In Rojava oder besser der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien (DFNOS)[1]Rojava verweist auf das Konzept einer kurdischen Autonomie-Region und heißt auf Kurmandschi in etwa „Westen“. Mittlerweile hat sich die Revolution jedoch von einem kurdischen Projekt immer stärker zu einer multiethnischen Basisdemokratiebewegung entwickelt, weshalb der Verweis auf den Westen der kurdischen Siedlungsgebiete der Bewegung selbst nicht mehr passend erscheint. In der Folge wird daher nur noch von der DFNOS gesprochen. ist seit mehreren Jahren eine Revolution in Gang, die kaum jemand für möglich gehalten hatte: 2013 füllten lokale Räte der freiheitlich-kurdischen Bewegung das im syrischen Bürgerkrieg entstandene Machtvakuum. Es wurden Bildungseinrichtungen, Frauenhäuser, Kooperativen und lokale Selbstverteidigungseinheiten gegründet. Unter einem gemeinsamen Gesellschaftsvertrag entwickelte sich eine Föderation mehrerer Kantone, in denen u.a. Frauen und auch ethnische wie religiöse Minderheiten auf allen Ebenen der Selbstverwaltung präsent sind. Schätzungen zufolge leben in der Selbstverwaltung heute über 5 Millionen Menschen. Militärisch hat sich die Föderation seit ihrer Entstehung sowohl gegen den Daesh, den sogenannten „Islamischen Staat“, als auch gegen die Türkei und von ihr unterstützte dschihadistische Milizen zu verteidigen.
Die Werte dieser Föderation – Lokalismus, Basisdemokratie, Feminismus, Nachhaltigkeit, Antifaschismus, Bedarfswirtschaft, Wirtschaftsdemokratie und Ökologie – decken sich in vielen Punkten mit den Grundwerten anarchosyndikalistischer Theorielinien und Organisationen.[2]Um sich einen Überblick über die Revolution und ihre Einrichtungen zu schaffen, sei an dieser Stelle das Buch “Revolution in Rojava – Frauenbewegung und Kommunalismus zwischen Krieg und Embargo.”, 4. aktualisierte Auflage 2018, empfohlen, hier auch als PDF abrufbar. Diese Revolution ist, ähnlich wie auch der Aufstand der Zapatistas in Mexiko, eine kommunalistische Antwort für die Regionen der Welt, in denen der Industriesyndikalismus wenig Anknüpfungspunkte hat. Letztlich handelt es sich um zwei Seiten oder Ausdrucksweisen von Bewegungen mit grundsätzlich selben Stoßrichtungen – die Revolution in Nord-Ost-Syrien ist auch unsere Revolution. Die DFNOS kann für uns ein Leuchtfeuer der Motivation, ein Experimentier- und Lernfeld sein, gleichzeitig braucht die DFNOS in Ländern wie Deutschland starke kommunalistische und syndikalistische Bewegungen, um im Kampf mit der Diktatur Türkei Rückendeckung und Entlastung zu erfahren.
Aktuelle Lage
Nach der weitgehenden Niederschlagung des Daesh (IS) durch die von der revolutionären Bewegung geführten Syrien Democratic Forces (SDF) zogen sich die us-amerikanischen Truppen weitgehend aus den Gebieten der DFNOS zurück. Dies ermöglichte 2018 einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf den Kanton Afrin, der u.a. mit deutschen Waffensystemen wie dem Leopard-II-Panzer und deutscher Drohnentechnologie ausgeführt wurde.[3]Eine Karte von deutschen Unternehmen, die diese Militäreinsätze unterstützen, findet sich hier. Die Türkei bediente sich dabei auch vieler ehemaliger IS-Kämpfer, die nun in neuen dschihadistischen Formationen kämpften. Die internationale Gemeinschaft schwieg zu den Kriegsverbrechen des Nato-Partners. Durch die Invasion verloren tausende emanzipatorische Aktivist_innen und Zivilist_innen ihr Leben, Zehntausende ihre Häuser, die DFNOS verlor eine strategisch wie landwirtschaftlich wichtige Gebirgsregion und eine ihrer größeren Städte. Die Türkei betreibt in Afrin nun eine repressive Vertreibungs- und Umsiedlungspolitik.
