Editorial

Jetzt haben wir den Salat. Das StudentInnenaustauschprograBaummm Erasmus wurde gekündigt und wenn sich auch nur die Hälfte der Zeitungsberichte der letzten Wochen bewahrheitet, dann wird eine wirtschaftliche Apokalypse über die Schweiz hereinbrechen. Gleichzeitig jubelt die eine Hälfte der Facebook-EidgenossInnen über die moralische Stärke der Stimmenden, während die andere Hälfte über den Rassismus jammert und sich fast zu PartisanInnen verklärt. Und alles nur weil „die SchweizerInnen“ das Falsche abgestimmt haben, also den rechtskonservativen Kurs der SVP unterstützten, deren Äußerungen und Kampagnen weit über der Grenze zum Rassismus liegen, weswegen sie auch gern von NPD und Front National kopiert werden.

Das Problem ist aber, dass die Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative von den GegnerInnen zu einer Abstimmung alleine über Weltoffenheit und Toleranz oder Isolationismus und Rassismus stilisiert worden ist. Also zu einem Reflex, welcher sich gut mit „alles außer SVP“ (solche Kleber gab es mal) umschreiben lässt. Bei der Abstimmung ging es für viele aber auch um ganz andere Themen, die wahrscheinlich auch den Ausschlag für die Annahme gegeben haben: Es ging auch um eine neoliberale Politik, die in der EU schon zu Genüge verhasst ist. Diese Politik hatte zur Folge, dass Arbeitsbedingungen massiv unter Druck gerieten, obwohl eigentlich sogenannte ‚flankierende Maßnahmen‘ beschlossen wurden, welche die Schweizer Löhne schützen sollen. Aber selbst im Baugewerbe – die am stärksten kontrollierte Branche – kommt es immer wieder zu massiven Unterschreitungen der festgelegten Löhne und teils sogar zu sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen. Dies spüren auch die regulär und leihweise angestellten BauarbeiterInnen mit Schweizer Pass. Gleichzeitig gibt es in der Schweiz keine ‚Linke‘, die glaubhaft vertreten könnte, dass dieser Lohndruck nicht von den ausländischen ArbeiterInnen ausgeht, sondern von den AuftraggeberInnen und den ChefInnen. Die parlamentarische Linke ließ sich aus Angst vor Wahlniederlagen auf die Rhetorik der SVP ein und fordert mittlerweile oft selbst „Korrekturen“ in Form von Verschärfungen im Sozial- und Asylwesen. Im Zeichen der Offenheit befürworten sie aber das ganze Wirtschaftsprogramm der EU. Und für diejenigen, die unter dem zunehmenden Druck an ihren Arbeitsplätzen leiden, bleibt nur die Alternative Rassismus oder Neoliberalismus. Außer es bildet sich eine außerparlamentarische Opposition, welche neue Wege beschreiten kann.

Viel Spaß beim Lesen,

Eure Redaktion

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