Wenn ich reichen Leuten begegnete, so erhielt ich meist ungefragt den wenig freundlich gemeinten Ratschlag: „Wollen sie wissen, wie ich reich geworden bin? Jedenfalls nicht vom Ausgeben!“ Geholfen hat mir das wenig. Auch bei aller disziplinierten Bescheidenheit bleibe ich vom Reichtum maximal weit entfernt, und das Geld im Portemonnaie reicht häufig nur bis zum Anbrechen der letzten Monatswoche. Dann wird’s duster, und Schmalhans ist nicht nur in der Küche Meister. Erfahrungen, die nachdenklich stimmen.
Vielleicht ist es gar nicht richtig, gegen Monatsende auf Kartoffeln pur umzusteigen und die vollen Aschenbecher nach aufdröselbaren Kippen durchzuseihen. Musste nicht selbst der geizigste Pfeffersack erstmal investiert haben, um seine Gewinnmarge abzuschöpfen? Bremsen allzu große Ersparnisse nicht die Konjunktur aus, weil das Geld fließen muss? Und soll dadurch nicht irgendwann auf mysteriöse Weise etwas Wohlstand von oben nach unten durchrieseln?
Klamme Haushaltslagen sind auch anderen vertraut. Selbst auf den großen politischen Bühnen dieser Welt wird hitzig diskutiert, was sinnvoller sei, Sparen oder Ausgeben, um den Laden wieder in Schwung zu bringen. In Hamburg probiert man beides: erst mit vollen Händen ausgeben, jetzt sparen. Die Bundesregierung versucht es mit Fremdsparen: erst die Einnahmen reduzieren, damit man dann weniger zum Ausgeben hat und dennoch nichts ansparen kann. Beides erscheint mir wenig logisch, doch wer bin ich schon?
Nur jemand, der am Monatsende zum dünnsten Strohhalm greift und sich plötzlich als Wurstverkäufer auf einer Massenveranstaltung wiederfindet, um das eigene Budget um 50,- Euro aufzustocken. Und der sich nach sechs Stunden Krakauerwenden, besudelt mit Senf, Ketchup und Bratwurstfett, für die Hamburger Methode entscheidet: erst ausgeben, dann mal sehen.
Das folgende ökonomische Selbstexperiment sollte sich als kniffliger erweisen, als ich dachte. Denn neben monetäre und fiskalische Aspekte traten noch soziologische und psychologische, die ich in meinen ursprünglichen Erwägungen für die Abendgestaltung so nicht vorausgeahnt hatte.
Investieren statt knausern, dachte ich mir und beging prompt Fehler Nummer 1: Ich traf mich mit Freunden zur geselligen Runde in einer Gaststube. Die sich hieraus ergebende soziale Eigendynamik bezüglich eines sich gegenseitig hochschaukelnden, allgemeinem Gruppenzwang geschuldeten Alkoholkonsums und horrender Zechen, die nicht alle anwesenden Personen zu begleichen sich imstande sahen, mündete mit unausweichlicher Folgerichtigkeit in Fehler Nummer 2, nämlich der Nichtberücksichtigung des mir eigenen Betrunkenentypus.
Tatsächlich lassen sich Menschen in bestimmte Typen unterteilen, je nachdem, zu welchem charakteristischen Fehlverhalten sie ab einer gewissen Promillegrenze neigen. Weithin bekannt sein dürften der überschwängliche, der grantige und der weinerliche Typ; ich falle jedoch in eine Sonderuntergruppe der Überschwänglichen, nämlich der Spendablen, mit der verheerenden Tendenz, ab dem soundsovielten Bier jeden um mich herum einladen zu wollen. Das macht beliebt, aber auch arm. Und in der Summe wog die Geldbörse noch leichter als vor dem Experiment.
War ich also gescheitert? Und mit mir das Hamburger Modell? Oder hatte ich nur den Geldfluss im Sektor der Genussmittelindustrie dahingehend angekurbelt, dass mir – gewissermaßen eine Entwicklungsperson – dereinst etwas vom Reichtum der Knickrigen herabschneien wird, ganz nach der Theorie vom trickle-down? Time will tell.