Seit Ende letzten Jahres ist es in Südkorea verstärkt zu Protesten und Streiks von prekär Beschäftigten gekommen, die eine Übernahme in feste Arbeitsverhältnisse fordern. Dabei zeichnen sich nach zähen Kämpfen, die von beiden Seiten nicht eben zimperlich geführt werden, und in die auch die Staatsmacht involviert ist, erste Erfolge ab. So kommt es nun bei Autohersteller Hyundai zu Verhandlungen, nachdem sog. „irreguläre ArbeiterInnen“ in der Industriestadt Ulsan wochenlang mit Sabotage- und Besetzungsaktionen für ihre Sache fochten. Dennoch ist in Südkorea die Prekarisierung weiter auf dem Vormarsch.
Anstoß zu der aktuellen Protestwelle lieferte ein Gerichtsurteil vom Juli 2010, wonach Beschäftigte ohne festen Arbeitsvertrag übernommen werden müssen, wenn sie länger als zwei Jahre angestellt sind. Damit wurde erstmals der koreanischen Politik, feste Arbeitsverträge langfristig abzuschaffen, ein Riegel vorgeschoben. Dies verleiht der koreanischen Arbeiterbewegung Auftrieb, und immer mehr Prekarisierte beginnen, sich zu organisieren.
Wenngleich Südkorea als eine der führenden Industrienationen über einen vergleichsweise hohen Lebensstandard verfügt und die Arbeitslosenquote bei gerade einmal 3% liegt, sind doch die Arbeitsbedingen erbärmlich. Der gesetzliche Mindestlohn garantiert kaum zwei Euro die Stunde, und nirgendwo auf der Welt wird solange gearbeitet: mit 2.390 Arbeitsstunden im Jahr schuften jeder Koreaner und jede Koreanerin durchschnittlich 46 Stunden die Woche, ohne Urlaub, Krankheitsausfall und Feiertage gerechnet, versteht sich. Seit Mitte der 1990er betreibt Südkorea zudem verstärkt eine Politik, Arbeiterrechte zu beschneiden und den Arbeitsmarkt zu „flexibilisieren“. Gewerkschaften werden kriminalisiert, Streikaktivisten zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt und Festangestellte als „Arbeiteraristokratie“ diffamiert, die dem Fortschritt im Weg stünde.
Der Anteil irregulär Beschäftigter ist in Südkorea erschreckend hoch. Schon jetzt liegt er deutlich über 50%, bei neu Eingestellten sogar bei 70–80%. LeiharbeiterInnen und befristet Angestellte verdienen in Südkorea durchschnittlich nur 48% ihrer KollegInnen mit festen Verträgen. Darüber hinaus werden sie in vielfältiger Weise diskriminiert. Bei besagtem Hyundai-Werk etwa müssen sie andersfarbige Uniformen tragen und dürfen die werkseigenen Zubringerbusse nicht benutzen. Doch während vorangegangene Kämpfe an mangelnder Unterstützung scheiterten, wächst nun langsam die Solidarität mit den Irregulären. Der zunehmende Druck, feste Verträge in befristete umzuwandeln oder in Leihfirmen auszulagern, stimmt immer mehr koreanische ArbeiterInnen nachdenklich.
Die Proteste haben sich mittlerweile auf die Industriezentren Chunju und Asan ausgeweitet, massiver, zum Teil gewalttätiger Repression durch Werkschutz und Polizei zum Trotz. Organisationen der prekär Beschäftigten kündigten bereits an, dass ihr Kampf nun „in die zweite Runde“ ginge.