schreiben sind nicht vorgesehen. Darüber hinaus soll das Angebot nur in 30 von 52 Wochen im Jahr verfügbar sein. Dies entspricht einer Kürzung um fast zwei Drittel der bisher insgesamt vorgesehenen Stunden.

Einschränkung des Beratungsinhalts

Weiterhin wird der Inhalt der Beratung eingeschränkt. Die Prüfungsberatung in ihrer jetzigen Form ist keine reine Erstberatung, sondern umfasst auch die weitere Unter­stützung, z.B. Hilfe beim Schreiben von Anträgen und Widersprüchen. Der Vertrag mit dem Studierendenwerk sieht nun vor, dass der schon jetzt für das Studieren­den­werk tätige Anwalt lediglich sein Erstberatungsangebot um Prüfungsfragen erweitert. Alles weitere werden die hilfesuchenden Studierenden künftig allein zu bewältigen haben oder sie müssen die Rechtsvertretung aller Wahrscheinlichkeit nach bezahlen.

Eine neoliberale Maßnahme gegen die StuRa-Beschäftigten…

Der Beschluss des Kooperationsvertrags ist eine wichtige Etappe in der vom StuRa angestrebten neoliberalen Umstrukturierung der Prüfungsberatung hin zu einem outgesourcten und eingeschränkten Angebot. So zeigt sich der StuRa politischen Forderungen gegenüber willfährig, die ohne tragfähige Begründung die Personal­kosten als zu hoch deklarieren und einen Personalkostenabbau fordern, wenn sie nicht wie der Landesrechnungshof gleich die Studierendenschaften selbst in Frage gestellt haben.

Dieses Vorhaben wiederum spielt sich vor einem anhaltenden Arbeitskonflikt mit den StuRa-Beschäftigten ab. Seit Mai 2018, also seit über einem Jahr, ist der StuRa gesetz­lich dazu verpflichtet, seine Beschäftigten nach dem Landestarifvertrag TV-L zu bezahlen. Die entsprechende Lohnerhöhung wird trotz wiederholter Forderungen seitens der Beschäftigten seit nun mehr als einem Jahr noch immer nicht gezahlt. In diesem Rahmen ist außerdem eine der zwei Prüfungsberatungsstellen bereits seit Monaten unbesetzt. Dass die Umstrukturierung gerade den aktuell beschäftigten Prüfungsberater trifft, der sich auch als Gewerkschafter für die Interessen der StuRa-Beschäftigten engagiert, überrascht vor diesem Hintergrund nicht.

…in einem undemokratischen Verfahren durchgesetzt

Die StuRa-Fraktionen, die sich die Umstrukturierung auf die Fahnen geschrieben haben, nutzen alle zur Verfügung stehenden Machtmittel. Sie haben nicht nur in der entscheidenden StuRa-Sitzung jeden wirklichen Kompromiss verweigert und die Diskussion mit Geschäftsordnungsanträgen erstickt. Auch das einzige Zugeständnis, näm­lich dass der Umstrukturierungsprozess von einer AG bestehend aus allen Beteilig­ten begleitet werden soll, haben sie untergraben. Der Entwurf zum Kooperations­vertrag wurde in einer eiligst zusammenberufenen AG-Sitzung erarbeitet, an der weder der Prüfungsberater, noch das Studierendenwerk oder der StuRa der TU Chem­nitz teilnehmen konnten.

Wie es das nächste Mal besser gehen könnte

Um die Umstrukturierung der Prüfungsberatung zu verhindern, hätte es ein starkes Bündnis aus Gewerkschaften auf der einen Seite und aus studentischen Gruppen und Interessensvertretungen auf der anderen Seite gebraucht. Um auf kommende Konflikte vorbereitet zu sein, wäre schon jetzt an solchen Bündnissen zu arbeiten.

 

Ein Beitrag aus der Uni-von-Unten. Die Betriebszeitung für Hochschulen *Herbst 2019

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