Wildwest in der Kita

Wohl niemand hatte damit gerechnet, dass sich aus der Protestaktion ein solch zäher Konflikt entwickelt: In einer Einrichtung des privaten Kita-Trägers „People and Baby“ (P&B) trat die Belegschaft in den Streik. Im „Mutterland der Menschenrechte“ ist das zunächst nichts Besonderes, umso überraschender aber die Reaktion: Prompt wurden alle sechs Streikenden suspendiert.

Das Vorgehen der Chef-Etage steht im Kontrast zu den PR-Bemühungen von P&B, sich als fortschrittlich und nachhaltig zu präsentieren. Zum Unternehmensmythos gehört auch, dass die Firma 2004 von einer Erzieherin selbst gegründet worden sei. Inzwischen gehört P&B mit mehr als 1.000 Beschäftigten und über 70 Einrichtungen zu den größten Kita-Unternehmen Frankreichs. Von Anfang an profitierte P&B von Ausgliederungsmaßnahmen der öffentlichen Hand, die seit 2004 auch in der Kinderbetreuung möglich sind.

Die Kita, wo sich der Streik ereignete, liegt im Südosten von Paris und wurde 2006 von P&B übernommen. Zuvor war sie von einem Verein geführt worden, über den der Betrieb in Versammlungen der Erzieherinnen organisiert wurde. Im November 2009 traten sie der CNT bei und forderten bessere Arbeitsbedingungen sowie pädagogische Selbstbestimmung. P&B bot daraufhin den Kolleginnen in Einzelgesprächen Aufhebungsverträge an – erfolglos. Mit dem Streik zum 1. März eskalierte der Konflikt. P&B begründet die Suspendierungen mit „Hygiene-Mängeln“, für die die Erzieherinnen verantwortlich seien – die Behörden konnten derartiges allerdings nicht feststellen.

Nach den ersten Protesten der CNT nutzte man eine Großdemonstration gegen die Reform der Krippen-Betreuung, um den Fall einer größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Eine „Begnadigung“ erhielten dann Ende März die gesetzlich geschützte Gewerkschaftsdelegierte und eine weitere Kollegin, die allerdings versetzt wurde. Eine Kollegin verließ den Betrieb, die anderen drei wurden endgültig entlassen. Daraufhin besetzten CNT-Mitglieder die Firmenzentrale; und unterstützt von einem Eltern-Komitee traten die zwei „begnadigten“ Kolleginnen in einen unbefristeten Solidarstreik zur Wiedereinstellung der Kolleginnen. Obwohl der Protest seitdem immer breitere Kreise zieht, gibt P&B bis heute nicht nach. Nun droht gar den beiden Verbliebenen die Kündigung. Denn als sie Ende Juli, nachdem das Arbeitsgericht eine Entscheidung in dem Fall auf Dezember vertagt hatte, ihre Arbeit wieder aufnahmen, wurden sie erneut suspendiert. Die CNT hält indes an ihren Forderungen fest und leistet weiter finanzielle Unterstützung für die Gemaßregelten.

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