Im Interview mit der Direkten Aktionerklärt die Sozialarbeiterin, Therapeutin und Aktivistin Berta Vega aus Ourense in der spanischen Provinz Galicien den Zusammenhang von Austeritätspolitik, autoritärer Krisenverwaltung und Geschlechterdiskriminierung.
Berta, erzähl doch erst mal von Deiner Arbeit – was machst Du?
Ich bin Sexualwissenschaftlerin und Pädagogin und biete als Selbstständige Kurse in den Bereichen Konfliktlösung, Selbst- und Fremdhilfe bei sexualisierter Gewalt, Stärkung der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung und zur Stärkung des Selbstbewusstseins, zur Wiedererlangung sozialer Fähigkeiten nach traumatischen Erlebnissen oder in Fällen extremer Vereinzelung sowie zum gleichberechtigten Umgang zwischen Männern und Frauen an. Dazu gehören auch Sexual- und Paartherapie, die ich – jetzt unabhängig von meinen übrigen Kursen – in meinem Büro in Ourense anbiete.
Mit welchen Widrigkeiten musst Du bei der Ausübung Deines Berufes, mal gemessen an Deinen persönlichen Idealvorstellungen, am meisten kämpfen?
Die geschlechtsspezifischen Probleme, mit denen ich mich in meiner Arbeit auseinandersetzte, rühren von der sozialen Trennung in männlich und weiblich her; die Differenzierungen, die nach der bloßen Feststellung vor oder spätestens bei der Geburt von den Körperteilen Penis und Vulva vollzogen werden, konstituieren folgenschwere Ungleichheiten für eine riesige Menge von Menschen. An diese sozialhistorischen Ursachen in ihren unendlich verschiedenen individuellen Ausprägungen komme ich in meiner Arbeit natürlich nur äußerst rudimentär heran. Das beginnt schon bei der hauptsächlichen BesucherInnengruppe meiner Kurse, die ich seit sechs Jahren durchführe: Betroffene oder interessierte Frauen! Dabei geht es mir doch um die Geschlechterverhältnisse, und daher möchte ich natürlich gerade auch Männer erreichen. Doch diese kommen in der Regel nur, wenn sie arbeitslos sind und ihnen meine Kurse von den Behörden aufgebrummt werden; neben so genannten „Weiterbildungsmaßnahmen“ im technischen oder administrativen Bereich gehört halt auch das Themenfeld „Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern“ zum sozialtechnokratischen Repertoire der aktuellen Krisenverwaltung in Spanien. Für diese Männer ist es unter den gegebenen Bedingungen dann eben ein Zwang und somit eher eine Bestrafung als eine Bereicherung. Durch die Sozialisierung in Familie und Schule und auch ganz wesentlich durch die herrschende Kultur, wie sie sich durch die Massenmedien bis in die Sprache artikuliert, scheint es ein unausgesprochenes soziales Verbot für Männer zu geben, sich mit ihren Problemen im Rahmen von Kursen zu Fragen von Geschlecht und Sexualität zu befassen. Damit beschränkt und behindert die patriarchale Gesellschaft eben nicht zuletzt auch Männer in ihrer Entfaltung und ihren Möglichkeiten zur Problemlösung. Mein grundsätzliches Anliegen, die freie Entwicklung aller Individuen gleich welchen Geschlechts auf der Grundlage von tatsächlicher rechtlicher und sozialer Gleichstellung, erscheint angesichts solcher fundamentaler Probleme als arg utopisch.
Von der gewaltförmigen Struktur der patriarchalen Gesellschaft zeugen auch in Deutschland die vielfältigen Einrichtungen, die notwendig sind, um Mädchen und Frauen in verschiedenen Krisensituationen zumindest notdürftig zu unterstützten. Welche Bedingungen würdest Du als die wichtigste Stütze der patriachal-machistischen Verhältnisse in Spanien ansehen?