2019 folgte eine weitere, ebenfalls völkerrechtswidrige Invasion der Türkei auf das Gebiet der DFNOS. Dabei wurden wichtige Städte wie Serê Kaniyê und Suluk eingenommen und eine der wichtigsten Verbindungen Nordsyriens, die M4, quasi unbenutzbar gemacht.
Seit dieser Invasion, die schließlich auf Intervention Russlands hin, welches das Assad-Regime unterstützt, zunächst beendet wurde, schwelt ein Krieg niederer Intensität. Immer wieder kommt es zu Artillerie- und Drohnenbeschuss einzelner Dörfer, werden die Felder in der DFNOS in Brand geschossen. Am schlimmsten wirkt sich jedoch vermutlich der Wasserkrieg aus: Alle Wasserzuläufe für Nordsyrien entspringen in der Türkei. Seit der Konstitution der DFNOS hat das türkische Regime die Entnahme von Wasser aus den Zuflüssen, u.a. durch die türkische Landwirtschaft enorm befördert, so dass in manchen wichtigen Flüssen mittlerweile kaum oder gar kein Wasser mehr ankommt. Die Probleme, die sich daraus ergeben, betreffen die Basisversorgung der Bevölkerung, das verarbeitende Gewerbe, die Abwasserwirtschaft, die Landwirtschaft, aber auch die Stromproduktion.
Daneben befindet sich die Region seit vielen Jahren unter einem totalen Embargo. Es fehlt daher an grundlegenden Mitteln für die Versorgung von zehntausenden aufgenommenen Geflüchteten, an medizinischen Geräten, um Krieg und Corona angemessen begegnen zu können, ebenso an Möglichkeiten für einen ökologischen Aufbau lokaler Wirtschaftskreisläufe.
Militärisch bereitet sich das türkische Regime unter Erdogan aktuell auf eine neue Offensive an drei Fronten vor: In der Türkei selbst rollen erneut Repressionswellen, zuletzt gegen die kurdisch geprägte Oppositionspartei HDP, durchs Land. Es mehren sich die Hinweise auf einen erneuten Bürgerkrieg gegen die eigene Bevölkerung, wie wir ihn ab Herbst 2015 im Südosten der Türkei erlebten.[4]Damals wurden eine Reihe kurdisch geprägter Städte praktisch ausradiert, es gab tausende Tote. Siehe dazu: Lower Class Magazine (Hg.) – Hinter den Barrikaden, Eine Reise durch Nordkurdistan im Krieg, Edition Assemblage, 2016 Entlang der Grenze zu Syrien werden erneut Truppen zusammen gezogen und der Diktator Erdogan ist um intensiven diplomatischen Austausch mit Russland bemüht, um den Weg für den nächsten Einmarsch frei zu machen. Im Irak, in dem die türkei-treue Oligarchie-Partei PDK unter Masud Barzani die Autonome Region Kurdistan kontrolliert, werden dessen Parteimilizen, die auch in Deutschland bekannten Peshmerga, gegen die Revolution in Stellung gebracht. Die Militärführung der USA arbeitet zudem mit der irakischen Zentralregierung und der Türkei auf eine Allianz hin, um die jesidischen Selbstverwaltungsstrukturen im Shengal-Gebirge (Dschabal Sindschar) militärisch niederzuschlagen. Eine sehr lesenswerte, ausführlichere Lageeinschätzung lieferte jüngst die Kampagne #Riseup4Rojava.
