Wir sind keine Pazifisten

Junger Piquetero bei einer Straßenblockade (Foto: Andrew Stern)

Es riecht nach verbranntem Gummi, hunderte vermummte Leute schwingen ihre Holzknüppel, einige legen neue Autoreifen ins Feuer und an einer ruhigeren Stelle wird das Essen für alle gekocht. So sieht eine Straßenblockade der Piqueteros aus. Während der Wirtschaftskrise 2000-2002 gab es tausende von diesen Aktionen. Die Barrikaden standen oft nur einige Stunden, doch manchmal dauerte der Kampf auch mehrere Tage. Mit dieser Protestform haben einige wütende ArbeiterInnen begonnen, die nach der Privatisierung von großen Industrieunternehmen Ende der 90er Jahre ihre Arbeit verloren. Im Norden Argentiniens wurden nach den Entlassungen die Häuser einiger Politiker und der Kommunalverwaltung in Brand gesetzt. Diese Brandzeichen radikalisierten tausende Erwerbslose und sie trugen ihre Wut auf die Straßen.

Bekannt geworden ist die Blockade einer der wichtigsten Erdölraffinerien der Firma Repsol. Das Unternehmen hieß vorher YPF und beschäftigte viele Menschen in der Stadt Mosconi. Nach der Privatisierung wurde der größte Teil der Belegschaft durch „mitgebrachte“ Fachkräfte von Repsol ersetzt. Daraufhin organisierten sich die Menschen in Stadtteilversammlungen und beschlossen die Zufahrtsstraße der Raffinerie zu besetzen.

Nach einigen Tagen Blockade wurden die Benzinvorräte der Region knapp und die Regierung beschloss die Räumung der Straße. Nachdem es einige gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei gab, konnten die Piqueteros vertrieben werden.

Doch im ganzen Land hatte sich eine militante Erwerbslosenbewegung entwickelt und fast täglich kam es zu Blockaden von größeren Straßen, Autobahnen und sogar Eisenbahnlinien.

Die Piqueteros forderten Arbeit und wenn diese nicht zu bekommen war, dann Geld um zu überleben. Der Staat reagiert mit den sogenannten „planes sociales“. Dabei geben die Kommunalverwaltungen den Organisationen der Piqueteros Geld, welches für Arbeitsstunden im Stadtteil ausgezahlt wird, beispielsweise für das Unterrichten von Kindern oder der Essensausgabe in einer Suppenküche.

Aber manche Organisationen bekamen überhaupt nichts vom Staat, dennoch bleibt die Kollektivität notwendig um zu überleben. Auf der Straße sind es besonders die Frauen, die sich zusammentun und für ein würdiges Leben kämpfen. Die ärmeren Schichten in Argentinien wurden durch die Wirtschaftskrise besonders hart getroffen und ebenso hart war ihre Gegenwehr. Wer auf die Straße geht, um sie zu blockieren, muss damit rechnen, von der Polizei erschossen zu werden. Aber oftmals blieb den Piqueteros nichts anderes übrig, als die Lebensadern des Kapitalismus zu verstopfen, um den Bossen und dem Staat zu zeigen, dass sie auch ohne Arbeit kämpfen können und ein Recht auf ein würdevolles Leben haben.

Ein Kongress der Piqueteros sollte 2001 alle großen Organisationen zusammenbringen, doch danach verschwand die Bewegung langsam von der Bildfläche. Doch die Erfahrung des kollektiven Widerstands gegen den Sozialabbau ist bei vielen Menschen in Argentinien fest verankert. Und die Flammen können immer wieder auflodern.

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