Obwohl im Geiste des neoliberalen Verwertungswahnes alle möglichen sozialen Beziehungen kapitalisiert werden, würde ich immer noch 80 Prozent der in Spanien geleisteten Arbeit als Unbezahlte qualifizieren. Den Großteil davon machen Fürsorge und Pflege aus – mithin jene Tätigkeiten, die historisch als „weiblich“ konnotiert sind. In Spanien gebrauchen wir den Sammelbegriff „cuidado“ [zu Deutsch sowohl „Pflege“ als auch „Obhut“, aber auch „Vorsicht“ oder „Vorbeugung“, Anm. d. I.], um jene Tätigkeiten zu benennen, die auf die Wahrung des individuellen Wohls und der Teilhabe in physischer, materieller und sozialer Hinsicht zielen. In den tradierten Geschlechterbeziehungen sind Männer die Empfänger und Frauen die Bereitstellerinnen solcher Leistungen, ob nun in Familien oder in der professionalisierten Form der Sozialberufe. „Cuidar“, das Sich-Kümmern um andere, ist eine im kapitalistischen Kontext als minderwertig eingestufte Arbeit, obwohl sie für die Reproduktion der Gesellschaft fundamental ist – zumindest zu Beginn und zum Ende unseres Lebens sind wir alle auf andere angewiesen. Das eigene Herausfallen aus der Verwertbarkeit, aus der Leistungsgesellschaft, wird aber als ein derart schwerwiegendes Verhängnis verklärt, dass die damit zusammenhängende Tätigkeit des „cuidado“ pathologisiert und marginalisiert wird: sie wird in ihrer Mehrzahl zu einem vor-kapitalistischen Arbeitsverhältnis degradiert und somit unsichtbar. Die individuellen Folgen der sogenannten „Euro-Krise“ in psychischer, physischer und sozialer Hinsicht fangen nun in erster Linie jene traditionell unbezahlten Kräfte auf: Mütter, Ehefrauen und Töchter, die sich um ihre verarmten Familienangehörigen kümmern. Dabei ist ihr eigenes Armutsrisiko in der Regel um einiges höher als das der meisten Männer, die zumindest noch um ihre Rentenansprüche kämpfen können oder die in einer „sichtbaren“ und gesellschaftlich als wichtig anerkannten Branche tätig sind, die entsprechend von der Regierung vor dem endgültigen Kollaps gerettet wird. Doch es ist klar, dass sich der ohnehin prekäre Charakter des „cuidado“ im Zuge der Krise nochmals verschärft, die Frauen mit ihrer eigenen Situation und den immer schwierigeren Aufgaben überfordert sind. Daher stellt sich mir die sogenannte „Euro-Krise“ auch tatsächlich als eine Krise des „cuidado“ dar, in der alle Menschen in die Unsicherheit gestürzt werden, wie sie angesichts ihrer jetzt schon schwierigen Lage erst einmal im Alter oder im Falle von Krankheit zurecht kommen sollen. Und diese Unsicherheit wiederum verstärkt die psychischen und sozialen Spannungen, die sich dann in verschiedenen Formen gewalttätig entladen – und eben oftmals gegen Frauen.
Frauen sind also von der als „Euro-Krise“ titulierten Situation besonders betroffen?
Wenn ich auf meine Region, die Provinz Galicien, mit der drittältesten Bevölkerung Spaniens blicke, wird besonders deutlich, welche immense Bedeutung die Tätigkeit des „cuidado“ hat. Hier sind 21 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre alt, der Durchschnitt in Spanien liegt bei 16 Prozent. Nun sind in Galicien von jenen über 65-Jährigen aber 68 Prozent Frauen, von denen 43 Prozent verwitwet sind – wohingegen 77 Prozent der Männer über 65 in einer Ehe leben. Somit sind Frauen im Alter ohnehin einem besonderen Risiko der Vereinsamung und mit einhergehend dem Problem mangelnder Fürsorge ausgesetzt. Noch werden solche Aufgaben meist von Familienangehörigen – den Töchtern und Söhnen oder den Schwiegerkindern – übernommen, doch die ökonomische Situation macht es für viele immer schwieriger, sich neben sich selbst