Gute Nachrichten aus dem Sudan sind selten. Amnesty International konnte letztes Jahr einen viel beachteten Erfolg verbuchen, als es der NGO gelang, durch internationalen Druck die schwangere Meriam Yehya Ibrahim zuerst vor dem Tod durch Steinigung zu bewahren und dann sogar ihre Ausreise aus sudanesischen Gefängnissen nach Europa durchzusetzen. Der Erfolg der Kampagne dürfte dadurch begünstigt worden sein, dass sich der Sudan seit einigen Jahren wieder bester Handelsbeziehungen gerade mit westlichen Staaten erfreut, die durch derart unschöne Meldungen nicht getrübt werden sollen.
Diese Beziehungen sind für das Regime im Sudan nicht nur wirtschaftlich von Vorteil, sondern auch politisch: Ebenfalls letztes Jahr musste der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Ermittlungen gegen Präsident Umar Hasan Ahmad al-Baschir einstellen, obwohl in Den Haag schon seit vielen Jahren ein Haftbefehl wegen Völkermordes gegen ihn vorliegt. Begründung des Gerichtshofes: Die internationale Gemeinschaft hatte die Ermittlungen schlichtweg unzureichend unterstützt. Derweil leiden diejenigen Opfer des Regimes, die nicht wie Meriam als gut vernetzte Akademiker*innen die Möglichkeit haben, Amnesty International auf sich aufmerksam zu machen, weiterhin unter Folter, Verfolgung und Mord.
Schwieriges Bündnis für ein schweres Ziel
Al-Bashir steht international so gut da wie noch nie in seiner über 25-jährigen Diktatur. Ein Land, in dem es nur eine staatliche Einheitsgewerkschaft gibt, die die Löhne nach den wirtschaftlichen Interessen des Landes und so auch seiner Partner festlegt, hat durchaus globale Attraktivität. Die kämpferischen Gewerkschafter*innen der 80er Jahre wurden fast alle nach dem Putsch al-Bashirs inhaftiert und hingerichtet.
Und doch ereignen sich derzeit wichtige Umbrüche im Land, die dem Präsidenten gefährlich werden könnten. Die verschiedenen Oppositionsgruppen haben begonnen, sich zu vernetzen. Dabei könnten die einzelnen Akteur*innen unterschiedlicher nicht sein, sowohl hinsichtlich ihrer politischen Ideen als auch ihrer Methoden: Von bürgerlich-liberal bis kommunistisch, von atheistisch bis christlich und sogar islamistisch oder von sozialer Bewegung bis bewaffneter Miliz – aus diesem Flickenteppich soll eine große Oppositionsbewegung hervorgehen. Die soziale Not und die politische Unterdrückung im Land lassen einen solchen Schritt aus der Sicht vieler als notwendig erscheinen. In der Region Darfur sind nach wie vor die größten Flüchtlingscamps der Welt, Millionen leben in Zeltdörfern oder Baracken und sind auf fremde Hilfe angewiesen. Der Terror der regierungsnahen islamistischen Milizen, die außerhalb der Camps jede auch nur vermutete Abweichung vom Dogma der islamistischen Partei bestrafen, sorgt für den unablässigen Zustrom von Flüchtlingen in die Camps. Bereits vor Monaten schlug das UNHCR Alarm: angesichts der UN-Hilfslieferungen zugunsten der Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak könnte es nun zu einem schweren Engpass in Darfur kommen, Hunderttausenden droht die Unterversorgung.Die sich neu formierende Oppositionsbewegung möchte mit diesen Zuständen Schluss machen. Unter dem Slogan „Verschwinde, al-Bashir“ tritt sie für die Absetzung des Präsidenten, die Beendigung der Diktatur und die Durchführung freier und allgemeiner Wahlen ein. Dies wäre auch die Bedingung für jegliches freies Gewerkschaftsleben im Sudan.