BRD: Die Stasi-Telekom-Connection
In einer der größten bislang bekannt gewordenen nichtstaatlichen Geheimdienstaffären wurde der Staatskonzern Telekom kürzlich durch gezielte Indiskretionen als ein Haufen von Dilletanten vorgeführt. Man weiß gar nicht, wo man beginnen soll, die gebrochenen Gesetze zu zählen, es steht aber immerhin zu vermuten, dass die Verantwortlichen dafür nie zur Rechenschaft gezogen werden, von dem einen oder anderen Bauernopfer einmal abgesehen. Welch eine Mischung beim größten Lieferanten von gespeicherten Vorratsdaten! Eine Detektei, deren Handwerkszeug und Verbindungen aus Stasi-Zeiten stammen, ein (mittlerweile gefeuerter) Leiter der Konzernsicherheit, der auch im »Sicherheitsforum deutsche Wirtschaft« saß, einem Gremium, dessen Aufgabe es ist, „in Sicherheitsfragen den Austausch zwischen Deutschlands größten Konzernen zu stärken und staatlichen Behörden wie Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium als Ansprechpartner in der Wirtschaft zu dienen“. Das ist das Personal, mit dem Schäuble seinen Alptraum vom „präventiven Sicherheitsstaat“ verwirklichen möchte. Im Innenministerium sorgt man sich folgerichtig um die Möglichkeiten der Schadensbegrenzung. Immerhin hat der Fall Telekom bis zur Kenntlichkeit verdeutlicht, welche Möglichkeiten in der dekretierten Vorratsdatenspeicherung der Telefon-, Handy- und Internetdaten stecken.
BRD: Heimliche Kontenabfragen bei BezieherInnen von Leistungen nach SGB II
Das Erwerbslosenforum brachte im Mai eine Praxis ans Tageslicht, die den Datenschutz für BezieherInnen von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II faktisch außer Kraft setzt. Die Sparkasse Köln-Bonn hatte in mehreren Fällen Auskünfte über ALG II-BezieherInnen, die bei ihr ein Konto unterhalten, ohne Wissen der Betroffenen an eine ARGE weitergegeben. Nachdem das Erwerbslosenforum diese Praxis öffentlich gemacht hatte, zog sich die Sparkasse darauf zurück, dass sie nach § 60 Abs. 2 SGB II zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Die Regelung besagt, dass Kreditinstitute auf Anforderung der Bundesanstalt für Arbeit Daten über Menschen, die Leistungen nach SGB II beziehen, weitergeben müssen. Absatz 4 des gleichen Paragrafen verschafft der Bundesanstalt für Arbeit sogar das Recht, auf Kontodaten von Menschen zurückzugreifen, von denen die Behörde der Meinung ist, dass sie mit einer Leistungsempfängerin in einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Die Regelung an sich ist schon dreist genug und ein Anschlag auf den Datenschutz und die Würde der Betroffenen. Allerdings sehen die Bestimmungen immerhin vor, dass sich die Bundesagentur nur dann die Daten bei Kreditinstituten holen darf, wenn sie auf andere Weise nicht an die benötigten Informationen kommt. Wie im vorliegenden Fall scheint es allerdings immer üblicher zu werden, dass Behörden erst gar nicht bei den AntragstellerInnen nachfragen, sondern unzulässigerweise direkt zum Mittel der Auskunftsanforderung bei den Kreditinstituten greifen. Wenn diese die Daten ungeprüft und (was gängige Praxis ist) ohne ihre Kunden zu benachrichtigen herausrücken, leisten sie der Erosion des Datenschutzes noch weiteren Vorschub. Für BezieherInnen von Leistungen nach SGB II kann die kurzfristige Konsequenz nur lauten, dass alles, was nicht auf einem Konto liegt und nicht dort bewegt wird, keinen neugierigen Sachbearbeiter auf dumme Gedanken bringen kann.
USA: TJX feuert Arbeiter wegen Hinweis auf Sicherheitsmängel
Die US-amerikanische Ladenkette TJX hat einen Arbeiter gefeuert, weil dieser Sicherheitsbedenken hinsichtlich des TJX-Computersystems in einem Internetforum gepostet hatte. Schon 2007 befand sich TJX in den Schlagzeilen, als in Folge eines massiven Hacks tausende von zum Teil sensiblen Kundendaten verloren gingen. Man versprach und verspricht noch immer, das System sicherer zu machen. Die fristlose Kündigung jedoch spricht eine ganz andere Sprache.
Nick Benson, der gefeuerte Beschäftigte, hatte zuvor mehrfach versucht, mit Mitarbeitern und Vorgesetzten die Sicherheitsprobleme zu erörtern. Die Mängel waren und sind gravierend, doch trotz seiner Bemühungen hat sich an der Systemsicherheit nichts getan. In den meisten Filialen benötigt man noch nicht einmal ein Passwort, um sich Zugang u.a. zu Kreditkarten-Daten zu verschaffen.
Anstatt die Sicherheit in den Läden zu verbessern, hat sich die Firma offensichtlich darauf verlegt, systematisch zu erfassen, an welchen Stellen über TJX in den Medien, darunter auch in Internetforen, berichtet wird. Im Zuge dieser Überwachung wurde Benson wegen „Verbreiten von betriebsinternen Informationen“ gefeuert.
BRD: Bosse stemmen sich gegen Informantenschutz
Als „Denunziantenparagraph“ wird in bei der CDU/CSU eine Gesetzesnovelle zum Thema „Whistleblowing“ gehandelt, gegen die u.a. die Bundesvereinigung deutscher Arbeitsgeberverbände (BDA) derzeit Sturm läuft. Unter „Whistleblowing“ versteht man im englischen Sprachraum Hinweise von Firmenmitarbeitern, die Unregelmäßigkeiten oder Rechtsverstöße öffentlich machen. In einigen Ländern gilt für „Whistleblower“ unter bestimmten Umständen Informantenschutz. Nicht so in der BRD. Beschäftigte, die hierzulande Regelverstöße der Firmen, in denen sie arbeiten, öffentlich machen, riskieren derzeit eine Kündigung wegen des Verrats von Betriebsgeheimnissen. Ausnahmen macht die geltende Rechtslage lediglich bei „schwerwiegenden, mit erheblichen Gefahren verbundene Straftaten“.
Der Versuch, durch Einführung eines § 612a des BGB den Informantenschutz geringfügig zu verbessern, wird von den Lobbyverbänden der Bosse heftig bekämpft. Dort fürchtet man insbesondere, dass künftig „jede Straftat“ angezeigt werden könne und dass es dem Arbeitnehmer überlassen werden solle, zu bewerten, ob eine vom Gesetz geforderte innerbetriebliche Abhilfe nicht in ausreichendem Maße erfolgt ist. Die BDA sieht darin einen Versuch, „massiv das Vertrauensverhältnis in den Betrieben zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aber auch der Arbeitnehmer untereinander zu untergraben.“ Dabei ist es keinesfalls verwunderlich, dass die vorgesehene Normenänderung sowieso bereits mehr als halbherzig ist und für die Beschäftigten keinen wirklichen Schutz vor Kündigung oder Schikanen durch die Firmen bietet.