Pressefreiheit ist ein hohes gesellschaftliches Gut. Wird die Pressefreiheit angegriffen, so ist dies ein Alarmsignal. Deutschland rangiert im Ranking der NGO „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) auf Platz 17 und hat damit eine mittlere Position. ROG bemängelt maßgeblich die abnehmende Vielfalt der Presse: „Aus Geldmangel arbeiten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen wurden 2012 komplett geschlossen“, heißt es in dem Bericht. Abnehmende Pressevielfalt bedeutet eine abnehmende Pressefreiheit, beklagen die Reporter. Die Abhängigkeit von Werbung und PR bemängelt ROG ebenso wie die Schwierigkeit, an Informationen von Behörden zu kommen. „Sorge“ bereitet ROG die Diskussion um ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Aber auch Neonazis werden als reale Bedrohung für JournalistInnen erwähnt.
Skandalös wird es derweil, wenn der Staat JournalistInnen als „Hilfspolizisten“ missbraucht, die sich unter anderem oder auch insbesondere um die Berichterstattung über soziale Bewegungen bemühen. Hier entsteht eine gefährliche Mischung für JournalistInnen wie für AktivistInnen, in der sich die Bewegung aus Schutz von JournalistInnen aktiv abwendet, dadurch aber Gefahr läuft sich zu isolieren – von Pressefreiheit bleibt ebenso wenig übrig.
Deshalb wurde der Fall der bundesweiten Razzien gegen Fotojournalisten, die den europaweiten antikapitalistischen Aktionstag M31 dokumentierten, im März auf einer Veranstaltung der Mediensektion der FAU Berlin mit einem betroffenem Fotografen und einem Anwalt noch einmal neu aufgegriffen und diskutiert. Dabei wurde in der Diskussion klar: Die willkürliche Grenze des Schutzes der Pressefreiheit für Personen (konkret: Redaktionsräume, und dazu zählen auch Wohnungen freier JournalistInnen, unterliegen einem besonderem Schutz) vollzog sich zumindest in diesem Fall politisch wie ökonomisch. Die Frage „Wo fängt Journalismus an und ab wann ist er schützenswert?“ wurde im Fall der Fotojournalisten, welche zum Teil brachiale Durchsuchungen lediglich aufgrund ihrer Arbeit an jenem Aktionstag über sich ergehen lassen mussten und nicht einmal als Beschuldigte galten, exemplarisch aufgeworfen. Denn während jene, die ihren Journalismus später hauptberuflich nachweisen konnten, mittlerweile ihr Material zurück erhalten haben (die Razzien fanden unter der Begründung statt, nach Fotos zu suchen, welche eine Straftat dokumentieren), müssen die anderen, die im Rahmen des ehrenamtlichen Bewegungsjournalismus vor Ort fotografierten, weiterhin mit den Folgen leben. Das wirtschaftliche Gütesiegel der Hauptberuflichkeit, welches darüber entscheidet, ab wann etwas Journalismus ist, der durch die Pressefreiheit geschützt gehört, wurde von allen Anwesenden, Haupt- wie Nebenberuflichen, abgelehnt. Die Realität, in der viele Freie nicht von ihrem erstrebten Beruf leben können und anfangs, wenn nicht sogar jahrelang, in der journalistischen Nebenberuflichkeit stecken, muss in der Diskussion um den Schutz der Pressefreiheit ebenso – gerade aus einer gewerkschaftlichen Position – mitgedacht werden.
Alle betroffenen Fotojournalisten unterlagen letztlich auch der behördlichen „Disqualifizierung“ als „Szenefotografen“, was die politische Grundlage für eine Sonderbehandlung legte – ohne Schutz durch Pressefreiheitsrechte. Sie sollten der Polizei erhofftes Material in einem zweifelhaften Fall liefern. Dadurch wird Misstrauen gesät, gerade wenn das Resultat staatliche Repression ist. Gerade für JournalistInnen, die sich als bewegungsnah verstehen, kann das im Rahmen ihrer Arbeit sehr problematisch werden. Auch dieser Punkt wurde diskutiert. Resümee: Die Pressefreiheit zu stärken und weiter zu denken ist für emanzipatorische Bewegungen wie für journalistisch Arbeitende, egal ob ehrenamtlich, politisch und/oder hauptberuflich eine wichtige Aufgabe.