Abgehängt

Zuweilen gewinnt man den Eindruck, dass ver.di mit dem Rücken zur Wand steht. Ansonsten hätte es die Dienstleistungsgewerkschaft wohl nicht nötig, plumpe Bauernfängerei zu betreiben.

Einen äußerst peinlichen Auftritt leistete sich ver.di erst jüngst im Zusammenhang mit der Privatisierung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses (LKH) Wunstorf. Dort sollte Brigitte Horn, hauptamtliche ver.di-Sekretärin für den Bereich Gesundheit in Hannover, auf der Personalversammlung am 7. November nur die Ergebnisse des Überleitungstarifvertrages vorstellen. Schnell wurde den Anwesenden jedoch klar, dass es sich hier nur um einen aggressiven Versuch von Mitgliederwerbung handelte, der hoffentlich auch den bleibenden Eindruck bei den Beschäftigten hinterlässt, der ihm gebührt. Zumindest einige Kommentare von KollegInnen legen dies nahe, andere hingegen ließen sich so einschüchtern, dass sie gleich ihre Beitrittsanträge ausfüllten. Der Grund: Der Überleitungstarifvertrag, der den Beschäftigten beim neuen Eigentümer, dem Klinikum Region Hannover, Rechte weit über die einjährige Schutzfrist nach §613a BGB sichert, wurde nur von ver.di und dbb-tarifunion unterschrieben. Alle in der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (mb) Organisierten hingegen, bei den ÄrztInnen in Wunstorf der Regelfall, sowie sämtliche Nicht-Organisierte, also knapp zwei Drittel der Belegschaft, fallen nicht darunter.

Spaltung

Es kam zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen einer Vertreterin des mb und Horn. Dabei hagelte es auch Vorwürfe gegen den noch amtierenden Personalrat, demnächst Betriebsrat, der ver.di damit betraut hatte, Verhandlungen zu führen, statt selbst eine Personalüberleitungsvereinbarung zu schließen, die für alle Beschäftigten gegolten hätte. Im Wunstorfer Personalrat sitzen ausschließlich Mitglieder der beiden unterzeichnenden Gewerkschaften, zum Großteil auch in einer Doppelfunktion als Vertrauensleute, von denen sich jetzt einige sicherlich schon Hoffnung auf einen Sitz im Gesamt- und Konzernbetriebsrat, vor allem aber im Aufsichtsrat des Klinikums machen.

Herr Nowak, als anwesender Vertreter des neuen Eigentümers darauf angesprochen, entgegnete nur, dass der für kommunale Beschäftigte geltende Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVÖD) und der für ÄrztInnen in kommunalen Einrichtungen abgeschlossene Tarifvertrag Ärzte (TV-Ärzte) angewendet würden. Damit war die Frage geschickt umgangen, denn der allgemeiner absichernde Überleitungstarifvertrag für die Beschäftigten der niedersächsischen Landeskrankenhäuser war damit nicht gemeint. Dies ist bei genauerem Hinschauen allerdings auch einem umfangreichen Schreiben zu entnehmen, das sämtliche zur Region übergehende MitarbeiterInnen erhalten hatten.

Zweifelhafter Erfolg

Dennoch entblödete sich Horn nicht, die Übernahme des LKH durch das Klinikum Region Hannover ab Januar 2008 geradezu als Erfolg zu feiern. Wahre Loblieder stimmte sie an, obwohl die Negativmeldungen über die Zustände in den anderen zwölf Regions- Kliniken in den letzten Monaten nicht mehr abreißen wollen: Erst werden die Beschäftigten dort mit Unterstützung von ver.di und mb dazu verdonnert, für drei Jahre auf drei Prozent ihrer Gehälter zu verzichten, um die Verschuldung des Klinikums aufzufangen, dann gelangen Meldungen über Mobbing und derart schlechte Arbeitsbedingungen, aufgrund derer reihenweise AssistenzärztInnen kündigen, in die Presse, und nun sowas! Was die Region tatsächlich umtrieb, in Wunstorf die finanzstarken Konkurrenten Ameos und Asklepios, zwei große private Klinikketten, im Bieterverfahren des Landes Niedersachsen auszustechen, machte Nowak schließlich auf der Wunstorfer Personalversammlung deutlich: Nicht von Krankenhaus, sondern „Projekt“ war bei ihm die Rede, das, zusammen mit der psychiatrischen Klinik in Langenhagen, künftig den einträglichsten Unternehmensbereich bilden würde.

Weitere Informationen zum Themenkomplex finden sich auf der Seite der Gewerkschaft Gesundheitsberufe Hannover: www.fau.org/ortsgruppen/hannover/gs

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