Es ist wieder Fußball-WM in Deutschland, diesmal der Frauen. Ein kleines „Sommermärchen“ hat es zu sein, wie schon bei den Männern 2006, als die Republik in nationalistischer Euphorie taumelte. Und noch einen anderen Herzenswunsch scheinen die MacherInnen zu hegen: den verwertungs- und imagemäßigen Durchbruch des Frauenfußballs. Tatsächlich wächst im DFB der Frauenbereich am stärksten. Dennoch lässt der finanzielle und mediale Boom auf sich warten. Die Nationalmannschaft, mit der sich leichter Emotionen mobilisieren lassen, scheint sich da als Zugpferd anzubieten. Die kommerzielle Einwirkung auf den Frauen-Fußball rund um die WM ist zumindest nicht zu übersehen. Verkrampft wirkt dabei die auf Weiblichkeit setzende Vermarktungsstrategie, mit der man eine Art emanzipatorischen Befreiungsschlag herbeireden möchte.
Auch wenn oft zu hören ist, man solle den Frauenfußball gar nicht mit dem der Männer vergleichen, wird einmütig stets eine große Bürde der Frauen genannt: ohne Profistrukturen könne sich der Sport nicht, wie bei den Männern, auf höherem Niveau entfalten. Ob die Professionalisierung und Verwertung des Sports überhaupt wünschenswert ist, wird kaum gefragt.
Wer heute im sportlichen Wettbewerb hoch hinaus will, muss sich einiges antun, etwa eine maximale körperliche Ausbeute. Viele Sportarten sind derart durchprofessionalisiert und haben ein so hohes Leistungsniveau erreicht, dass Mithalten nur mit intensivstem Training und qualifiziertem Umfeld möglich ist. Der „Sachzwang“ reicht dabei so weit, dass häufig nur mit Doping – ob legal oder illegal – Spitzenplätze winken. Auch in sozialer Hinsicht wird BerufssportlerInnen einiges abverlangt. Ihre Lebensbahn folgt oft sehr eng gezogenen Kreisen, nicht selten von Kindheit an. Durchgeplante Kalender und eine höchst disziplinierte Lebensführung zeugen nicht gerade von hedonistischen Ausschweifungen. Nicht zu vergessen die mangelnde Sinnhaftigkeit und der enorme Druck, die manche Profi-Psyche belasten.
Kein Grund zum Jammern, mag man meinen. Bei der guten Bezahlung sei das allemal zumutbar. Doch BerufssportlerInnen, das sind nicht nur hochdotierte Stars. Es sind häufig auch Topspielerinnen in Rand- und sogar niedrigklassige Spieler in Massensportarten. Und die waten zweifellos nicht im Luxus. Im Fußball etwa reichen die ökonomischen Zwänge in die Tiefen des Amateurbereichs hinein, wo das Buhlen um Spieler beginnt, etwa mit Honoraren und Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen (siehe Grenzen des Amateurhaften). Die Grenze zwischen Profis und Amateuren ist dabei unklar. Die Spieler selbst schwanken nicht selten zwischen sportlich-beruflicher Doppelbelastung oder prekärer Existenzsicherung, immer mit dem Risiko, dass eine Verletzung ohnehin alles beenden könnte. Wer sich kein berufliches „Standbein“ geschaffen und nur auf den Sport gesetzt hat, kann da schnell vor dem Nichts stehen.
Vor einem schnellen Ende sind allerdings auch die „Großen“ nicht ganz gefeit. Umsatteln muss dann, wer nicht ausreichend vorgesorgt hat – oder seinen Reichtum verprasst. Generell ist die aktive Zeit von Profisportlern sehr begrenzt. Sie sind gewissermaßen Frührentner. Und dies scheint sich v.a. im Fußball noch zu verstärken, ist doch ein Trend zu jungen Spielern – selbst ausgebildet versprechen sie hohe Gewinnspannen – deutlich erkennbar, der mit der Einführung des „Financial Fair Play“ (siehe „Diese Blutgrätsche wird ihnen präsentiert von…“) noch zunehmen dürfte.
Dass in der Belle Etage des Sports nicht alles rosig ist, darauf verweist allein schon die Existenz von Gewerkschaften in diesem Bereich. Tatsächlich sieht etwa die VDV (siehe Dribbeln, flanken, organisieren) einiges anzupacken in Sachen Arbeitsbedingungen. Manches wurde schon getan. Legendär ist etwa das Bosman-Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 1995: Der belgische Profi Jean-Marc Bosman erstritt damals, unterstützt von verschiedenen europäischen Spielergewerkschaften, u.a. das Recht für Profifußballer, nach Vertragsende ablösefrei zu wechseln.
Doch nach wie vor werden Spieler in der Sportökonomie wie ein Stück Fleisch gehandelt. Dies kann, menschlich und moralisch, sehr bedenkliche Formen annehmen. Wie etwa in den USA, wo sich Teams bei sog. „Drafts“ junge Spieler anschauen und sich die Lizenz an ihnen sichern können. Oder jene Events in armen Ländern, bei denen europäischen Scouts Spieler wie auf dem Basar präsentiert werden. Die viel beschworene Karriere vom Fawela-Kind zum Fußballprofi kann da auch schon mal zum Dorfverein in den Schweizer Alpen führen. Aber ein Verein, der auf der Höhe der Zeit ist, der unterhält heute ein ganzes Reservoir an Zusatzspielern – eigens zu dem Zweck, sie an andere Vereine auszuleihen. Ja, Leiharbeit gibt es auch in der Bundesliga.
Weitere Artikel zum Thema Sportökonomie, siehe das Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausgabe.