Der große Bruder schaut dich an.

logo-grosser-bruder_2008.jpgBehörden spionieren private Konten aus

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, haben deutsche Behörden im Jahr 2014 so viele private Konten wie noch nie ausgeforscht. Aus einer Statistik des Bundesfinanzministeriums geht hervor, dass Finanzämter, GerichtsvollzieherInnen und Jobcenter im letzten Jahr über 230.000 Mal Kontodaten von BankkundInnen abfragten, was einem Anstieg von mehr als 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Abfrage der Kontodaten dient der Suche nach angeblichen „SozialbetrügerInnen“, also beispielsweise Hartz-IV-EmpfängerInnen, die auf dem Jobcenter die Auskunft über ihre kompletten Vermögensverhältnisse verschweigen oder verweigern. Auch Ämter, die Sozialhilfe, Bafög oder Wohngeld genehmigen, fragen häufig die privaten Daten der AntragstellerInnen bei den Banken ab. Seit 2005 ist es den Behörden möglich, an diese Daten zu gelangen. Ursprünglich sollte die Kontodatenabfrage dazu dienen, organisierter Kriminalität und dem internationalen Terrorismus den Geldhahn abzudrehen. Inzwischen scheint es, als sei eine große Anzahl der BundesbürgerInnen verdächtig, in diese Geschäfte verwickelt zu sein. Wie sonst erklären die Behörden den inflationären Anstieg der Abfragen – im ersten Quartal des Jahres 2015 waren es schon 76.000. Die zunehmende Überwachung der EmpfängerInnen von Sozialleistungen überrascht nicht: Sie reiht sich in die politische und mediale Hetze ein, diese als potenzielle BetrügerInnen und Arbeitsunwillige abzustempeln.

Mehr Befugnisse für den Verfassungsschutz

Als Reaktion auf das Versagen der Behörden bei den Ermittlungen gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), hat die Bundesregierung Ende März einen neuen Gesetzesentwurf „zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes“ vorgelegt. Kern des Gesetzes, das nun im Bundestag diskutiert wird, ist die Erweiterung der Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz (VS). Es soll nun auch in den Ländern eingreifen können. Besonders brisant sind die neuen Regelungen für V-Leute. So sollen die InformantInnen des VS in der Szene künftig bei kleineren Delikten straffrei ausgehen, zum Beispiel beim Zeigen des Hitler-Grußes. Laut Hamburger Abendblatt begründete Innenminister Thomas de Maizière diese neue Regelung so: „Wer sich in einem Verbund bewegt, der muss geben und nehmen. Man kann nicht immer nur nehmen.“ Da hat er Recht: Schließlich ist durch die Untersuchungen zu den NSU-Morden inzwischen bekannt, wie der Thüringer Verfassungsschutz tatkräftig daran mitwirkte, die rechte Szene und den „Thüringer Heimatschutz“ im Bundesland mit aufzubauen, indem er seine V-Leute fürstlich entlohnte.

Datenschutzklage gegen Facebook

In Wien wird seit Anfang April eine Klage gegen den US-amerikanischen Internetkonzern Facebook verhandelt. Die Klage ist eine Initiative des österreichischen Jura-Studenten Max Schrems, der Facebook vorwirft, die europäischen Datenschutzbestimmungen zu unterlaufen und NutzerInnen auszuspähen sowie deren Daten weiterzugeben. Der Klage haben sich inzwischen 25.000 NutzerInnen aus anderen europäischen Ländern angeschlossen. Allerdings ist absehbar, dass sich der Prozess in die Länge ziehen wird. Zunächst muss das Wiener Gericht prüfen, ob es überhaupt zuständig ist. Derweil bemühen sich die Facebook-Anwälte, Schrems zu verunglimpfen, wie tagesschau.de berichtet. Falls das Gericht der Klage stattgibt, könnte Facebook in Zukunft gezwungen werden, seine datenschutzwidrigen Praktiken zu unterlassen. Außerdem fordern die KlägerInnen 500 Euro Schadenersatz pro Person für die bereits begangenen Rechtsverletzungen. Am 30. Januar 2015 hatte Facebook mal wieder seine Nutzungsbedingungen geändert. Seitdem kann das Unternehmen das Surfverhalten der NutzerInnen auch außerhalb des sozialen Netzwerkes analysieren, um Werbung gezielter und individueller zu platzieren. Ein Datenaustausch mit dem Kurznachrichtendienst WhatsApp, der ebenfalls zu Facebook gehört, wäre jetzt theoretisch auch möglich. Wer nun überlegt, sich doch besser abzumelden, muss wissen: So eine Abmeldung ist gar nicht so einfach. Anleitungen dazu gibt es im Internet…

Schreibe einen Kommentar