Mit „closed shop“ meint man im Gewerkschaftsjargon nicht etwa einen Eckladen außerhalb seiner Geschäftszeiten, sondern eine Form gewerkschaftlicher Praxis, die es in sich hat. Denn dahinter verbirgt sich eine der stärksten Ausdrücke gewerkschaftlicher Macht. Und gerade, weil Macht damit verbunden ist, hängt der Charakter des Closed-Shop-Prinzips im konkreten Fall ganz davon ab, wer es zur Anwendung bringt. In einer kämpferischen und solidarischen Gewerkschaft kann es wichtig für die Entfaltung von Gegenmacht sein; in einer Bonzengewerkschaft bildet es häufig die Quelle korrupter Machtpolitik.
Closed Shop (CS) steht für einen Betrieb, in dem alle ArbeiterInnen einer bestimmten Gewerkschaft angehören müssen. Diesen Status muss sich eine Gewerkschaft erstmal erkämpfen, und im äußersten Fall erkämpft sie sich gar das Recht, selbst über die Auswahl der einzustellenden ArbeiterInnen bestimmen zu dürfen. Verbreitung fand der CS v.a. Mitte des 20. Jahrhunderts in Nordamerika (wo er noch heute z.T. vorzufinden ist), später auch in anderen englischsprachigen Ländern. Hierzulande ist er dagegen fast unbekannt.
Anfänglich erkämpften Gewerkschaften CS-Regelungen vor allem dort, wo Arbeitskräfte leicht zu ersetzen waren. Der Hire-and- Fire-Politik sollte mit dem CS begegnet werden, um einen kontinuierlichen Gewerkschaftseinfluss zu ermöglichen. Schließlich wurde dieses Prinzip sogar zu einem effizienten Mittel gegen innerbetriebliche Lohnkonkurrenz und Streikbruch. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Noch in den 1950ern waren die New Yorker Müllmänner mies bezahlt, schlecht organisiert und leicht ersetzbar. Indem ihre Gewerkschaft den CS bei der Müllabfuhr durchsetzte, formte sie sich selbst eine scharfe Waffe. Nachdem ihre Arbeitskämpfe nicht mehr durch Entlassungen und Streikbrecher untergraben werden konnten, bekam die Stadt das Gewicht eines Müllabfuhrstreiks in Reinform zu spüren – mit entsprechenden Erfolgen und Verbesserungen.
Auch in Großbritannien konnten nach dem 2. Weltkrieg die Gewerkschaften vielerorts CS-Regelungen durchsetzen. Die Macht der britischen Gewerkschaften, die noch in den 1970ern ständige Lohnerhöhungen erkämpften, beruhte wesentlich darauf. Maggy Thatcher wusste das. Als sie in den 1980ern zum Generalangriff auf die Gewerkschaften blies, verbot sie schnell das CS-Prinzip; gegen Zuwiderhandlungen ging sie rigoros polizeilich und juristisch vor. Thatcher argumentierte dabei gegen den Zwang, den die Gewerkschaften ausübten, und forderte eine „Demokratisierung“ der Betriebe.
Wenn auch Thatcher damit lediglich in heuchlerischer Weise Partei für den Zwang der Kapitalisten ergriff, so hatte sie dennoch nicht ganz Unrecht. Nicht selten waren Gewerkschafter korrupt und nutzten ihre Stellung am Einstellungshebel für eine neue Form von Geschäft. Dem nicht unähnlich korrumpierten sich gerade in den USA Gewerkschaften zunehmend über den CS, indem sie mafiöse Elemente anzogen, die darin ein lukratives Geschäftsfeld als Zwischenhändler von Arbeitskräften sahen. Der Film „Die Faust im Nacken“ mit Marlon Brando behandelt eindrucksvoll diese Form „gewerkschaftlicher Leiharbeit“.
Dennoch bietet das CS-Prinzip auch große Potentiale für eine kämpferische Gewerkschaftsarbeit. Das zeigt das Beispiel der syndikalistischen SAC in Schweden. Im Rahmen ihrer Registermethode zur Durchsetzung besserer Löhne (siehe DA 190) setzt sie auf Elemente des CS, wobei auch sie Unternehmen mit Arbeitskräften versorgt und damit die Einstellungs- und Entlassungsfreiheiten der Firmen einschränkt. Gleichzeitig erfolgt die Auswahl der Arbeitskräfte nach solidarischen Kriterien (wer benötigt den Job am meisten), während VorarbeiterInnen demokratisch bestimmt werden.
Es wäre eine Diskussion wert, ob die Anwendung des CS-Prinzips, rückgekoppelt an die revolutionäre Gesamtstrategie einer solidarischen Gewerkschaft, nicht sogar eine Vorstufe für die Übernahme von Betrieben sein kann.