Schon heute ist entgegen gesetzlicher Regelungen ein „Arbeiten ohne Ende“ Realität. Zu unterscheiden ist zwischen vereinbarter persönlicher Arbeitszeit, der betrieblichen und der tatsächlich geleisteten Arbeit. Zudem ist noch einmal zu unterscheiden zwischen erfassten und nicht erfassten sowie bezahlten und unbezahlten Stunden.
Bei den erfassten, aber unbezahlten Arbeitszeiten handelt es sich in der Regel um Verfallstunden aus Gleitzeitguthaben. Das heißt, es wurden mehr Stunden gearbeitet, als die Betriebsvereinbarungen erlauben. Das ist rechtlich zwar umstritten aber üblich.
Hierzu ein Auszug aus dem relativ bekannten Daimler-Urteil des Arbeitsgerichtes Stuttgart vom 11. Juli 2002: „Werden maximal übertragbare Gleitzeitguthaben vereinbart, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber grundsätzlich verlangen, dass er keine Arbeitsleistungen entgegennimmt, die über die Gleitzeithöchstgrenze hinausgehen.“ Dennoch sind die Annahme und der Verfall von Arbeitsstunden und somit unbezahlt geleistete Arbeit, insbesondere im Angestelltenbereich, bereits die Regel.
Auch die gesetzlich vorgeschriebene maximale tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden wird in den Angestellten-Silos geschickt umgangen. Wer seine Arbeit nicht schafft, zieht sein Zeiterfassungskärtchen durchs Terminal und kehrt an den Arbeitsplatz zurück. Zwar ist auch hier der Arbeitgeber verpflichtet, gegenüber dem Betriebsrat die „heimliche“ Arbeitsannahme mitzuteilen (BetrVG § 87 Abs. 2 u. 3), doch die Lücke zwischen Recht und Realität ist groß.
Um das System der Ausbeutung ohne Bezahlung zu perfektionieren, existiert u.a. das Modell der „Vertrauensarbeitszeit“. Hier wird erst gar nicht mehr „abgestochen“, sondern jede und jeder arbeitet bis zum Erreichen der vorgegebenen Ziele. In diesem Fall sind es Zielvereinbarungen, die zur Anwesenheit im Betrieb zwingen. Diese haben es in sich und führen häufig fast zur Daueranwesenheit im Betrieb. Auch hier versagt oft die Kontrolle der Betriebsräte, und in Betrieben ohne Betriebsrat sind hohe Arbeitszeiten ein noch geringeres Thema.
Ein anderes Modell sind Arbeitszeitkonten. Bei hoher Produktionsauslastung wird das Konto mit Arbeitszeit aufgefüllt, um dann bei Flauten wieder abgebaut zu werden. Aktuell ist Opel ein gutes Beispiel. Das unternehmerische Risiko wird so auf die Beschäftigten verlagert.
Bei all diesen Modellen ist von Überstundenbezahlung schon lange nicht mehr die Rede. Es sei denn, die Betriebsräte waren wachsam und haben Überstundenvergütungen in Betriebsvereinbarungen geregelt. Da immer mehr Betriebe Insolvenz anmelden und somit die Stunden auf den Arbeitszeitkonten verfallen, sprich nicht bezahlt werden, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf gebastelt, der die Beschäftigten schützen soll. Doch selbst der DGB kritisiert den Entwurf als unzureichend, da diese Regelung nur für Konten gelten soll, auf denen sich mehr als drei Monatsgehälter angesammelt haben und die älter als 27 Monate sind.
Wir sehen, „Arbeiten ohne Ende“ ist heute schon möglich. Die von der EU geplante Einführung der 65-Stunden-Richtlinie wird diese Tatsache in Zukunft legalisieren und fällt insbesondere den Menschen in den Rücken, die individuell, kollektiv oder mit Hilfe eines Betriebsrates die Einhaltung der derzeitigen gesetzlichen Arbeitszeitregelungen im Betrieb durchgesetzt haben.