Tag (((i)))-Demonstration in Leipzig

Ich bin Peter Nowak und halte den Redebeitrag auch im Namen von Achim Schill – warum wir unsere Namen nennen, wird gleich noch deutlich. – Zur Sa­che:

Seit ca. 2 Jahren ist die online-Zeitung linksunten verboten. Auch wenn dieses de facto-Medienverbot mit einem Vereinsverbot kaschiert ist, handelt es sich doch um einen klaren Grundrechtsverstoß. Am 16. Januar 2020 – knapp zwei Wochen vor dem Prozess, der am 29.1. vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Verbot von indymedia stattfgefunden hat – haben nun Unbekannte ein – nach eigenen Angaben – komplettes Archiv von links­unten.indymedia online gestellt:

https://linksunten.archive.indymedia.org/

Wir begrüßen die Initiative sehr. Denn wir hatten – zusammen mit Detlef Georgia Schulze – bereits in der Protesterklärung[1] Solidarisch zu sein, heißt sich dem Verbot zu widersetzen , die wir kurz nach dem Verbot veröffent­licht hatten (und die uns eine Anklage der Berliner Staatsanwaltschaft einbrachte [2]Pressemitteilung. Wir über die Staatsanwaltschaft. – Eine Entscheidung des Landgericht Berlins über Zulassung oder Nicht-Zulassung der Anklage steht weiterhin aus.), geschrieben: „wir hoffen, daß linksunten seine Daten und Strukturen so gesichert hat, daß linksunten bald wieder erscheinen kann.“ UnsereR Ko-AutorIn Detlef Georgia hat sich – im Kontext seiner/ihrer eigenen juristi­schen Bemühungen gegen das Verbot von linksunten.indymedia – entschieden, das (…) veröffentlichte Archiv zu spiegeln – und zwar mit einem namentlich ge­zeichneten Impressum:

http://links-wieder-oben-auf.net/impressum/.

Auch diese Initiative begrüßen wir, insofern sie dazu bestimmt ist, die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken: Das Vereinsverbot war Camouflage; angegriffen wurden eine Internet-Plattform und die Pressefreiheit.

Wenn die Konstruktion‚ Medienverbot via Vereinsverbot‘ durchkäme, könnte sie auch gegen jedes andere unliebsame Medium verwendet werden. Wir rufen – gera­de auch diejenigen, die nicht die nächsten sein wollen – dazu auf, dieser Entwick­lung entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen. Dieser Widerstand kann unserer Überzeugung nach nicht von der ‚linksradikalen‘ Szene allein effektiv getragen werden, sondern benötigt die Verbreiterung hin zu re­formistischen und linksliberalen Kräften. Dies aber nicht, um dem Protest die ‚revolu­tionäre‘ Spitze (falls eine solche vorhanden ist) zu brechen, sondern um das Grund­anliegen (Aufhebung des linksunten-Verbotes) eine breitere gesellschaftliche und politische Basis zu verleihen. Ansonsten mag jede Gruppe und Einzelperson, die sich am Protest beteiligen will, ihre eigenen Ansichten zum Ausdruck bringen.

Auch wenn es so scheinen mag: Diese Aufforderung kommt nicht nach Tores­schluss. Denn wir möchten betonen: Die juristische und politische Auseinanderset­zung um das Verbot wird auch mit dem Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem nachfolgenden Urteil nicht vorbei sein. Wir wissen nicht, was die weiteren Pläne der jetzigen Kläger*Innen sind. Aber absehbar dürfte sein: Wahrscheinlich zeitnah nach der Entscheidung des Bun­desverwaltungsgerichts wird sich das Landgericht Berlin mit der von der Staatsan­waltschaft gegen uns erhobenen Anklage wegen angeblicher Zuwiderhandlung gegen das linksunten-Verbot beschäftigen. Wir werden diesen Prozess – zusammen mit Detlef Georgia – zu einem zweiten Prozess gegen das Verbot machen – und wir werden dabei nicht als zu Unrecht mit dem HerausgeberInnen-Kreis von linksunten Identifizierte (das wirft uns die Staatsanwaltschaft eh nicht vor) sprechen, sondern als bekennende Leser*Innen und Autor*Innen, die so schnell wie möglich bei links­unten wieder publizieren wollen. Die jetzige Wieder-Veröffentlichung des Archivs, für die wir danken, ist zwar nur ein kleiner, aber – wie wir finden – wichtiger Schritt zu einem tatsächlichen Wiedererscheinen von linksunten.indymedia (auch mit neuen Artikeln).

Wir fänden es ein politisches Armutszeugnis für die linken und linksliberalen Kräfte in der Bundesrepublik, wenn dem Staat im Falle des online-Mediums linksunten.in­dymedia auf den ersten Schlag das dauerhaft gelingen würde, was dem Staat bei der gedruckten Zeitschrift radikal in etwa einem halben Dutzend Anläufen nicht ge­lungen ist: Das Medium platt zu machen.

Für eine (plurale) Linke, die wieder oben auf kommt!

Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit als Recht auf Dissens verteidigen!

Weitere Infos: http://systemcrashundtatbeilinksunten.blogsport.eu/

 

Update der Redaktion: Bei dem Prozess am 29.01.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig wurde die Klage gegen das Verbot von indymedia ohne Prüfung abgelehnt. In der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts heißt es dazu: “Zur Anfechtung des Verbots einer Vereinigung ist regelmäßig nur die verbotene Vereinigung selbst befugt, nicht dagegen Vereinsmitglieder oder Dritte” [3]https://www.bverwg.de/pm/2020/5

Beitragsbild: Hack-Master [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

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