auch noch um andere zu kümmern. Und noch mal: etwa 84 Prozent aller Tätigkeiten im Bereich „cuidado“ werden von Frauen ausgeführt, das gilt natürlich auch für die Sorge um die Gruppe der alleinstehenden Frauen über 65. Da nun in diesem speziellen Bereich ein immer größerer Bedarf an bezahlten Kräften herrscht, muss auch die kapitalisierte Form des „cuidado“ betrachtet werden. Aufgrund der ländlichen Struktur weiter Teile Galiciens werden Pflege und Assistenz hier meist ambulant organisiert; die ArbeiterInnen – entsprechend der Tätigkeit eben meist Frauen – kümmern sich im Regelfall um acht bis zehn Personen im Schichtbetrieb und verdienen dabei zwischen 600 und 800 Euro netto im Monat. Wenn man die enormen Strecken, die sie zwischen den oftmals entlegenen Ortschaften zurücklegen müssen, berücksichtigt, ist das wirklich ein miserabler Hungerlohn. An diesem konkreten Beispiel wird deutlich, wie sich die Krise eben besonders auf Frauen auswirkt: wenn sie bedürftig werden, wird es immer schwieriger, ihnen Hilfe über die traditionellen Wege zukommen zu lassen, und um diesen Bedarf nun finanziell befriedigen zu können, werden die als weiblich konnotierten Sozialberufe noch stärker ausgebeutet als zuvor. Ich habe bereits von den beiden Sektoren der spanischen Wirtschaft gesprochen – dem sichtbaren, anerkannten und bezahlten sowie dem unsichtbaren, nicht wertgeschätzten und unbezahlten. Die doppelte Ausbeutung ist ein historisches Problem der spanischen Arbeiterinnen: Von ihnen als Frauen wurde die Entrichtung unbezahlter Arbeit verlangt, aber als Angehörige der ArbeiterInnenklasse waren sie im Gegensatz zu bürgerlichen Frauen auch darauf angewiesen, ihre Arbeitskraft dem Markt zur Verfügung zu stellen. Dieses Problem ist heute wieder hochaktuell und betrifft immer mehr soziale Schichten, die ökonomisch abrutschen. Und es spielt der Politik der Austerität natürlich in die Karten, dass in einer Situation, in der immer mehr Menschen auf die Bereitstellung von Sozialer Arbeit angewiesen sind, diese entweder im Bereich der „cuidados“ meist unbezahlt entrichtet wird oder aber die entsprechenden Tätigkeiten aufgrund ihrer traditionellen Geringschätzung und der politisch-ökonomisch schwachen Position der ArbeiterInnen – wir wissen: meist Frauen – im Niedriglohnsektor stattfinden.
Hat die Krise also zu gesellschaftlichen Rückschritten im Kampf gegen Geschlechterdiskriminierung geführt?
Die erste Krisenwelle, die die spanische Wirtschaft erfasste, hat große Schäden in der Baubranche, im Kraftfahrzeugsektor und der Stahlindustrie hinterlassen. Die zweite Welle erfasste dann die staatlichen Einrichtungen, was den Ausgangspunkt für die jetzige Austeritätspolitik markierte. Besonders betroffen waren alle Bereiche, die mit dem Aspekt des „cuidado“ zu tun haben: das Gesundheitswesen, Betreuung und Fürsorge für SeniorInnen, Bildung usw. Die ohnehin angeschlagene Finanzierung des öffentlichen Sektors wurde endgültig unterspült, als durch Steuererleichterungen und Konjunkturprogramme die Folgen der ersten Krisenwelle für die Industrie und das Finanzwesen abgemildert werden sollten. Aufgrund der geschlechtsspezifischen Zusammensetzung jener Bereiche, in denen daraufhin Einrichtungen geschlossen, Stellen gestrichen und Gehälter gekürzt wurden, um die Privatwirtschaft in der Krise abzufedern, wurden massenhaft Frauen ökonomisch gegenüber Männern benachteiligt. Aber auch politisch wurden die Rückschritte und Angriffe auf die Gleichheit immer deutlicher: Einer der ersten Schritte bei der Etablierung der Austeritätspolitik war die Abschaffung des Gleichstellungsministeriums! Dies