Eine Revolution siegt immer auch durch Hoffnung
Wieder einmal scheint es in dieser Revolution um alles oder nichts zu gehen. Sowohl das Erdogan-Regime in der Türkei, als auch das Barzani-Regime in der irakischen Autonomen Region Kurdistans sitzen zunehmend immer schlechter im Sattel. Hauptproblem der Türkei sind dabei die enormen Staatsschulden, hohe Inflationsraten und ein enormer Abschwung der Wirtschaftsleistung. Die Wogen versucht Erdogan innenpolitisch mit Nationalismus, aggressiver Außenpolitik und harter Repression nach Innen zu glätten. Doch auch militärische Operationen, gerade wenn sie den Einsatz von Panzern und Luftschlägen „nötig“ machen, kosten eine Menge Geld – das der Türkei zunehmend fehlt. Auch gegen Barzani kommt es wegen miserablen wirtschaftlichen Lage und der Niederhaltung der Opposition seit Jahren immer wieder zu Protesten.
Für die Türkei besteht daher die Hoffnung, dass sich das System Erdogan wirtschaftlich tot läuft. Dazu kann auch die deutsche Linke ihren bescheidenen Beitrag leisten. Eine Ablösung Erdogans durch ein pragmatisches Bündnis aller bürgerlichen und revolutionären Parteien der Türkei bleibt zunächst die realistischste Hoffnung, ebenso ein Aufstand der demokratischen Kräfte gegen das überkommene Barzani-Regime im Nordirak.
Vor diesem Hintergrund rief die Koma Civakên Kurdistan (Union der Gesellschaften Kurdistans, KCK) ab Mitte September zu einer neuen Offensive gegen den türkischen Faschismus auf, Kampagnen wie „Women Defend Rojava“ und „Riseup4Rojava“ schlossen sich diesem Aufruf an.
Die aktuelle Situation verlangt von allen Unterstützer_innen der Revolution Bereitschaft und Mobilisierung ab, wir müssen uns alle bereit halten, um die Revolution zu verteidigen. Das türkische Regime plant die völlige Niederschlagung der Revolution, jedoch würde wohl allein ein erfolgreicher Aufstand der basisdemokratischen Kräfte im Irak ausreichen das Blatt nachhaltig zu wenden, da damit das Embargo, welches den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt der Revolution blockiert, umgangen werden könnte.
Was können wir in Deutschland tun?
a) Informieren und Begeistern – Wichtiger als alles andere ist es immernoch, sich selbst zu informieren, ein Bild von der Revolution und den Verhältnissen vor Ort zu entwickeln und in hunderten Einzelgesprächen Nachbar_innen, Arbeitskolleg_innen und Genoss_innen mit der Euphorie für diese revolutionäre Bewegung anzustecken. Diese Bewegung braucht immer noch breitere Unterstützung und Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung.[5]Dafür zu empfehlen bspw. auch die Dokus: „Das Experiment Rojava – Eine Gesellschaft im Aufbruch“ und „Der Traum der Kurden: Rojava“ Im gleichen Maße muss über die Verbrechen des türkischen Regimes kontinuierlich aufgeklärt werden.[6]Dafür u.a. gute Kanäle sind der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli und die Dossiers von Labournet
b) Wirtschaftlicher Druck – Die Regierungen der EU-Staaten sind offensichtlich unwillens auch nur einen Handschlag für die Wahrung der Menschenrechte in Syrien oder der Türkei zu unternehmen. Die Gründe liegen in der tiefen wirtschaftlichen und politischen Verflechtung mit dem Regime, welches als Grenzwächter, Produktionsstandort, Militärpartner und Abnehmer von Waren für die Oberhäupter der EU weit wichtiger ist als die eigenen leeren Phrasen von Frauenrechten, Demokratie, Meinungsfreiheit und Frieden.[7] Aktiv wird die EU nur, wenn es um europäisches Öl geht.
Die besten Chancen, den militärischen Aufmarsch aufzuhalten, hat die weltweite Solidariätsbewegung durch eine wirtschaftliche Schwächung des Landes, die durch die Tiefe der wirtschaftlichen Krise auch in direktem Ausmaß die militärischen Möglichkeiten des Regimes begrenzt.
Zu diesem Zwecke entsteht hier aktuell eine Übersicht an Unternehmen, die an den Machenschaften des Regimes mitverdienen. Im besonderen Maße können Arbeiter_innen diese Arbeit unterstützen, indem sie wirtschaftliche Beziehungen ihrer Unternehmen in die Türkei leaken. Besonderes Augenmerk sollte neben der Rüstungsindustrie dabei auf dem Tourismus liegen, da an diesem wichtigen Wirtschaftszweig deutsche Konsument_innen einen besonderen Anteil haben und hier leicht Aufklärung, aber auch politischer Druck gegen Unternehmen aufgebaut werden kann.
