Leiharbeit in der Schweiz

Auch in der Schweiz ist Leiharbeit – oder Temporärarbeit, wie sie hierzulande genannt wird – weit verbreitet. Die sogenannte Penetrationsrate (also der Anteil der Leiharbeiter_innen an allen Beschäftigten) ist sogar noch ein bisschen höher als in Deutschland. Trotzdem wird Temporärarbeit nicht als ein so großes Problem wie in Deutschland angesehen und ist kaum Thema. Das liegt einerseits an der Propaganda der Arbeitgeber, die die prekären Arbeitsbedingungen als Schlüssel zur Selbstbestimmung preisen und am Desinteresse der großen Gewerkschaften, da die Temporären (=LeiharbeiterInnen) als kaum organisierbar gelten. Andererseits gibt es in gewissen Belangen tatsächlich weniger Probleme als in Deutschland: Es gibt keine Stundenlöhne im einstelligen Bereich und es gilt das Equal-Pay-Prinzip. Das heisst, dass Temporärarbeit nicht als eigene Branche zählt, sondern dass für die Temporären dieselben branchenüblichen Bedingungen gelten, wie für die Festangestellten – mit einer wichtigen Ausnahme: Der Kündigungsfrist. Wenn es also in einer Branche einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV; Tarifvertrag) gibt, gelten die darin festgehaltenen Regelungen zu Lohn, Arbeitszeiten, Arbeitsschutz, Ferien etc. auch für die Temporären. Das Equal-Pay-Prinzip geht so weit, dass die Gewerkschaft vor einigen Jahren erfolgreich geklagt hat, dass die LKW-FahrerInnen, die primär mit Transporten von/zu/auf Baustellen beschäftigt sind, ebenfalls dem weit besseren GAV des Bauhauptgewerbes unterstellt werden müssen.

Trotzdem ist die Leiharbeit auch in der Schweiz vor allem ein Instrument für die ArbeitgeberInnen um Kosten zu sparen und die Solidarität in Belegschaften zu untergraben. Die real relevante Kündigungsfrist der Temporären beträgt zwei Arbeitstage, zwischen dem vierten und dem sechsten Einsatzmonat sieben Tage und erst danach das sonst gültige gesetzliche Minimum von einem Monat. Vor allem in saisonal stark schwankenden Branchen wird deswegen auf die Temporären zurückgegriffen. Im Februar wurde zum Beispiel publik, dass im Kanton Wallis/Valais im Winter die Arbeitslosigkeit – vor allem bei AusländerInnen – massiv in die Höhe schnellt, weil die Baufirmen ihre ArbeiterInnen entlassen und im Frühling wieder einstellen. Dies ist besonders in diesem Kanton spürbar, weil nicht gleich viele Stellen in Branchen zur Verfügung stehen, die im Winter Hochsaison haben (wie der Wintersporttourismus).

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