ist nicht nur ein deutliches Zeichen, welchen Stellenwert Gleichheit für die Politik hat, wenn es einmal hart auf hart kommt, sondern ist auch in dem Kontext der Durchsetzung der Austerität selbst zu sehen: Sind nun mal vor allem Frauen von den Kürzungen im öffentlichen Sektor betroffen, so werden logischerweise auch ihre Möglichkeiten beschränkt, sich dagegen zu wehren. Im von mir so betonten Kontext des Stellenwertes und der Organisation der „cuidados“ ist es da auch erwähnenswert, dass das „Ley Dependencia“, also das Gesetz, das einen Anspruch auf Fürsorge und Pflege im Alter festschreibt, im Zuge der Austerität gestrichen wurde; auf wen sich das nun besonders auswirken wird, dürfte mittlerweile klar sein. Mit dem allgemeinen Trend zur Privatisierung verbunden ist unter den Bedingungen der Krise eine noch stärkere Position all jener, von deren Investitionen das Wirtschaftswachstum abhängig ist. Bei einer zunehmend sowohl alternden wie auch verarmten Bevölkerung ist es logisch, dass im Feld der „cuidados“ kaum Kapital akkumuliert werden kann, weshalb bei einem Rückzug des Staates eben hier kaum Geld zur Verfügung steht. Die vor-kapitalistischen Arbeitsverhältnisse in diesem Bereich werden so verstärkt, vergrößert und verewigt. Aber selbst wenn wir auf den „sichtbaren“ Bereich der Ökonomie schauen, wird die politisch-ökonomische Benachteiligung von Frauen deutlich: Europaweit sind die Löhne durchschnittlich im Zuge der Krise um 16,2 Prozent, in Spanien um 21 Prozent gefallen; die von Frauen dominierten Sektoren sind dabei am schlimmsten betroffen und tragen zum Gros dieser Zahlen bei. Auch von Kurzarbeit sind Frauen stärker betroffen als Männer. Innerbetrieblich lag das zum einen an geringerer Betriebszugehörigkeit durch Schwangerschaft etc., zum anderen daran, dass sie Kurzarbeit aufgrund ihrer mannigfaltigen anderen Aufgaben (erneut das Stichwort „cuidados“) eher akzeptierten. Doch die Dramatik der Zahlen – 31,6 Prozent aller Frauen waren von Kurzarbeit bzw. Stundenstreichungen betroffen, aber nur 8,1 Prozent der Männer – erklärt sich natürlich vor allem dadurch, dass aus den weiblich konnotierten Berufen Kapital abgezogen wurde. Diese anhaltende ökonomische Entwicklung führt in allen Bereichen zu einem konfrontativen gesellschaftlichen Klima: Zuerst wurden die betriebliche Mitbestimmung, dann die gewerkschaftlichen Rechte und nun sogar das Demonstrationsrecht erheblich eingeschränkt. Zu den historisch erkämpften Formen der demokratischen Mitbestimmung, die nun geschleift werden, gehören selbstverständlich auch alle Gleichstellungsinstanzen, ob nun auf staatlicher oder privatwirtschaftlicher Ebene. Die Krisenverwaltung und die Durchsetzung ihrer Folgen werden autoritär praktiziert, als ob sie die Lunte des Dynamits der sozialen Ungleichheit entzünden wollten: Der Dialog um Gleichheit und die Möglichkeit, Geschlechterdiskriminierung argumentativ in den Institutionen und Unternehmen zu kritisieren, werden suspendiert. Gerade in den Unternehmen gab es ja den Trend, im Zusammenhang mit politischen Regelungen gegen die Diskriminierung von Frauen in höheren Positionen, aber auch allgemein gegen die Ungleichbezahlung, für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorzugehen. Dem Bemühen um solche Veränderungen möchte ich auch in keiner Weise die Berechtigung absprechen, doch ich sehe ganz klar, dass die Kämpfe im Zuge der Krise eben auch am Arbeitsplatz viel härter werden.
Welche Rolle nimmt denn der Feminismus in den aktuellen sozialen Kämpfen in Spanien ein? Und wie politisch aktiv sind die ArbeiterInnen aus den Sozialberufen?
