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Struggle - Nachrichten von der KlassenfrontBangladesh: 15.000 TextilarbeiterInnen demolieren Industriegebiet

Auch im Mai ging die Welle wütender Proteste in der Textilindustrie Bangladeshs weiter. Am 10. Mai bedrängten ArbeiterInnen der Rupashi Sweater Factory in der Stadt Narayanganj (Zentral-Bangladesh) die Chefs der Firma und forderten ausstehende Löhne ein. Als sie am darauf folgenden Montag zur Arbeit erschienen, waren die Tore verschlossen, die Belegschaften ausgesperrt. Die wütenden ArbeiterInnen zogen daraufhin zu weiteren umliegenden Textilfabriken. Innerhalb weniger Stunden waren 15.000 Menschen auf der Straße und begannen damit, Einrichtungen in 14 Textilfabriken zu zerstören und sich Auseinandersetzungen mit dem Werkschutz der Fabriken zu liefern. Obwohl große Mengen Polizei und Paramilitärs die ArbeiterInnen angriffen, dauerte es stundenlang, bis die Menge sich schließlich zerstreut hatte. Wenige Tage später wiederholten sich ähnliche Szenen in Savar, einem Zentrum für Textilindustrie und Landwirtschaft. Auch dort hatten zuvor die TextilarbeiterInnen der Doel Group mehrfach die Auszahlung von bis zu drei ausstehenden Monatslöhnen gefordert. Schließlich zogen mehrere hundert von ihnen zum Verwaltungsgebäude der Fabrik, warfen dort einige Scheiben ein und die Büroeinrichtung hinterher. Anschließend verließen sie die Fabrik und verbarrikadierten sich auf einer vorbeiführenden Schnellstraße. Als sie dort von der Polizei mit Schlagstöcken angegriffen wurden, verteidigten sie sich mit Holzlatten und großen Mengen Ziegelsteinen. Auch hier benötigten Polizei und Paramilitärs mehrere Stunden, bis sie die Situation wieder unter Kontrolle hatten. Es gab mindestens 50 Verletzte, ein Arbeiter erlitt Schussverletzungen. Dies sind nur zwei Beispiele aus einer ganzen Kette zunehmender Auseinandersetzungen in der Textilindustrie Bangladeshs. Die Reallöhne sind in den letzten Monaten stark gesunken. Wie prekär die Lage ist, kann man u.a. daran erkennen, dass einige Firmen dazu übergegangen sind, befristete Essensrationen statt Lohnerhöhungen anzubieten.

 

Vietnam: Wilder Streik für Lohnerhöhungen

Mitte Mai traten 500 ArbeiterInnen in der Minh Phat Textilfabrik in einen wilden Streik. Die Firma ist ein vietnamesisch-südkoreanisches Joint Venture, das Bekleidung für den Weltmarkt herstellt. Die Belegschaft forderte höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Der Streik richtete sich u.a. gegen die extremen Arbeitszeiten – teilweise muss bis 10 Uhr in der Nacht gearbeitet werden – und gegen die auch für vietnamesische Verhältnisse extremen Probezeiten von bis zu sieben Monaten. Der Einstiegslohn bei Minh Phat liegt bei rund 50 Euro im Monat. Nach Bekanntwerden des Streiks entsandten die kommunistischen Behörden Polizei in den Betrieb, um “extreme Aktionen der Arbeiter, wie z.B. die Zerstörung von Eigentum zu verhindern”. Danach trat die Staatsgewerkschaft in Verhandlungen mit der Firmenleitung ein. Das folgt dem in Vietnam mittlerweile üblichen Muster: Die ArbeiterInnen streiken und die staatliche Gewerkschaft versucht anschließend durch Verhandlungen die Wut zu kanalisieren. Wem sie sich dabei verpflichtet fühlt, machte der lokale Gewerkschaftsfunktionär Nguyan van Bang gegenüber der Presse deutlich: Er bescheinigte der Geschäftsführung der Firma “eine gute Einstellung” und erklärte, es sei “nachvollziehbar, warum die Firma eine Gehaltserhöhung ablehnt”.

 

Großbritannien: Solidaritätsstreik für BauarbeiterInnen

Zur Unterstützung einer Demonstration für ortsnahe Beschäftigung und gegen das Subunternehmersystem sind Arbeiter der Total-Raffinerie in Lindsay im Mai in einen eintägigen wilden Streik getreten. Die Demonstration, an der sich mehrere hundert Bauarbeiter beteiligten, fand an der Baustelle für die Olympischen Spiele 2012 in London statt. Sie hatte zwei Schwerpunkte: Zum einen richtete sie sich gegen das um sich greifende System vor Sub- und Leiharbeit sowie Scheinselbständigkeit auf britischen Baustellen, mit dem die Firmen versuchen, die Löhne und Baukosten zu drücken. Die DemonstrantInnen forderten, dass alle an den Bauarbeiten Beteiligten unabhängig von Status und Herkunft den gleichen Lohn erhalten sollten. Ein weiteres Thema auf der Demonstration waren die “schwarzen Listen”, welche die Bauindustrie über aktive ArbeiterInnen führt. Lange war vermutet worden, dass es solche Listen gibt. Im Frühjahr war bekannt geworden, dass diese tatsächlich existieren und dass große Baufirmen hohe Summen für den Zugriff auf diese Dateien zahlen.

 

Thailand: Auseinandersetzung bei Michelin

Ende April endete eine zweimonatige Auseinandersetzung zwischen Management und Gewerkschaft beim französischen Reifenhersteller Michelin. Anfang März hatte die Firma angekündigt, eine pauschale 13-prozentige Lohnsenkung durchzuführen. Daraufhin hatten Beschäftigte eine Petition verfasst, in der die Firma aufgefordert wurde, mit Belegschaft und Gewerkschaft über diese Maßnahme zu verhandeln. Als Reaktion verkündete die Firma, allen ArbeiterInnen, welche die Petition unterschrieben hätten und die sich weigern würden, diese Unterschrift wieder zurückzuziehen, würde der Lohn um 35 Prozent gekürzt. Das Management eskalierte den Konflikt noch weiter, als es neun Tage später 383 von 1.500 ArbeiterInnen aussperrte. Nach internationalem Druck – unter anderem hatte der Eurobetriebsrat von Michelin protestiert – kam es schließlich doch noch zu einer Einigung. Die dreizehnprozentige Lohnsenkung gilt befristet bis Oktober 2009, die Aussperrung wird beendet, die Arbeiter, die nicht in die Fabrik zurückkehren wollen, sollen Abfindungen erhalten und die Firma zieht alle Anzeigen gegen ArbeiterInnen im Zuge des Arbeitskampfes zurück. Noch am Vorabend der Übereinkunft verhaftete die Polizei übrigens 18 ausgesperrte Arbeiter wegen der Teilnahme an einer Protestaktion am 20. April.

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