Im vergangenen Jahr machte der Paketdienstleister UPS vor allem mit der Verhinderung von Betriebsräten, dem sogenannten Betriebsrats-Bashing, auf sich aufmerksam. Eine alternative Liste am Standort Hannover wollte die miesen Arbeitsbedingungen und die Untätigkeit des gelben Betriebsrats nicht länger hinnehmen (die DA berichtete in Ausgabe 229). Nun konnte sie einen wichtigen gerichtlichen Erfolg einstreichen. Die DA erkundigte sich bei Fritz Wilke, einem der Widerständigen bei UPS, zum aktuellen Stand der Dinge.
Am 27.11.15 hat das Arbeitsgericht Hannover die von euch angefochtene Betriebsratswahl bei UPS Hannover für ungültig erklärt. Zuvor hatte sich das seit über einem Jahr andauernde Verfahren in die Länge gezogen. Nun wurde euer Durchhaltevermögen belohnt. Ein voller Erfolg?
Das ist wahrlich eine lange Zeit. Dafür, dass wir eigentlich bei der BR-Wahl im Februar 2014 antreten wollten, ist reichlich Zeit vergangen. Die Rechtsanwälte der Gegenseite haben es geschickt verstanden, durch ständige Terminverschiebungen wegen „Unabkömmlichkeit“ das Verfahren in die Länge zu ziehen. Auch die Beweisaufnahme durch ein Gutachten hat viel Zeit gekostet, aber das war es auch wert. Einen vollen Erfolg würde ich den Gewinn in der ersten Instanz noch nicht nennen, aber es ist ein großer und wichtiger Schritt zu einem vollen Erfolg. UPS hat bereits per Aushang im Betrieb angekündigt, gegen dieses Urteil anzugehen. Wir können uns also darauf einstellen, dass wir uns vor dem Landesarbeitsgericht wiedersehen.
Ein wesentlicher Bestandteil des Urteils war, dass der Betriebsrat die nicht deutschsprachigen MitarbeiterInnen nicht ausreichend über die anstehende Wahl informiert hat. Wie bewertest du diesen Punkt?
Dieser Punkt ist der eigentliche Blockbuster des Verfahrens und war auch ausschlaggebend für das Urteil. Gerade jetzt müssen wir davon ausgehen, dass viele der Schutzsuchenden aus Syrien, Somalia oder Afghanistan, die uns erreicht haben oder noch erreichen werden, vor allem in diesem prekären Beschäftigungsfeld landen. Auch diese Menschen werden Probleme haben, die Wahlausschreibungen zu verstehen, wenn sie nur auf deutsch aushängen. Deshalb ist dieser Punkt so wichtig und gebietet eine richtungweisende Entscheidung – möglichst sogar vom Bundesarbeitsgericht. Gerade bei der Mitbestimmung im Betrieb sollte die Integration nicht aufhören. Man sieht ja, wohin das führt, wenn man die Arbeitsbedingungen bei UPS genauer unter die Lupe nimmt: Missbrauch von Teilzeit und Befristung, Unterdrückung und Willkür durch das Management sind hier an der Tagesordnung.
Der juristische Erfolg ist die eine Sache. Wie aber sieht die Organisierungsbereitschaft im Betrieb aus? Ein so langes Verfahren ist ja auch immer ein Bremsklotz.
Leider ja. Die wenigsten haben so viel Geduld und Durchhaltevermögen und das kann ich auch nachvollziehen. Die KollegInnen befinden sich in einer Situation der permanenten Unsicherheit, wer will das schon länger als nötig aushalten. Ich denke aber, dass dieser Erfolg vor Gericht Mut macht, durchzuhalten. Wenn neu gewählt wird, werden die KollegInnen nicht vergessen haben, wer für sie gestritten hat. Wichtig ist natürlich das Verbreiten der Erfolgsnachrichten im Betrieb durch Aushänge, Flyer und in den sozialen Medien. Von UPS kommt da natürlich nichts, das müssen wir schon selber machen. Über die Zeit ist aber auch eine Struktur gewachsen, die das Verbreiten von Neuigkeiten ermöglicht und die unbeobachtet von UPS agieren kann. Auch dieses Interview wird dabei helfen.