Ein Funke genügte, das PR-Feuerwerk zu zünden: Deutschland brauche eine stärkere Regulierung des Streikrechts. Anlass war der Streik der Vorfeldarbeiter auf dem Flughafen in Frankfurt a.M. Während deren Gewerkschaft, die GdF, sich noch in Streikdrohungen übte, forderte BDA-Chef Dieter Hundt bereits eine gesetzliche Regelung zur sog. „Tarifeinheit“ – schon wieder. Sein erster Versuch, eine gemeinsame Kampagne von BDA und DGB für die gesetzliche Verankerung der Tarifeinheit, ist 2011 am Protest der Gewerkschaftsbasis gescheitert DA berichtete). Der Lobbyist der Bosse schwadronierte nun abermals von Missbrauch, Erpressungspotenzial und „großen volkswirtschaftlichen Schäden“.
Da die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst noch bevorstand, wollten wohl auch die kommunalen Arbeitgeber in das Konzert einsteigen: „Zügellose Splittergewerkschaften“ müssten per Gesetz gebändigt werden. Das Beispiel der Frankfurter Vorfeldarbeiter soll offenbar keine Schule machen. Diese hatten sich bewusst an die GdF gewandt, nachdem sie sich von ver.di nicht vertreten gefühlt hatten. Als schließlich die GdF gar die Fluglotsen zum Solidarstreik aufrief, ließ die Betreibergesellschaft Fraport Ende Februar zwei einstweilige Verfügungen erlassen, die den Kampf auf dem Vorfeld und den Unterstützungsstreik verboten (siehe dazu auch Zwei erfreuliche Streikkurzmeldungen). Mitte März kam es schließlich zu einer Einigung, über die bisher keine Details vorliegen. Zugleich erklärte das Wirtschaftsministerium, „aufgrund der Ereignisse im letzten Monat“ seien die Arbeiten an einem Tarifeinheits-Gesetz wieder aufgenommen worden.
Unerheblich ist offenbar, dass die Horrorszenarien, die seit der Abschaffung der Tarifeinheit vor zwei Jahren lautstark verbreitet wurden, reine Fantasie geblieben sind: keine andauernde „Streikwelle“, kein Ins-Kraut-Schießen weiterer Spartengewerkschaften, kein wirtschaftlicher Absturz, nichts. Die Unternehmerverbände ficht das nicht an. In einer Münchner Erklärung erheben sie die Tarifeinheit neben Staatsschulden, Energiewende und Fachkräften sogar zu einer von vier „Weichen für die Zukunft“.
Unterstützung bekamen sie jüngst durch die Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Stiftung. Mit Hilfe dreier Professoren legte diese einen Gesetzentwurf vor, der das Streikrecht einschränken und dabei bei den „Unternehmen der Daseinsvorsorge“ ansetzen will. Diese erstrecken sich vom Gesundheits- und Bildungswesen über Energieversorgung und Müllabfuhr bis hin zu Telekommunikation und Bargeldversorgung – ein Frontalangriff also, der keineswegs nur gegen Spartengewerkschaften gerichtet ist. Die Professoren fordern pauschal eine Vorwarnfrist von vier Tagen, einen Mindestbetrieb im Streikfall sowie die verpflichtende Teilnahme an einer staatlichen Schlichtung. Berufsgewerkschaften müssten zudem für mindestens 15% der Belegschaft eintreten, wenn sie streiken.
Damit würde das Streikrecht der Beschäftigten noch mehr beschnitten werden, gilt dieses hierzulande doch ohnehin nicht als Grundrecht von ArbeiterInnen, sondern ist an Gewerkschaften gebunden. Die FAU sieht darin bereits eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf Streik, das als „ein grundsätzliches Menschenrecht aufzufassen ist, auch wenn es effektiv nur kollektiv ausgeübt werden kann“. In eine ähnliche Richtung zielt der „Wiesbadener Appell“ für ein „umfassendes Streikrecht“ und für den politischen Streik.