Seit Juni 2011 verbüßte der 41 jährige Shahrokh Zamani eine elfjährige Haftstrafe wegen seiner gewerkschaftlichen Aktivitäten. Am 13. September dieses Jahres fanden Mithäftlinge ihn tot in seiner Zelle auf. Der Tod scheint die Folge eines Schlaganfalls zu sein. Amnesty International fordert eine unabhängige Untersuchung, die bisher aber noch aussteht.
Der Maler und Dekorateur war Mitglied im „Komitee zur Einrichtung von Arbeiterorganisationen“, einer NGO, die für das Recht auf freie, staatlich unabhängige Gewerkschaftsaktivität kämpft, sowie im Gründungskomitee für eine unabhängige Malergewerkschaft. Der iranische Staat verbietet die Gründung unabhängiger Gewerkschaften und ahndet derlei Aktivitäten mit Schikanen, Entlassungen und Haftstrafen. Am 5. Juni 2011 wurde Shahrokh Zamani von Geheimdienstmitarbeitern verhaftet. Es folgten Wochen psychischer und physischer Folter um ein Geständnis zu erzwingen, wogegen er mit einem Hungerstreik protestierte. Nachdem er über 27 kg Gewicht verlor, verlegt man ihn in das Zentralgefängnis von Täbris. Die Anklage erfolgte im August. Wegen „Handlungen gegen die nationale Sicherheit durch Gründung und Mitgliedschaft in einer oppositionellen Gruppe“ und „Verbreitung von Propaganda gegen das System“ wurde Zamani zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Hinter den Anklagepunkten verbargen sich schlicht seine friedlichen gewerkschaftlichen Aktivitäten. Sein Anwalt hatte während des Prozesses niemals Zugang zu den Akten und durfte auch nicht vor Gericht sprechen. Im Oktober 2012 wurde Zamani ins Gefängnis Raja‘i Shahr in Karaj, nordwestlich von Teheran, verlegt. Anfang des Jahres 2014 starb seine Mutter und am Ende des Jahres heiratete seine einzige Tochter. Beide Male wurde ihm die Teilnahme verweigert.
Unmenschliche Haftbedingungen
Die meisten iranischen Knäste sind überfüllt. In einigen Abteilungen des Evin-Gefängnisses stehen in einen Raum von 20 m2 18 Betten für 28 Insassen. Die gesamte Abteilung hat nur fünf Toiletten und Duschen für 200 Personen. Dass die extrem schlechten Haftbedingungen Shahrokh Zamanis frühen Tod verursachten, liegt auf der Hand. Schon seit September 2014 wartete er auf eine Untersuchung seines Gehirns (MRT). Er litt unter Kopfschmerzen und Schwindelanfällen. Dass Gefangenen notwendige medizinische Hilfe verwehrt wird, ist laut Berichten von Amnesty International keine Seltenheit. So erging es auch Reza Shahabi Zakaria, der 2010 wegen seiner Tätigkeit als Schatzmeister einer Busfahrergewerkschaft in Teheran zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Seit 2012 klagte er über Taubheit in einer Körperhälfte. Tatsächlich wurde er außerhalb des Gefängnisses operiert, jedoch, allen ärztlichen Empfehlungen entgegen, unmittelbar danach zurück ins Gefängnis verlegt. Infolge litt er weiterhin an Nasenbluten, schwankenden Blutdruck und Taubheitsgefühl in den äußeren Gliedmaßen. Während einer brutalen Razzia am 10. August 2013, bei der viele Gefangene verletzt wurden, warfen die Sicherheitskräfte auch den bettlägerigen Reza Shahabi auf den harten Boden. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich daraufhin zunehmend. Er klagte über Lähmungserscheinungen im Fuß, heftige Rückenschmerzen und eine erkrankte Leber. Im September 2013 stellte eine Tomographie im Gefängnis fest, dass drei Wirbel beschädigt waren. Die Operation erfolgte aber erst im Oktober 2014.
Gewerkschaften im Fadenkreuz
AktivistInnen setzen sich durch ihr Engagement der stetigen Gefahr aus, diese Haftbedingungen am eigenen Leib zu erfahren. Die Verbote von Maidemonstrationen werden mit Gewalt durchgesetzt. Kritik an schlechten Arbeitsbedingungen und staatlicher Repression ziehen schnell eine Anklage wegen „Verbreitung von Propaganda gegen das System“ und „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“ nach sich. Dennoch existieren unabhängige Gewerkschaften in vielen Branchen und kämpfen für ihre Rechte. So unter den ZuckerrohrarbeiterInnen, den BäckerInnen, den MetallarbeiterInnen und den LehrerInnen. Sie bekämpfen lebensgefährliche Arbeitsbedingungen, fordern bessere Arbeitsschutzmaßnahmen sowie die Auszahlung vorenthaltener Löhne. Tausende IranerInnen sind davon betroffen.
Die legalen Arbeitervertreter leisten ihren Teil, dass sich an den untragbaren Zuständen nichts ändert. Tatsächlich gibt es nur zwei staatlich anerkannte Arbeiterorganisationen. Die Islamischen Arbeiterräte und die Vereinigung der Arbeitervertreter. Wer sich in diese Gremien wählen lassen will, muss sich zunächst einer diskriminierenden Überprüfung unterziehen. Wer seine aktive Glaubensausübung und ideologische Übereinstimmung mit der Regierung nicht glaubhaft machen kann, dem wird die Kandidatur verwehrt. In der Konsequenz sind die Räte arbeitgebernah und melden eher Störungen, als dass sie sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen. Die Islamischen Arbeiterräte blockieren den Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen doppelt. Laut Gesetz darf es nur ein Arbeitervertretungsgremium pro Betrieb geben. Wo ein Islamischer Arbeiterrat aktiv ist, kann also keine Gewerkschaft legal Fuß fassen. Zwar ist es seit 2003 im Iran legal Gewerkschaften zu gründen. Praktisch unternimmt der staatliche Repressionsapparat aber alles um eine effektive Organisation zu verhindern. Behördliche Registrierungen werden verschleppt oder schlicht verweigert, so dass keine legale Arbeit möglich ist. Die Gründung der unabhängigen Busfahrergewerkschaft Teherans wurde von der Staatsmacht aggressiv behindert. Dreimal stürmten Polizisten die Gründungsveranstaltung und verletzten ArbeiterInnen, so dass die Gründung immer wieder verschoben werden musste. Nachdem die Gewerkschaft 2005 schließlich doch gegründet wurde, verhaftete die Polizei kurzerhand den gewählten Vorsitzenden Mansour Ossanlu. In Reaktion darauf begannen die Gewerkschaftsmitglieder einen Streik für Ossanlus Freilassung und die Anerkennung ihrer Gewerkschaft. 500 Streikende wurden kurzzeitig verhaftet und 40 von ihnen später gefeuert. Ossanlu wurde 2007 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Auch seine Gesundheit verschlechterte sich drastisch. 2011 erlitt er einen Herzanfall.