Im selben Atemzug gilt es natürlich auch die antifaschistischen Gewerkschaften der Türkei in ihren Kämpfen zu unterstützen, um zu verhindern, dass das Regime die wirtschaftlichen Konsequenzen einfach auf die lohnabhängige Klasse des Landes abwälzen kann. Gleichzeitig bedeutet der Ausbau der syndikalistischen Gewerkschaftsbewegung in der Türkei auch eine Grundlage für eine stabile Opposition für eine Zeit nach dem Sturz Erdogans. Wer sich in diesem Bereich engagieren will, melde sich über sein lokales FAU-Syndikat beim Internationalen Komitee der FAU.
c) Druck machen gegen Repression – Wie kaum ein anderes europäisches Land machen sich deutsche Nachrichtendienste und Polizeiapparate zum Handlanger türkischer Repression. Die PKK-Bewegung, die zwar formal immer noch eine Partei ist, in den letzten Jahren jedoch mehr und mehr den Charakter einer allgemeinen, transnational agierenden revolutionären Organisation angenommen hat, wird in Deutschland immer noch als Terrororganisation eingestuft. Das alles auf Aufruf der türkischen Regierung, trotz der hundertfachen, gut belegten, Unterstützung des deutschen Nato-Partners Türkei für Al-Qaida, IS, angesichts der Massaker an der eigenen Zivilbevölkerung, der Verwicklung in Bombenattentate etc. durch den türkischen Geheimdienst und viele weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese Farce, bei der eine basisdemokratische, feministische Bewegung als Terror-Organisation verfolgt wird, während einem Terror-Regime Drohnen und Panzer im Wert von Milliarden verkauft werden, muss auch durch uns immer wieder thematisiert und entlarvt werden. Das Verbot der PKK muss mit aller Anstrengung aufgehoben werden. Nicht weil die PKK der Teil der Bewegung ist, der uns inhaltlich oder organisatorisch am nächsten steht, sondern weil das Verbot der PKK dem türkischen Staat immer noch als scharfe Waffe dient, um in Deutschland und anderswo Unterstützer_innen der Selbstverwaltungen für Jahre hinter Gitter zu bringen.
d) Bessere Verzahnung unserer Bewegungen – Wollen wir als syndikalistische Bewegung aktiven Anteil am Aufbau der Selbstverwaltungen in der Türkei, Syrien und des Iraks nehmen und wollen wir im Gegenzug von den Erfahrungen der Bewegung auch in Deutschland profitieren, müssen wir besser zusammen wachsen. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, bspw. Sprachbarrieren zu überwinden[8]Gute Plattform um Kurmandschi zu lernen: http://learnkurmanji.com/ oder in den lokalen kurdischen Verein eintreten, um sich zu organisieren. Als Gewerkschaftsföderation sollten wir aber vor allem deutlich machen, wie willkommen uns Lohnabhängige sind, die die Revolution unterstützen und die demokratische Selbstverwaltung auch in Deutschland aufbauen wollen. Die Revolution in Nord- und Ostsyrien ist schon längst keine rein kurdische mehr, sie ist multiethnisch und hat einen globalen Anspruch. Wir sollten daher zeigen, dass unsere Gewerkschaftsföderationen ein geeignetes Werkzeug ist, um genau diese Revolution auch nach Deutschland zu tragen.
Nächste Schritte
Dem Beginn der Offensive der revolutionären Bewegungen muss ein mediales und aktionistisches Echo überall auf der Welt folgen. Ein erster Schritt in diese Richtung sind die weltweit ausgerufenen Aktionstage der Kampagne „Riseup4Rojava“ vom 1. bis zum 8. November 2020. Ende November wird es außerdem eine bundesweite Demonstration für die Verteidigung der Revolution geben.
