Rund 1.000 GewerkschafterInnen fanden sich am 18. April in Frankfurt am Main ein, um gemeinsam gegen die von der großen Koalition geplante gesetzliche Tarifeinheit zu demonstrieren. Fahnen der Lokführergewerkschaft GDL, von ver.di und GEW sowie natürlich von der FAU wehten einmütig nebeneinander bei der bundesweiten Demonstration des Bündnisses „Hände weg vom Streikrecht“.
Nachdem im März die erste Parlamentsdebatte zur Tarifeinheit stattfand und auch der weitere Fahrplan bekannt ist, war es für das Bündnis höchste Zeit, eine solche Demonstration zu organisieren. Auch einige Einzelgewerkschaften des DGB lehnen das Gesetz ab, doch beteiligten sich nur einzelne Verwaltungsstellen und Lokalgruppen von ver.di und GEW an der Demonstration, die NGG offiziell gar nicht. Während diese drei Gewerkschaften auf eine Unterschriftenkampagne setzen, rechnen die Berufsgewerkschaften Marburger Bund und cockpit damit, dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzesentwurf kippen wird. Das Kalkül wird allerdings nicht aufgehen: Zwar ist damit zu rechnen, dass das Gesetz gekippt wird, allerdings wird das Bundesverfassungsgericht mit der Urteilsbegründung auch die Erläuterung liefern, wie ein entsprechendes Gesetz denn „verfassungskonform“ aussehen könnte. Abgesehen davon ist so ein Prozess nicht an einem Tag geführt – zwischen Gesetzesbeschluss und Gerichtsurteil kann eine Menge Porzellan zerschlagen werden.
Unterdessen sind sich nicht nur die Gewerkschaften innerhalb des DGB uneinig, wie mit dem Gesetzentwurf umzugehen ist, auch SPD und CDU sind sich uneins. Der Wirtschaftsflügel der CDU äußerte nur einen Tag vor der Demonstration, dass es „Nachbesserungsbedarf“ bei dem Gesetz gebe, weil es Streiks im Falle von „nicht anwendbaren Tarifverträgen“ nicht explizit verbieten würde. Sprich: Die CDU würde den kleineren Gewerkschaften das Streiken gerne gleich ganz verbieten. Wenn die SPD dies damit kommentiert, dass der CDU-Wirtschaftsflügel hier hart am Abgrund der Illegalität stehe, müsste sie sich entsprechend eigentlich auch an die eigene Nase packen. Kritik an der Position des Wirtschaftsflügels kommt aber auch aus dem Sozialflügel der CDU. Ebenfalls einen Tag vor der Demonstration scheiterten die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn AG und der GDL und in der Woche, in der diese Zeitung in Druck ging, werden neue Streiks der GDL stattgefunden haben. „Die Bahn machte der GDL ein Angebot, das lautet: Wir werden euch ein Angebot machen“, fasste der GDL-Vizevorsitzende Norbert Quitter in seiner Rede zusammen. Offenbar spielt die DB AG auf Zeit und wartet auf die Verabschiedung des Gesetzes – und wäre damit die lästigen Forderungen der GDL los.
Norbert Quitter betonte auch die Solidarität der GDL mit den laufenden Streiks bei der Post und in den KiTas. Damit erfasste er den solidarischen Sinn der Demonstration: Sowohl FAU-Redner Rudolf Mühland wie auch Dörte Stein, die für das Bündnis durch die Demonstration führte, betonten die Wichtigkeit der Akzeptanz von Vielfalt als Grundlage für eine von unten entstehende Einheit, die eben nicht zwangsläufig in ein und derselben Gewerkschaft stattfinden muss.Abschließend sprach Arbeitsrechtler Rolf Geffken aus juristischer Perspektive über das Streikrecht. Die Kernaussage seiner Rede kann man nur unterstreichen: Das Streikrecht wir am besten verteidigt, erhalten und erweitert, indem man streikt. Ein Streikrecht als Grund- und Menschenrecht wurde den ArbeiterInnen nicht geschenkt, sondern mit wirtschaftlichem Druck erkämpft.