Nachdem neben Ghana und Senegal nun auch Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsländer gelten, werden Asylanträge von Flüchtlingen aus diesen Ländern generell nicht mehr umfassend geprüft, sondern meist als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Für betroffene Flüchtlinge bedeutet dies, dass sich die Ausreisefrist bei einer Ablehnung des Asylantrags auf eine Woche verkürzt. Das gleiche gilt für die Klagefrist gegen eine negative Entscheidung. Darüber hinaus sind die Gerichte angehalten, innerhalb von einer Woche über eine Klage zu entscheiden. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Das bedeutet, dass ein Flüchtling abgeschoben werden kann, obwohl seine Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags noch läuft.
Mit Dreistigkeit wird bei der Begründung des Gesetzesentwurfes behauptet, dass „tatsächlich schutzbedürftige Asylsuchende“ aufgrund der „zumeist nicht aus asylrelevanten Motiven“ gestellten Asylanträge benachteiligt würden, weil weniger „Kapazitäten“ dafür zur Verfügung stünden. So versucht man gemäß dem Prinzip „Teile und Herrsche“ die Flüchtlingsgruppen auch gegeneinander auszuspielen. Dass die Menschen tatsächlich schutzbedürftig sind, zeigen zahlreiche Berichte diverser Menschenrechtsorganisationen sowie ein von ProAsyl in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten. Diese wurden aber ganz offensichtlich von den verantwortlichen Stellen nicht beachtet.Der Gesetzesinitiative vorausgegangen waren massive Hetzkampagnen diverser Medien und Übergriffe rassistischer Mobs gegen Zuwanderer und Flüchtlinge aus Südosteuropa in den letzten Jahren, man denke etwa an die Kampagne der NPD gegen Sinti und Roma, die Berichterstattung über das „Problemhaus“ in Duisburg und zahlreiche rassistische Übergriffe gegen Migrant*innen aus diesen Ländern. Wie bereits nach den Pogromen zu Beginn der 1990er Jahre ist es der Reaktion und dem rassistischen Straßenmob also wieder einmal gelungen, ihre Ziele zu erreichen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich ein großer Teil der Begründung des Gesetzesentwurfes so liest, als sei er für eben jene geschrieben, die tagtäglich gegen Immigrant*innen aus diesen Ländern hetzen.
Was können wir tun?
Unsere Aufgabe sollte es daher nicht sein, „Vorurteile“ gegen Einwanderer aus Südosteuropa zu widerlegen oder an die „Vernunft“ der Rassist*innen zu appellieren. Es geht vielmehr darum, die gesellschaftlichen Verhältnisse, die negative Zuschreibungen gegen Flüchtlinge aus diesen Ländern erst ermöglichen und begünstigen, anzugreifen. Dies bedeutet die faktische Ausgrenzung und Absonderung vieler Zuwanderer und Flüchtlinge endlich zu beenden. Lager und Sammelunterkünfte gehören geschlossen, alle rassistischen Sondergesetze abgeschafft. Besonders das deutsche „Blutrecht“, das etwa die Abschiebung hier geborener Menschen auch nach Jahrzehnten ermöglicht sowie bestimmte Stereotype vom Anderen spielen bei der Konstruktion einer Ideologie, die einteilt in solche, die hierher gehören und solche, die es nicht tun, eine große Rolle. Hier sollten wir intervenieren und den betroffenen Menschen solidarisch zur Seite zu stehen.