Angriff auf die Gewerkschaftsrechte an der Berliner Humboldt-Universität

Ende Juli wurde die Klage eines IT-Beschäftigten an der Berliner Humboldt-Universität (HUB) abgewiesen. Der ehemalige Personalrat und Gewerkschafter Moritz W., der seinen vollständigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, hatte gegen die Hochschule geklagt, weil sie ihm mit Verweis auf seine Streikaktivitäten eine erneute Anstellung im IT-Bereich verweigerte.

Er hatte 2018 mit Sprühkreide einen Streikaufruf an der Fassade der Juristischen Fakultät der HUB angebracht. Ein Jurastudent hatte die Aktion fotografiert und die Polizei gerufen. Eine Anklage wegen Beschädigung eines denkmalgeschützten Gebäudes wurde unter Auflagen eingestellt. W. musste Sozialstunden leisten und für die Reinigung des Mauerstücks 700 Euro bezahlen.

Dass er nun deshalb aus Sicht der Verwaltung der Universität nicht mehr geeignet sei, im IT-Bereich der HUB zu arbeiten, ist für Moritz W. ein Angriff auf die Gewerkschaftsrechte. Ein Vertreter der HU-Verwaltung begründete gegenüber dem Gericht die Ablehnung einer erneuten Beschäftigung mit der Befürchtung, der Gewerkschafter könnte eine ähnliche Aktion wiederholen. Unterstützung bekam der Kläger von unterschiedlichen Gewerkschaften. DieVerdi-Gewerkschaftssekretärin Jana Seppelt, die den Prozess beobachtete, erklärte, dass die Verwendung von Sprühkreide häufiger Teil von Streikaktivitäten ist und es deswegen keine Repressalien gegen Beschäftige geben dürfe. Das ist ein Fortschritt innerhalb von Verdi. Noch im letzten Jahr distanzierte sich ein Mitarbeiter der Verdi-Presseabteilung von der Sprühkreideaktion. Beim Prozesstermin war auch ein Mitglied der DGB-Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) als Prozessbeobachter vertreten. Er wollte seine Solidarität ausdrücken, wenn Kolleg*innen wegen Streikaktionen im Job gemaßregelt werden, so seine Begründung.

FAU-Symbol führte zum Abbruch des ersten Prozesses

Auch Mitglieder der Berliner FAU gehörten zu den solidarischen Prozessbeobachter*innen. Allerdings trugen sie dieses Mal keine Masken mit dem FAU-Symbol, wie beim ersten Verhandlungstag am 11. November 2020. Damals wetterte der Richter gegen die solidarischen Prozessbeobachter*innen unter anderem wegen dieser Masken und zeigte auch sonst, dass er kein Freund von Gewerkschaftsrechten ist. Deswegen stellen die Anwält*innen des Klägers einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Der Prozess wurde schließlich vertagt und dann mehr als sieben Monate später mit einer Richterin neu aufgerollt. Obwohl sie in der Sache moderat auftrat, hat sie die Klage von Moritz W. jetzt abgelehnt. Der will weiter klagen und bekommt Rechtsschutz von Verdi. Wichtiger aber ist, dass auch die Solidaritätsarbeit weitergeht.

In dem Komitee „Mo bleibt“ arbeiten Kolleg*innen der FAU mit denen verschiedener DGB-Gewerkschaften zusammen. Mehrere gewerkschaftlich engagierte Beschäftigte an der HUB beteiligen sich an der Solidaritätsarbeit, weil sie selber das „autoritäre Klima“ an der Hochschule zu spüren bekommen. Das ist nicht nur für die Beschäftigten seit Jahren ein Problem. Auch der Refrat (Referent_innenRat), wie der AstA (Allgemeiner Studierenden Ausschuss) an der HUB heißt, ist öfter mit der HUB-Verwaltung in Konflikt geraten, wenn er sich kritisch äußerte. Als vor einigen Jahren engagierte Studierende sogar noch mal eine Besetzung von Hörsälen an der HUB unternahmen, wurden sie auf Antrag der HUB-Leitung von der Polizei geräumt und angezeigt. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Kollege, der mit Sprühkreide eine Streikparole angebracht hat, in der Lernfabrik HUB nicht erwünscht ist. Es könnte sich ja wieder mal eine Gelegenheit bieten, Streikparolen zu malen.

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