Der 1. Mai als symbolträchtiger Tag diente dieses Jahr nicht nur wie üblich der Traditionspflege von DGB bis Radikale Linke. Es war auch der Tag an dem sich Teile des „Verband kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ (VKM) offiziell in eine Kirchengewerkschaft, „Gewerkschaft für Kirche und Diakonie – vkm Deutschland“, umbenannt haben. Zumindest drei lokale VKM-Verbände haben diesen Schritt vollzogen. Für die neue christliche Kleinstgewerkschaft ist es erklärtes Ziel, Tariffähigkeit zu erlangen und Verträge abschließen zu können, jedoch in klarer Anerkennung des „dritten Weges“ ohne Streik und als „Partner aller Institutionen der Kirche und Diakonie“. Nach eigenen Worten fühlt sie sich ebenso verantwortlich für die „Erfüllung des Auftrages der Kirche“. Vier weitere Regional- und Landesverbände bilden die Dachorganisation VKM-D, aus der die neue Kirchengewerkschaft hervorgegangen ist, die sich aber nicht als Gewerkschaft bezeichnet. Daneben gibt es weitere regionale VKM-Strukturen, die offenbar weder der einen noch anderen Gruppierung angehören, sich aber dennoch als Gewerkschaft bezeichnen.
Die christliche Gewerkschaftslandschaft ist nicht nur durch den gelben christlichen Gewerkschaftsbund ein verwirrendes Feld. In Niedersachsen gibt es seit einigen Jahren einen „Mitarbeitervertretungsverband (MVV) für die Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V.“ der vor zwei Jahren den Schritt zur Eigenbezeichnung als Gewerkschaft tätigte, um auf „Augenhöhe“ zu verhandeln. Um Tarifverträge versteht sich. Als Partnergewerkschaften wird neben ver.di auch der vkm genannt – die „Gewerkschaft für Kirche und Diakonie“. Der MVV hat laut Eigenangaben 1200 Mitglieder und ist ein bisher auf Niedersachsen begrenzter Verband. Auch der MVV bleibt, wie der vkm, aber in der Eigenbeschränkung auf den dritten Weg grundsätzlich in der Sackgasse. Insbesondere seitdem ver.di vor einigen Jahren die paritätischen Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommissionen verlassen hat, konzentrierte der Verband sich auf diese, um darauf hinzuwirken, Tarifverträge abschließen zu können.
Tarifverträge ohne Streik, ein Passionsweg für die Kleinstgewerkschaften. Neben der umbenannten „Gewerkschaft für Kirche und Diakonie“ (vkm) gibt es noch die GKD, Gewerkschaft Kirche und Diakonie. Als einzige tritt diese gegen das kirchliche Arbeitsrecht auf und favorisiert auch im Bereich Kirche die Anwendung des allgemeinen Arbeitsrechts und des Betriebsverfassungsgesetz. Gräben entstehen dadurch anscheinend nicht, schließlich fanden nach Informationen des vkm Gespräche zwischen ihr, der MVV und der GKD statt. Erörtert wurden die Möglichkeiten für eine neue „tariffähige Kirchengewerkschaft für den Bereich der verfassten Kirche, evangelisch als auch katholisch, sowie ihrer Diakonie und Caritas“. Es ist fraglich, ob die Kirchengewerkschaften auf den streikfreien, ultra-sozialpartnerschaftlichen Weg zu ihrem Ziel eines eigenen Tarifvertrages kommen. Außer der GKD, die in Tarifgemeinschaften mit ver.di und GEW diesem „Traum“ ein Stück näher ist, ist man allgemein doch noch sehr weit entfernt.