Innerhalb der FAU haben wir mittlerweile einen Unterstützungskreis in dieser Sache gebildet. Auch unsere Internationale plant eine länderübergreifende Arbeitsgruppe. Das Internationale Komitee der FAU lädt alle interessierten Arbeiter_innen ein, Mitglied der FAU zu werden und sich in diesen Strukturen zu engagieren.
Bildquelle: Arbeiter_innenfotografie Dresden
siehe dazu auch das dreiteilige Interview im “Schwarzen Pfeil”:
Teil 1
https://schwarzerpfeil.de/2020/10/16/ein-jahr-seit-der-tuerkischen-invasion-in-rojava-interview-mit-tekosina-anarsist-teil-1/
Teil 2
https://schwarzerpfeil.de/2020/10/17/ein-jahr-seit-der-tuerkischen-invasion-in-rojava-interview-mit-tekosina-anarsist-teil-2/
Teil 3
https://schwarzerpfeil.de/2020/10/18/ein-jahr-seit-der-tuerkischen-invasion-in-rojava-interview-mit-tekosina-anarsist-teil-3/
und die Grwaswurzelrevolution:
ein Artikel von 2015, der sehr lesneswert ist:
https://www.graswurzel.net/gwr/2015/02/revolution-in-rojava/
und ein erster Teil des Versuches einer Analyse (natürlich aus gewaltfreier Sicht)
sicher einer Diskussion Wert….
https://www.graswurzel.net/gwr/2020/04/rojava-ypg-der-militaerischen-niederlage-ins-auge-blicken/
sehr spannend auch diese Interview mit der Anarchafeministin Pınar Selek
https://www.graswurzel.net/gwr/2018/06/selbstverwaltung-in-nordsyrien/
Hey lesende Arbeiterin,
danke für deine Literatur-Hinweise. Den Artikel von Lou Marin finde ich v.a. wegen der gesammelten, kritischen Stimmen lesenswert. Offene Kritik gibt es innerhalb der Solidaritätsbewegungen viel zu selten. Gleichzeitig zeigt sich der Artikel an vielen Stellen sehr schlecht informiert oder eben doch deutlich von einem dogmatischen Pazifismus gezeichnet. Er ignoriert vieles, als ein Beispiel mag dabei die Kritik an der YPJ dienen. Der Artikel, vom warmen Sessel in Europa aus geschrieben, übersieht völlig die Funktion bewaffneter Frauen in einer von alltäglich-patriarchaler Gewalt geprägten Region. Er übersieht auch, dass das Anheuern bei den Milizen für viele minderjährige Frauen die einzige realistische Flucht vor der Zwangsverheiratung darstellt. Für diese Perspektiven sei an dieser Stelle auch noch mal auf das Buch “Tausend strahlende Sonnen” über Frauen in Afghanistan empfohlen, welches vielleicht noch mal ein besseres Gefühl dafür gibt, mit welcher Totalität des patriarchalen Alltags viele Frauen in Vorderasien zu kämpfen haben: https://direkteaktion.org/tausend-strahlende-sonnen/ Ein anderes Beispiel ist das Plädoyer für Massenflucht. Neben vielem, was mensch daran kritisieren kann und sollte will ich einen Aspekt heraus greifen, der vielleicht nicht so augenscheinlich ist: Es ist ein Grundparadigma der Bewegung in Nord-Ost-Syrien, dass die Umsetzung des demokratischen Föderalismus vor Ort besonders deshalb Chancen hat, weil die kapitalistische Entfremdung, das Aufbrechen authentischer Communitys und die Ethnisierung der Staaten im Gebiet noch nicht sonderlich weit fortgeschritten sind. Eine Massenflucht würde insbesondere diese Grundlagen einer Revolution aufgeben.
Allgemein würde ich den Artikel deshalb mit großer Vorsicht genießen, jedoch z.T. für die Verweise auf kritische Quelle für lesenswert halten – für jene die ausreichend tief im Stoff sind um die ideologischen Ausfälle des Autors einordnen zu können.
