Von der Sorge um Sicherheit und Ordnung getrieben, legte die CSU-Landesregierung im März einen Gesetzentwurf zum Versammlungsrecht vor. Als erstes Bundesland macht Bayern auf diesem Gebiet von der Föderalismusreform I (2006) Gebrauch. Freilich greift die Regierung nicht die Kritik am Bundesgesetz auf, das die Versammlungsfreiheit seit 1953 einschränkt. Vielmehr stärkt der Gesetzentwurf die Befugnisse der Exekutive, verschärft die bestehenden Anmelde- und Kooperationspflichten der Demonstrierenden und untergräbt den persönlichen Datenschutz.
Bereits im Sommer soll das Gesetz verabschiedet werden. Dann würde bereits die Zusammenkunft zweier Personen als Versammlung gelten – und wäre damit drei Tage im Voraus meldepflichtig. Das gilt für jede gemeinschaftliche, öffentliche „Erörterung oder Kundgebung“, und somit auch für Streikposten. Außerdem müssten der Verwaltung die Personalien aller OrdnerInnen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit übergeben werden. Nicht zuletzt ist das Verbot „kämpferischer“ Veranstaltungen und solcher Veranstaltungen vorgesehen, die „grundlegende ethische und soziale Anschauungen verletzen“ würden.
Die Regierung begründet diese Restriktionen als Handhabe gegen rechtsradikale Aufmärsche – und linksextreme Ausschreitungen. Ein breites Bündnis von Gewerkschaften und Vereinigungen wertet diesen Vorstoß ganz anders: „Das Versammlungsgesetz soll die Ausübung des Streikrechts erschweren“, ist der lokale ver.di-Leiter überzeugt. „Gewerkschaften sind die Organisationen“, so Birner weiter, „die das Versammlungsrecht am meisten brauchen und nutzen.“ Auch Juristen sehen mit dem neuen Gesetz „den Schutz der Versammlungsteilnehmer vor einer Einschüchterung durch die Staatsgewalt nicht mehr als gegeben“ an.
Das Bündnis stellt sich bereits darauf ein, vor Gericht zu gehen. Denn die CSU-Parlamentsmehrheit wird es sich kaum nehmen lassen, die Daumenschrauben anzuziehen sowohl für öffentliche als auch geschlossene Veranstaltungen. Denn auch von einer „nicht öffentlichen Versammlung kann eine einschüchterne Wirkung ausgehen, etwa auf Polizeibeamte“. Und niemand sorgt sich so sehr um die Sicherheit der Ordnungskräfte wie die CSU.