Die Welt brennt. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es nicht so viele Menschen gegeben, die aufgrund von Krieg, Hunger und Not dazu gezwungen wurden, ihre Heimat zu verlassen: Laut UNHCR-Schätzung waren es bereits im Juni (also noch vor Erstarken des IS) über 50 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht waren.
Auch vielen Menschen hierzulande macht die globale humanitäre Katastrophe große Sorge. Leider aber ist ihre Sorge eine ganz andere, als man sie von verständigen und mitfühlenden Wesen in dieser Situation erwarten würde: denn ihre Sorge ist die Sorge um sich und um die Nation, der sie zufälligerweise angehören; um ihre Identität, ihr Deutschtum, ihr Volk. Ihre Feinde sind der IS sowie angeblich der Faschismus; aber ihre Feinde sind gleichermaßen diejenigen, die gegen den IS kämpfen und der Antifaschismus. Die gleiche „ postideologische“ Verwirrung, die zur politischen Kapitulation der Piratenpartei geführt hat, weder links noch rechts sein zu wollen, setzt sich bei AfD, Pegida, neuen Friedensbewegten, besorgten Bürgern usw. fort. Wie bei einem leeren Gefäß, das mit den unterschiedlichsten Flüssigkeiten aufgefüllt werden will, bildet sich ihre gesellschaftspolitische Verwirrung aus sich diffus zusammensetzenden Versatzstücken der unterschiedlichsten und sich häufig widersprechenden Ideologien wie Christenheit (Abendland) und Nationalismus, Humanismus („Werte“) und Chauvinismus, Religiosität und Atheismus. Sie verstehen im wahrsten Sinne des Wortes nicht, was auf der Welt und was in der Gesellschaft, in der sie leben, vor sich geht. Ihnen fehlt eine begriffliche Apparatur genauso wie ein moralischer Kompass, der auf ihr gründen könnte. Große Teile der Berufspolitik, allen voran die CSU, nutzen seit Langem den einzigen gemeinsamen Nenner der Bewegung, die Ausländerfeindlichkeit, zum Stimmenfang und schüren diese damit weiter. Ihre Vorschläge wie zuletzt etwa die völlig hirnverbrannte Forderung danach, seine Muttersprache nicht mehr im Familienkreis zu sprechen, folgen dem Zweck, dem eigenen und dem allgemeinen Ressentiment zu entsprechen und sich anzubiedern. Auch dahinter stecken die Ablehnung und die Angst vor dem Fremden, dem Anderen. Dem Anderen, durch dessen Erfahrung gelungene Bildung notwendig erst immer noch hindurchgehen muss.