Im spannenden Interview mit Pınar Selek steht am Schluss der Satz: “Ich kenne keine libertäre Transformation, die sich auf eine Armee stützt” – Dem möchte ich direkt entgegen halten, dass gerade die zapatistische Bewegung immer wieder betont hat, dass die Bewaffnung der Bewegung der wichtigste Garant für den Freiraum des basisdemokratischen Projektes war – womit ich nicht sagen will, dass das ein allgemeines Prinzip darstellt. Auch in der spanischen Revolution waren die ökonomischen und sozialen Experimente dort am weitestgehenden, wo bewaffnete Milizen diese gegenüber den republikanischen und stalinistischen Truppen absicherten, siehe das Buch “Anarchismus und Bürgerkrieg”, das sogar in im GWR-Verlag erschienen ist. Verwiesen sei auch noch auf des historische Beispiel der Nelken-Revolution in Portugal: https://de.wikipedia.org/wiki/Nelkenrevolution
Und richtig lieben Dank für den Hinweis zu den Interviews im Schwarzen Pfeil, finde ich sehr wegweisend und werde mich um weiterverbreitung bemühen!
Solidarität nur für nicht-kurdische, nicht-etnische, nicht-nationalistische Bestrebungen, oder eben für Menschen oder überschaubare Zusammenschlüsse mit einzellnen persöhnlichen Identitäten. Für kein Kurdistan, sondern für eine friedliche, faire Welt in der Mensch glücklich werden kann! Nur eines ist klar: auch Anarchismus bedeutet nicht Regellosigkeit! Ultimative Freiheit wird es also nie geben. Und die eine oder andere Resource muss zurück an die Natur gehen, egal ob von Nomaden in der Mongolei genutzt, einer Solawi oder durch industrielle Tierhaltung. Die Technologischen Fortschritte lassen mich hoffen, das die Menschen bald kaum noch Boden brauchen, um den sie sich streiten könnten. Ich kann das Buch “Vom Ende der Landwirtschaft” sehr empfehlen.
Also die Hälfte meines Kommentars fehlte aus technischen Gründen.
Also ich meine die Zapatista und die Nelkenrevolution sind mit der dschihadistischen Sittuation um “Rojava” nicht zu vergleichen.
Ich weiss manchmal nicht so genau ob es in “Rojava” so ist wie von linken Medien mehrheitlich dargestellt oder ob es sich eher um ein KKK (kaiserlich, kommunistisches, Kallifat) handelt, bei dem nicht Lisa Eckhart die Kaiserin ist, sondern Abdullah Öcalan.
Dieser Eindruck bestätigte sich mir schon früher als ich noch vor dem Verbot der Öcalanbildnisse auf kurdischen Demos war.
Und seine Anhänger*innen spielen für ihn “Konföderalismus” und trotz oder vielleicht auch deswegen sterben leider sehr viele Menschen.
Und dazu noch die PKK in der traditionell auf zwischengeschlechtliche Liebe die Todesstrafe steht.
Also mein Eindruck ist schon das in Rojava und auch im Exil eine ganz bestimmte kurdische Identität vorherrschend ist.
Deshalb und sowieso Solidarität nur für nicht-kurdische, nicht-etnische, nicht-nationalistische Bestrebungen, oder eben für Menschen oder überschaubare Zusammenschlüsse mit einzellnen persöhnlichen Identitäten. Für kein Kurdistan, sondern für eine friedliche, faire Welt in der Mensch glücklich werden kann! Nur eines ist klar: auch Anarchismus bedeutet nicht Regellosigkeit! Ultimative Freiheit wird es also nie geben. Und die eine oder andere Resource muss zurück an die Natur gehen, egal ob von Nomaden in der Mongolei genutzt, einer Solawi oder durch industrielle Tierhaltung. Die Technologischen Fortschritte lassen mich hoffen, das die Menschen bald kaum noch Boden brauchen, um den sie sich streiten könnten. Ich kann das Buch “Vom Ende der Landwirtschaft” sehr empfehlen.
@Steff Brenner
Sind es die hunderttausenden Toten, Verletzten und Trauernden Wert gewesen? Nur um “kapitalistische Entfremdung” usw. zu verhindern? wirklich?