Im April 2010 reichte die FAU eine Beschwerde bei der UN-Arbeitsorganisation ILO in Genf ein. Worum ging es dabei?
Grundsätzlich geht es dabei um die Einschränkungen der Gewerkschaftsarbeit im Zuge der Prozesse gegen die FAU Berlin im letzten Jahr. Die Anregung kam von GenossInnen der CNT Spanien, die sich in ihrer Arbeit im Wesentlichen auf die ILO-Konventionen stützt, die auch von der Bundesrepublik unterzeichnet sind.
Auf welche Grundlage stützt sich die anarchosyndikalistische Föderation dabei?
Die ILO-Konventionen 87 und 98 geben einige grundsätzliche Standards der Gewerkschaftsfreiheit vor. Konkret bedeutet dies z.B., dass von einer Gewerkschaft zwar verlangt werden kann, dass sie ihr Statut und ein Gründungsprotokoll notariell hinterlegt, und dass eine Mindestanforderung von 20 Mitgliedern gerechtfertigt ist. Da in den Prozessen gegen die FAU aber weit höhere Anforderungen gestellt wurden, sehen wir hier einen Verstoß gegen die ILO-Richtlinien. Dabei geht es vor allem um die Anforderung, die FAU Berlin hätte in der Fläche durchsetzungsfähig sein müssen.
Was erhofft ihr euch von einem Erfolg der „Klage“?
Gut möglich, dass sich die Bundesregierung nicht an einem Negativbescheid stört. Aber wir erhoffen uns Vorteile für anstehende Prozesse. Es wird dann schon einiges an Hirnakrobatik fordern, einen aktenkundigen Bruch der ILO-Konventionen zu rechtfertigen. Ein Erfolg der Klage könnte auch den Widerstand gegen die Gesetzesinitiative zur Einschränkung des Streikrechts stärken. Falls dieses Gesetz zur „Tarifeinheit“ vom Bundestag abgesegnet wird, wäre die ILO wiederholt mit dem Thema Repression gegen Gewerkschaften in Deutschland konfrontiert.
Wie ist der Stand heute, wann steht eine Entscheidung an?
Derzeit warten wir auf eine Stellungnahme der Bundesregierung. Die scheint es allerdings nicht allzu eilig zu haben. Daher prüfen wir, wie der Vorgang beschleunigt werden kann. Wie lange die Mühlen allerdings mahlen, ist schwer zu sagen.