Die Sache mit der Care-Ökonomie zeigt meiner Meinung nach glasklar: Den Menschen mangelt es nicht an Liebe und Mitgefühl, den Menschen mangelt es an Verachtung und Grausamkeit. Was es braucht, sind Hohn und Spott. Das sind harte Worte – ich will sie erklären.
Care heißt heute, dass Menschen sich um Menschen kümmern und das Ganze trotzdem eine unmenschliche Angelegenheit ist, weil in der ganzen Ökonomie der Mensch verloren geht wie der Baum im Wald. Die Wirtschafterei ist wie eine fabelhafte Zauberbohne, und wer arbeiten geht, wächst in den Himmel hinein und verliert sich zwischen den Wolken. Außerdem fliegen Krankenbetten nicht sonderlich gut. Die Clownerie an dieser Stelle ist, dass der Mensch sowohl Anfang als auch Ende von Care ist, es aber schafft, niemals dessen Mittelpunkt zu sein. Voller Inbrunst dreht der Mensch bekümmerte Kreise um sich selbst, so ähnlich wie sich der Grüne Punkt im Müll, oder verloren wie eine Ballerina vor dem blutrünstigen Publikum, welches bei jedem Taumeln mehr Schaum vor dem Maule stehen hat, bis das Verhängnis irgendwann kommen wird. Die johlenden Zwischenrufer künden mit jedem Ruf davon, dass sie es immer schon gewusst haben wollen, und jene, die im Rampenlicht stehen, können mit den Bergen von Beschwerden nicht mehr umgehen, außer dass sie jetzt etwas haben, mit dem sie ihre Kaschemme beheizen könnten: Billiges Papier aus Beschwerdebriefen.
Wenn sich die Sache dann zwischen Altenpflege, Krankenbett und Kinderzucht zuspitzt, und die ganzen Frauen und Mädchen der Migrantenfamilien kommen um für vier Euro Stundenlohn mitten in der Nacht die Klos zu putzen, und sich dann noch über deren Zustände beschwert wird, dann lässt sich die Rolle mit kaum mehr Hingabe aufrecht erhalten. Was hier nach örtlicher Bild-Zeitung klingt, ist es auch: Konservativ zu sein, heißt an die Katastrophe zu glauben. Das allein ist schon eine ziemlich deutsche Angelegenheit. Der Wert des Werteverfalls, der von deutschen Hetzblättern an die Wand gemenetekelt wird, klingt aber nicht zufällig ganz ähnlich dem Wert der Verwertungslogik dieser Gesellschaft.
Anarchistisch zu sein heißt vielleicht auch so etwas wie diese konservative Position anzuerkennen, aber nicht, um sich darin wohlzufühlen und sich in Mitgefühl zu ergehen. Es ist eine verdammt witzige Angelegenheit, wie diese Gesellschaft vor die Hunde geht, wenn man sich heraus nimmt, sich nicht dafür verantwortlich zu fühlen. Das möchte ich hiermit nahelegen. Sich diese Geste heraus zu nehmen ist vielleicht grausam, aber wie ich eingangs erwähnte, mangelt es meiner Meinung nach den Menschen ja genau daran. Damit etwas umgekrempelt werden kann wie ein Stück Kleidung, braucht es darüber das differenzierte Urteil: Wo ist der Kragen, wo ist das Loch zum Durchziehen? In der Care-Ökonomie liegt dieses Loch wohlmöglich weit weniger in der Ökonomie, also den gesellschaftlichen Ansprüchen daran, als in einem selbst. Da muss man ja nur mal in sich hineinhorchen. Auf Links gekrempelte Care-Arbeit heißt daher, dass jedeR sich zuerst selbst in den Mittelpunkt der eigenen Kümmerei begeben muss. Wenn das nicht geht, weil irgendein Verwertungsmensch mit moralinsauren Ansprüchen daherkommt, aber selbst nicht arbeitet, sondern Leute rausschmeißt und den Lohn kürzt, dann muss man dessen Katastrophismus in keinster Weise nachkommen, sondern sich darüber lustig machen. Die Welt wäre ein besserer Ort.