Seit Wochen überziehen militante Streikwellen den Iran. Die Arbeitsbedingungen dort haben sich in den letzten Jahren immer weiter zugespitzt, ständige Ausweitung von Leiharbeit, Befristungen und anderen unsicheren Arbeitsbedingungen, absolute Niedriglöhne, z.T. über Monate ausstehende Lohnzahlungen. 70% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze, zwischen 20-30% sind erwerbslos, die Inflation galoppiert.[1]Fakten nach Labournet Germany Das iranische System steht mehr und mehr am Rande des Zusammenbruchs – und die Lohnabhängigen scheinen mehr und mehr Willens, daraus eine Revolution werden zu lassen.
Die jüngste Streikwelle begann Anfang August mit dem Hitzetod eines Arbeiters auf einem der Ölfelder im Süden des Landes. Als Reaktion starteten nach Angaben von Labournet Germany zehntausende Ölarbeiter_innen den Ausstand. Die Streiks kamen seitdem nicht zur Ruhe und vereinigten sich mit schon laufenden Streiks.
Der wohl bekannteste darunter ist der Streik der Belegschaft der Haft Tappeh Sugar Cane Company, der bereits seit dem 14. Juni läuft und dessen Arbeiter_innen schon seit der Privatisierung 2015 eine entschlossene und militante Arbeitskampf-Chronik vorweisen können. Neben einer Rücknahme der Privatisierung, der Wiedereinstellung gefeuerter Gewerkschafter_innen und der Auszahlung ausstehender Löhne fordern sie u.a. die Übertragung des Betriebes unter die Räteverwaltung der Belegschaft. Um so beeindruckender ist dieser schon über 75 Tage währende Streik, wenn dazu bedacht wird, dass bereits mehrere Gewerkschaftsmitglieder in Gefängnissen verschwanden, gefoltert oder mit über 200 Peitschenhieben bestraft wurden. Mit einem eindrucksvollen Aufruf wandten sich die Genoss_innen von Haft Tappeh Anfang August an Gewerkschafter_innen weltweit.[2]https://lowerclassmag.com/2020/08/11/brecht-das-schweigen-aufruf-zur-solidaritaet-mit-den-kaempfenden-arbeiterinnen-im-iran/ Mittlerweile kann auch in Deutschland für ihre Streikkasse gespendet werden, was dringend notwendig ist, damit gerade die Familien den Streik aufrecht erhalten können. (Streikkonto unten)
Daneben kam es in den letzten Wochen und Monaten zu Bergarbeiter_innenstreiks, Rentner_innenprotesten, Streiks von Bahnarbeiter_innen, Busfahrer_innen, Pflegekräften und vielen anderen – wohlgemerkt alles unter der Gefahr von Gefängnis und Folter.
Die neue Qualität besteht im Willen mehr und mehr zeitgleich, flächendeckend und koordiniert vorzugehen. Verwiesen sei hier auf den Aufruf, sich zu einer landesweiten Organisation zusammen zu schließen.[3]https://www.labournet.de/internationales/iran/iran-arbeitskaempfe/streikbewegung-im-iran-aufruf-zur-ueberregionalen-organisierung-ueber-die-notwendigkeit-von-streikkomitees/
Diese Entwicklung im Iran findet nicht isoliert, sondern in einer höchst dynamischen Situation in ganz Vorderasien statt. Die Revolution in Nord- und Ostsyrien, die damit verbundenen Rätebewegungen in den kurdischen Gebieten der Türkei und des Iraks haben aufgezeigt, dass diese Situation durchaus eine Chance für eine neue Welle revolutionärer Bewegungen für Ökologie, Feminismus und Arbeiter_innenselbstverwaltung sein kann – diese Bewegungen sind aber abhängig von starkem Druck und materieller Unterstützung der emanzipatorischen Arbeiter_innenbewegung weltweit.
Macht die Situation im Iran publik, sprecht Journalist_innen, Online-Aktivist_innen und Gewerkschafter_innen darauf an, sammelt Geld für Streikkassen, werdet Mitglied in internationalistischen Gewerkschaften und unterstützt die Vernetzungs- und Solidaritätsarbeit.
Lassen wir die kämpfenden Genoss_innen nicht allein!
Aktuelle Infos auf deutsch sammelt Labournet-Germany hier.
Spenden zur Unterstützung der Streikkasse bei der Haft Tappeh Sugar Cane Company:
Jour Fixe. Wegner
IBAN: DE05 2069 0500 0710 8913 39
Verwendungszweck: Spende Haft Tapeh
Titelbild-Quelle: Wikimedia