Die Diskussion um Urheberrechte ist spätestens mit der sog. Antipiraterie-Initiative ACTA kräftig in Gang gekommen. Linke und liberale BürgerInnen mobilisieren zu Demonstrationen gegen das Abkommen; der Chaos Computer Club, Linkspartei und Grüne fordern eine gesetzliche Verkürzung und Flexibilisierung von Schutzfristen für urheberrechtlich geschützte Werke; insbesondere die Piraten trommeln für eine umfassende Reform der Urheberrechts.
Für ein besonders großes Medienecho im Rahmen der Urheberdebatte sorgte Sven Regener, Sänger der Pop-Rock-Band „Element Of Crime“. In einem Interview bei Bayern 2 hatte dieser gepoltert: „Es wird so getan, als ob Kunst ein exzentrisches Hobby sei. Und das Rumgetrampel darauf, dass wir uncool seien, wenn wir darauf beharren, dass wir diese Werke geschaffen haben, ist im Grunde genommen nichts anderes, als dass man uns ins Gesicht pinkelt.“ Für Regener vermitteln die Vertreter einer umfassenden Gemeinfreiheit eine provokante Botschaft an die KünstlerInnen: „Euer Kram ist nichts wert. Wir wollen das umsonst haben. Und wir scheißen drauf, was Du willst.“ Sein Urteil: „Eine Gesellschaft, die so mit Ihren Künstlern umgeht, ist nichts wert“.
Worin Regener zumindest aus gewerkschaftlicher Sicht Recht gegeben werden muss, ist, dass Kreativarbeit für viele Menschen nicht bloß ein Hobby, sondern eine existentielle Erwerbsquelle ist – so wie für den Fliesenleger das Legen von Fliesen. Ein Lockerung oder gar Aufhebung des Urheberrechts würde deshalb nicht nur „böse“ Konzerne treffen, sondern auch und insbesondere diejenigen, die ein Werk geschaffen haben: die eigentlichen UrheberInnen. Leider wird die Urheberrechtsdebatte an dieser Stelle häufig sehr indifferent geführt, wird die Frage nach Urheberrechten und unternehmerischen Verwertungsrechten – etwa in Form von Total-Buyout-Verträgen, wie sie in vielen Branchen üblich sind – gerne in einen Topf geschmissen.
In der Schweiz, wo die Debatte in einer ähnlichen Weise geführt wird, hat sich deshalb eine Gruppe von KünstlerInnen mit dem Namen „Musikschaffende Schweiz“ gegründet. Diese macht Lobbyarbeit für den Erhalt des Urheberrechts. Dem Argument, das Urheberrecht würde lediglich Großkonzernen ermöglichen, KonsumentInnen weiter zu schröpfen, halten sie entgegen, dass dieses die UrheberInnen überhaupt erst in die Lage versetzt, Bedingungen an die Konzerne zu stellen, eine annehmbare Verhandlungsposition zu haben und bei zu schlechten Bedingungen auch kein Arbeitsverhältnis mit dem Konzern eingehen zu müssen.
„Alles für alle – und zwar umsonst!“ lautet ein beliebter Slogan unter linken DemonstrantInnen, den man unterschwellig auch in der Urheberrechtsdebatte zu vernehmen meint. Eine Gewerkschaft, die auch die Interessen von Mitgliedern aus der sog. Kreativwirtschaft wahren möchte, kann dem kaum ungeteilt zustimmen. Denn solange Lohnabhängigkeit existiert, wäre eine solche Umsonstkultur höchst problematisch. Einer entsprechenden Reform des Urheberrechts müssten zumindest Maßnahmen vorausgehen, die Kreativen unabhängig von diesem Recht die Existenz sichern. Vorschläge, die bereits diskutiert werden, sind eine „Kulturflatrate“ oder das „Bedingungslose Grundeinkommen“. Doch auch hier ist fraglich, wie realistisch die Umsetzung solcher Konzepte innerhalb der gegebenen Verhältnisse überhaupt ist.
Und das Problem reicht noch weiter: Denn das Urheberrecht sichert nicht nur vielen (prekarisierten) Kreativen die materielle Existenz, es schützt Sie auch vor dem Missbrauch ihrer Werke. Wenn etwa Nazis und Waffenlobbyisten sich eines fremden Werkes bedienen, kann der Urheber dagegen klagen. Gänzlich ohne Urheberrecht wäre das nicht mehr möglich.