Seit Jahrzehnten betonen AtomkraftgegnerInnen, dass der „billige Atomstrom“ auch ohne „unwahrscheinliche Unfälle“ mehr Kosten verursacht als der Marktpreis abbildet. Doch blieb dies bisher eine rein theoretische, kaum greifbare Erkenntnis. Ähnlich verhält es sich mit dem Klimawandel. Im Zuge der „Energiewende“ scheint sich dies nun zu ändern. Derzeit wird ja allerorts Quietschpappe (Styropor) an die Häuser geklebt, und prompt setzt eine Diskussion ein, von wem diese Sanierungskosten bei der gesellschaftlich sinnvollen Wärmedämmung getragen werden sollen. Der Deutsche Mieterbund etwa kritisiert das Modell der Bundesregierung und fordert die paritätische Finanzierung zu je einem Drittel durch Vermieter, öffentliche Hand und MieterInnen.
Wohlgemerkt: Diese Kosten kommen noch zu Miete und Nebenkosten hinzu, die wesentlich auch von den Energiepreisen abhängig sind. Und die wiederum legen kräftig zu. So heißt es im Wohngeld- und Mietenbericht 2010 zur Entwicklung beim Heizöl: „2010 trat wieder ein erheblicher Preisanstieg um knapp 23 Prozent ein. 2010 liegt der Preis für leichtes Heizöl um rund 10 Prozent höher als 2006 (bzw. 22 Prozent höher als 2005).“ Ebenso haben sich Gas und Strom verteuert, seit 2005 um 19 bzw. 25%. Allein für die Miete werden heute durchschnittlich 22% des Nettoeinkommens aufgewandt. Der Mieterbund geht davon aus, dass jährlich bis zu 400.000 Wohnungen neu gebaut werden müssten, und zwar in Ballungsräumen und Universitätsstädten, um die Wohnkosten auch nur einigermaßen stabil zu halten. Insgesamt wurden 2009 jedoch nur knapp 160.000 Wohnungen fertiggestellt. Ein weiteres Emporschnellen der Mieten scheint also vorprogrammiert.
Auch insgesamt schrumpft die Kaufkraft. Im EU-Durchschnitt lag die Inflation im Zeitraum von Mai 2010 bis Mai 2011 bei 2,7%; die Teuerung fiel hierzulande mit 2,3% etwas geringer, in Österreich mit 3,2% höher aus. Für das laufende Jahr rechnet die Deutsche Bundesbank derzeit mit 2,5%. Man darf sich jedoch nicht täuschen lassen: Auch so geringe Raten summieren sich, so liegen die Preise heute um ein Viertel höher als noch im Jahr 2000.
Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Das wissen nicht nur die Beschäftigten im Niedriglohnbereich, die gewerkschaftlich schlecht organisiert sind und Lohnerhöhungen daher nur aus der Tagesschau kennen. Denn der „Verbraucherpreisindex“ ist nur eine statistische Größe, die mit der Lebenswirklichkeit insbesondere der ärmeren Bevölkerungsschichten nicht viel zu tun hat. Wichtiger ist hier der sog. „Miniwarenkorb“, in dem vor allem Grundnahrungsmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs Beachtung finden. In diesem Bereich stiegen die Preise im vergangenen Jahr, nach Informationen der FTD, um das Dreifache der allgemeinen Inflationsrate, nämlich um 7%. Die wollen, sofern man denn in Lohn und Brot steht, in Tarifauseinandersetzungen erstmal wieder reingeholt sein. Sollte der nächste Winter wieder so kräftig ausfallen wie in den vergangenen Jahren, dann ist auch dieses Jahr eigentlich ein „heißer Herbst“ notwendig, um auch nur die Effekte von Klimawandel, Energiewende und Inflation aufzufangen.