1. Mexiko
Sie nennen sich „Indignados“, die Empörten. Und empört ist man in Mexiko nicht nur über die steigende Arbeitslosigkeit, ein katastrophales Gesundheitswesen und schwer zugängliche Bildung. In Mexiko ist man vor allem empört über einen blutigen Drogenkrieg, der im eigenen Land wütet und täglich neue Opfer fordert. Für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie gingen am 15.Oktober mehrere tausend Menschen in Mexiko-Stadt auf die Strasse. Die anhaltende Gewalt und die ständig steigende Armut waren die herausragenden Themen der Demonstrationen in Mexiko-Stadt, Guadalajara, Monterrey, Ciudad Juárez, Xapala, Acapulco und Oaxaca. Angesichts der Gewalt im Lande hatte sich bereits im Mai ein Friedensbündnis aus diversen Einzelpersonen und zivilgesellschaftlichen Gruppen gebildet, die die Regierung zu einem Strategiewechsel bewegen wollen. „No más sangre, no más hambre“ – „Kein Blut mehr, keinen Hunger mehr“, riefen auch die Demonstranten am Revolutionsdenkmal der Hauptstadt. Seit der Amtseinführung des heutigen Präsidenten Felipe Calderón, vor fünf Jahren, forderte der Militäreinsatz unter dem Vorwand des „Krieges gegen den Drogenhandel“ bereits über 34 000 Tote.
2. Italien
Italien wartete zum 15. Oktober mit einer der wohl größten Demonstrationen des weltweiten Aktionstages der „Empörten“ auf. So kamen laut offizieller Schätzungen an diesem Tag rund 200.000 Demonstranten zur zentralen Demonstration nach Rom. Aus mehr als 50 Provinzen kamen 750 Reisebusse mit Demonstranten, um dem von gut 160 Organisationen unterschriebenen Aufruf des „Coordinamento 15 Ottobre“ Folge zu leisten. In weiteren Städten Italiens wurden begleitende Sit-Ins oder Konferenzen organisiert. Die Proteste in Rom waren jedoch nicht nur die größten, sondern auch die gewalttätigsten des Aktionstages. So sind in Flammen aufgegangene Privat-PKWs und Polizeifahrzeuge, ein gestürmter Edelsupermarkt, ein Brandanschlag auf eine Außenstelle des Verteidigungsministeriums und ca. 70 Verhaftungen die Bilanz des Tages. Seither scheiden sich die Geister sowohl über den Charakter als auch den Sinn und Zweck der Ausschreitungen. Für einige mag bereits das eigenständige Motto „Rise up!“ (im Gegensatz zum offiziellen „United for Global Change“) einen Vorgeschmack auf die zu erwartenden Ausschreitungen gegeben haben. Und so beeilte sich denn auch ein Teil der Medien, insbesondere die Organisatoren aus dem Umfeld der sog. „Centri Sociali“ als Erben der terroristischen „Brigate Rosse“ auszumachen. Andere hingegen distanzieren sich zwar ausdrücklich von den Brandanschlägen, sehen als Hauptgrund für die Eskalation aber die miserable und aggressive Strategie der Polizei und die tiefgreifende Verzweiflung großer Teile der in ständig steigende Prekarität gezwungenen Bevölkerung. Es beginnt offenbar zu brodeln, in einem Land, das ständig an der Grenze des Bankrotts steht und in dem der Sozialstaat kaum noch existiert.
3. Holland
In Amsterdam, Den Haag, Rotterdam und Utrecht kamen über 2000 Menschen zusammen. Die größte Demonstration fand in Amsterdam statt. Die Demoroute führte direkt zur Niederländischen Zentralbank. Die Protestierenden kritisierten vor allem das korrupte Bankensystem und die weltweite Ungerechtigkeit. Die Finanzkrise betrifft die Niederlande zwar weniger stark als andere europäische Länder, trotzdem ist man sich einig. Das alte System hat ausgedient. Der Kapitalismus soll reformiert werden. Einige Demonstranten verbrachten die Nacht vor der Börse. In Zelten besetzten 60 Aktivisten den Beursplein-Platz.
4. Spanien
Die spanische Bewegung „15-M“ hatte den weltweiten Aktionstag bereits im Sommer angekündigt und per Internet beworben. In Madrid kamen dann auch mehr als 50.000 Menschen zusammen, um dort, wo vor einem halben Jahr alles begonnen hatte, erneut zu demonstrieren. Im Herkunftsland der „Indignados“ gingen mehrere Millionen Menschen auf die Straße, insgesamt nahmen 70 spanische Städte an den Protesten teil. Überall waren die Demonstrationen deutlich größer und stärker als noch im Mai. In Madrid musste den Teilnehmern, die noch am Sammelplatz der Demonstration warteten, sogar erklärt werden, dass die Plaza del Sol schon überfüllt war. Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise vor vier Jahren ist die Zahl der Arbeitslosen in Spanien um 3,2 Millionen gestiegen. 1,425 Millionen Haushalte gibt es mittlerweile, in denen jeder Erwerbsfähige keinen Job hat. Dennoch wird besonders auf den Kundgebungen betont, dass es nicht eine Bewegung sei, die sich allein aus ökonomischen Interessen speist, sondern dass es sich um eine Demokratiebewegung handelt.