Editorial

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Als ich das Licht der Welt und sodann die Hebamme erblickte, war ich sprachlos. Ich hatte diese Frau ja noch nie in meinem Leben gesehen.“ So beschrieb einst der als „Karl Valentin“ bekannte Münchner Querdenker und Medienhandwerker seine Geburt, als er chancenlos wie auch gleichermaßen entblößt von fremden Augen begutachtet wurde. Ähnlich wie Karl Valentin wird es wohl in Zukunft auch unzähligen Flugreisenden ergehen, die sich den Peep-Shows in den – so wunderbar plakativ bezeichneten – „Nackt-Scannern“ unterziehen müssen. Zynische Öko-AktivistInnen könnten sich in Schadenfreude üben gegenüber den NutzerInnen der Kerosinschleudern. So manche unter den Passagieren entblödeten sich derweil noch nicht einmal, im Fernsehen kundzutun, dass sie kein Problem mit den immer gravierenderen Eingriffen in die Intimsphäre hätten, solange es ihrer Sicherheit diene. Und die bürgerlichen Medien haben es mit der kritischen Berichterstattung eh noch nie so genau genommen. Und so brauchen wir keine windigen Neujahrshoroskope aus noch windigeren Schmierblättern, um die Zukunft vorherzusehen: Auch dieses Jahr wird die Direkte Aktion wieder alle zwei Monate das Neueste von der Klassenfront zu berichten wissen und dabei noch den ultimativen Beweis antreten, dass wir uns auch weiterhin von keiner Obrigkeit einlullen lassen dürfen. Weder von einem Vize-Kanzler Guido „Arbeit muss sich wieder lohnen“ Westerwelle, noch vom DGB-Vorstand Claus „ wir brauchen zunächst eine Trendwende in der Lohnentwicklung“ Matecki, denn, so das „Institut für Demoskopie“: Es halten sich lediglich 13 Prozent aller Menschen an ihre Neujahrsvorsätze. Leeren Versprechungen setzen wir lieber unsere ganz eigene „Agenda 2010“ entgegen: einen furiosen Böller gegen Ausbeutung und Champagner für die Arbeiterklasse.

P.S. In der letzten Ausgabe der Direkten Aktion (DA #196) ist der Redaktion „Letzte Seite“ ein Fehler unterlaufen. Weil der Artikel zum Lösungswort (Volkszählungsboykott) sehr spät kam, hatte die Redaktion keine Gelegenheit mehr, diesen vor Drucklegung zu stoppen. Gut zwei Drittel des Artikels sind nämlich nicht kenntlich gemachte Zitate aus der Wikipedia und der Website netzwerk-selbsthilfe.de. Diese Praxis deckt sich nicht mit dem Anspruch der DA.

Und noch etwas: Unter dem Titel „Wer streikt, wird erfasst!“ beleuchten wir in dieser Ausgabe die neue Datenbank ELENA. Nach Redaktionsschluss teilte das Arbeitsministerium mit, dass Streiktage nicht mehr erfasst werden sollen, und kündigte weitere Änderungen an. Wir werden unsere LeserInnen auf dem Laufenden halten.

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