Die FAU Kiel hat im September vergangenen Jahres einen Fragebogen zu Arbeitsverhältnissen im Reinigungsgewerbe veröffentlicht und diesen im Kieler Stadt- und Einzugsgebiet verbreitet. Die Auswertung des Fragebogens zeigt ein erwartet bitteres Bild: In vielen Betrieben, hervorzuheben sind hier die Gastronomie und das Hotelgewerbe, finden sowohl Schwarzarbeit als auch systematische Hinhaltetaktiken seitens der Geschäftstreibenden statt. Angestellte werden regelmäßig später als vereinbart ausgezahlt und zum Teil gibt es regelmäßige Zahlungsaufschübe. Arbeitsverträge würden häufig nur mündlich oder in skizzierter Form vereinbart.
Migrantische Beschäftigte sind aufgrund der sprachlichen Hürden besonders von ausbeuterischen Formen der Beschäftigung betroffen. Die Unkenntnis der deutschen Sprache wird von ChefInnen genutzt, um entweder Falschinformationen zu streuen oder aber auch um Ängste zu schüren und somit die Beschäftigten erpressbar zu machen. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist eher die Ausnahme in Betrieben, bei denen keine tarifliche Absprache getroffen wurde. Vereinzelt zeigt sich ein sklavenähnliches System, bei dem Menschen systematisch ausgebeutet werden. Grundlegend sind die sprachliche Hürde, Unkenntnis der eigenen Rechte, Schwarzarbeit und die Notwendigkeit alleinerziehend Geld zu verdienen. Vor allem migrantische Frauen leisten neben dem offiziellen 450-Euro-Job unbezahlte oder nur sehr schlecht bezahlte Überstunden und werden auch abseits ihrer eigentlichen Tätigkeitsfelder eingesetzt. So musste eine Reinigungskraft etwa Kinder hüten und als Köchin arbeiten.
In Privathaushalten ist die Grenze noch fließender, denn neben der sozialen Einbindung als Quasi-Teil der Familie ist die finanzielle Abhängigkeit noch größer als bei Betrieben, da der Arbeitsbereich auch gleichzeitig den Wohnraum darstellt. So entsteht bei jederzeit möglichem Abruf zur Arbeit die Aufhebung der Trennung von Arbeit und Freizeit. Auch weisen einige Fragebögen auf das „Ausleihen“ der Arbeitskraft an Bekannte hin. Besonders diese Form stellt einen Graubereich zu Zuständen dar, die offiziell als Sklavenhaltung und Menschenhandel tituliert werden. Arbeitgeber wissen um die Angst von schwarz arbeitenden Menschen vor Entdeckung und die Strafandrohung reicht meist aus, um diese folgsam – auch bei groben und wiederkehrenden Arbeits- und Menschenrechtsrechtverstößen – und gefügig zu halten. Auch zeigte sich in einem Fall eine Verbindung eines Hotelbetriebes zu einer stadtbekannten rechtsaffinen Naturheilpraxis.
Die Auswertung offenbarte, dass die Unzufriedenheit zwar groß, aber die Hürde doch sehr hoch ist sich diesen Zuständen entgegenzustemmen. Es bleibt die schwierige Frage, wie Menschen in solchen Verhältnissen unterstützt werden können, ohne ihre Angst zu befeuern oder sie zu bevormunden. Erst nach Beendigung solch ausbeuterischer Verhältnisse waren Einzelne bereit konkret über ihre Arbeitgeber und die Bedingungen, unter denen sie litten, zu sprechen. Die FAU Kiel wird die Betriebe, die bei der Umfrage als besonders ausbeuterisch zu Tage traten, im Auge behalten und weiterhin versuchen unbemerkt die Beschäftigten zu erreichen.