Also, wenn wir nun einen Aspekt wie den der häuslichen und der sexuellen Gewalt betrachten, können wir gut sehen, wie das politische Wirken des Feminismus und der SozialarbeiterInnen Gesellschaft verändert: Vor wenigen Jahrzehnten hieß es noch, das sei ein Privatrecht der Männer, dann wurden es individuelle Fehltritte, und heute wird es allgemein als ein gesellschaftliches Problem betrachtet, über dessen Ursachen und Lösungen breit diskutiert wird. Eine andere historische Errungenschaft des Feminismus ist das 1983 unter der sozialistischen Regierung gegründete „Institut der Frau“ (Instituto de la Mujer). Auch wenn dieses Institut als Regierungsbehörde der Willkür parlamentarischer Mehrheitsfindung und politischer Trends unterworfen ist, so leistet es durch seine empirischen Forschungen und seine Publikationen doch unendlich wichtige Aufklärungsarbeit. Die Daten über Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz, über sexuelle Gewalt, unbezahlte Arbeit und vieles mehr sind wichtig, um ein Bewusstsein und eine Diskussion in der Gesellschaft zu verankern. Der Feminismus spielt in Spanien eine wichtige politische Rolle, auch jenseits aktueller sozialer Bewegungen; die verschiedensten Regierungen der Post-Franco-Ära mussten sich immer wieder gegenüber feministischen Positionen rechtfertigen. Das sieht man zum Beispiel an dem innenpolitischen Druck, den feministische Gruppen und Einzelpersonen in den neunziger Jahren entfalten konnten, als es mehrere internationale Abkommen zum Kampf gegen Gewalt gegen Frauen gab und sich der spanische Staat nur halbherzig beteiligte. Als im November 1999 die Dominikanische Republik mit 60 anderen Staaten den Tag der „Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen“ beging, löste das im Jahr 2000 in Spanien anlässlich des 40. Jahrestages der Hinrichtung der Schwestern Mirabal [drei vom dominikanischen Diktator Rafael Trujillo 1960 hingerichtete Widerstandskämpferinnen, Anm. d. I.] an vielen Orten in Spanien spontane Demonstrationen, Kundgebungen und Feste aus. Daran sieht man, wie fest der Feminismus in der politischen Kultur Spaniens verankert ist. Jede neue Generation wächst in diese Kultur hinein, sodass der Feminismus immer auf der Höhe der Zeit bleibt – die Feministinnen gehörten in Spanien zu den ersten überhaupt, die das Internet als Medium zum Publizieren und Vernetzten nutzten. Die Formate Mujeres en Red („Frauen im Netz“, gegründet 1997) oder Websites wie die der Fundación Mujeres („Frauenstiftung“, erstellt 1994), die Coordinadora Española para el Lobby Europeo de Mujeres („Spanische Koordinatorin der europäischen Frauenlobby“, erstellt 1995) oder das Red Estatal de Organizaciones Feministas contra la Violencia de Género („Staatliches Netz der feministischen Organisationen gegen geschlechtsspezifische Gewalt“, gegründet 2002) haben echte Pionierarbeit für die gesamte politische Kultur in Spanien und den medialen Diskurs geleistet. Gerade das letzte Beispiel, das Red Estatal de Organizaciones Feministas contra la Violencia de Género, zeigt auch die Widerstandskraft des Feminismus, entstand es doch in einer Zeit des konservativen Rückfalls weiter Teile der spanischen Gesellschaft, der von der Partido Popular, der Kirche und den entsprechenden politischen Akteuren vorangetrieben wurde. Die verschiedenen feministischen Organisationen schlossen sich zusammen und konnten die ärgsten Angriffe auf die Errungenschaften der Frauenbewegung in der spanischen Gesellschaft zurückschlagen, gerade was den Erhalt sozialer Einrichtungen und Rechtsansprüche anging. Die Positionen des Feminismus unterstützen oftmals die Anliegen der ArbeiterInnen der Sozialberufe – aufgrund ihrer Gender-Zusammensetzung als auch aufgrund des Charakters ihrer Arbeit, der sich gegen die gewaltförmigen Ausprägungen der patriarchalen Gesellschaft richtet. Ich finde, dass dies sowohl im Bereich der „cuidados“ als auch im Bereich der Gewalt gegen Frauen besonders deutlich wird. Die Kämpfe im Bereich der Sozialen Arbeit sind somit auch die Kämpfe des Feminismus. Um schlussendlich auf die aktuelle Situation zu kommen: Am 20. Dezember 2013 hat die Regierung das reaktionärste Abtreibungsgesetz verabschiedet, das Spanien seit dem Ende der Diktatur je gesehen hat. Es sieht die Möglichkeit zu einem Schwangerschaftsabbruch in der Regel nur noch in extremen Fällen einer „Missbildung des Fötus“ vor. Ausnahmen bei einer „psychisch extremen Belastung“ müssen beantragt werden, was einen Behördenmarathon und mehrere Gutachten – politisch und nicht medizinisch bestimmter Stellen! – erfordert. Konkret bedeutet das: Frauen müssen „Pro-Vida“-AktivistInnen [spanischer Ableger von „Pro-Life“, Anm. d. I.] von ihrem Anliegen einer Abtreibung überzeugen! Dass die Verabschiedung dieses Gesetzes trotz der starken Position des Feminismus überhaupt möglich war, zeigt wohl deutlich die angespannte gesellschaftliche Situation, in der wir uns befinden, und dass Dialog und Diskussion kaum mehr gewollt sind. Wir müssen zusammen gegen die machistische Reaktion, die mit der Krise einhergeht, angehen.
Liebe Berta, danke für dieses Interview!